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Neue Wege für Nahost?

Peter Philipp (kas)8. Februar 2005

Auf der Gipfelkonferenz in Ägypten soll ein erneuter Anlauf zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts genommen werden. Welche Themen stehen auf der Agenda?

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Scharm el Scheichs größter Boulevard heißt "Friedensstraße"Bild: dpa

Das Treffen zwischen dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und Israels Premier Ariel Scharon am Dienstag (8.2.2005) in Scharm el Scheich war zunächst als bilaterale Begegnung geplant. Dann aber hat sich Ägypten als Gastgeber eingeschaltet und auch der jordanische König Abdullah wird teilnehmen. Hiermit werden die regionalen Hauptakteure der Friedensbemühungen versammelt sein. Ein Novum, denn bisher fanden solche Treffen fast immer auf Initiative und mit Beteiligung zumindest der Amerikaner statt.

Ob das neue Rezept funktioniert, wird sich zeigen. Aber die Zeichen stehen nicht schlecht. Auf dem Programm des Treffens stehen folgenden Themen:

Mahmud Abbas
Palästinenser-Führer Mahmud AbbasBild: AP

Waffenruhe: Nach mehr als vier Jahren blutiger Gewalt soll ein Schlussstrich unter die gegenseitigen Angriffe gezogen werden. Schon vor dem Gipfel war es Abbas gelungen, radikale Palästinensergruppen wie die Hamas zu einer Waffenruhe zu bewegen. Vertreter beider Seiten kündigten am Montag an, dass ein formelles Waffenstillstandsabkommen getroffen werde.

Palästinensische Gefangene: Israel hat angekündigt, 900 palästinensische Häftlinge freizulassen - 500 nach dem Gipfel und weitere 400 in den kommenden drei Monaten. Davon ausgeschlossen seien Gefangene, die in anti-israelische Anschläge verwickelt sind. Die palästinensische Seite hält die Zahl für ungenügend und will in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe über Zahl und Namen der Freizulassenden verhandeln.

Kontrollübergabe im Westjordanland: Israelische Truppen halten seit Frühjahr 2002 zahlreiche Städte und Orte im Westjordanland besetzt. Israel gab jedoch nach der Wahl von Abbas bereits grünes Licht für die Übergabe der Kontrolle an die Palästinenser in fünf Städten des Westjordanlands. Dazu zählen Bethlehem und Ramallah, wo die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz hat.

Gaza-Rückzug: Nachdem Scharon den von ihm geplanten Rückzug aus dem Gaza-Streifen zuerst in Alleinregie organisieren wollte, signalisierte er nun Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Palästinensern. Ägypten und Jordanien wollen den Abzug der Truppen unterstützen und palästinensische Sicherheitskräfte ausbilden.

Road Map: Über die Umsetzung des internationalen Friedensplans vom Juni 2003 soll voraussichtlich nicht beraten werden, wie aus Scharons Umfeld verlautete. Die Road Map sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, die zur Schaffung eines eigenen Palästinenserstaats führen sollen.

Ohne die Amerikaner

Ariel Scharon
Der israelische Ministerpräsident Ariel ScharonBild: AP

Scharon wird unter anderem durch neue Töne aus Washington zu neuen Verhandlungen bewegt: Präsident George W. Bush lässt zwar keinen Zweifel über seine Rückendeckung für Israel aufkommen. Gleichzeitig spricht er aber von den "beiden Demokratien Israel und Palästina" und dass der palästinensische Staat "in Reichweite" sei.

Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice äußerte sich hoffnungsvoll zu den Aussichten des Gipfels. Sie reise mit der Zuversicht ab, dass das Treffen zwischen Scharon und Abbas ein Erfolg werde, sagte Rice am Montag nach ihrem Besuch im Nahen Osten. Die USA seien bereit, in den kommenden Wochen und Monaten alles zu tun, um die Konfliktparteien zu unterstützen.

Condoleezza Rice mit Flagge
Condoleezza RiceBild: AP

Rice kündigte US-Hilfszahlungen an die Palästinenser in Höhe von 40 Millionen Dollar in den kommenden 90 Tagen an. Das Geld solle "die Lebensbedingungen der Palästinenser sofort und merklich verbessern", hieß es in einer Erklärung des US-Außenministeriums. Die Hilfen sind zusätzlich zu den 350 Millionen Dollar, die US-Präsident George W. Bush vom Kongress zur Unterstützung der Palästinenser fordern will.

Eine kollektive Aufgabe

Ein Grund für die Zurückhaltung Washingtons beim Treffen von Scharm el Scheich könnte sein, dass Ägypten und Jordanien wieder voll in den Friedensprozess eingebunden werden sollen. Diese beiden Staaten - die beide Frieden mit Israel geschlossen haben - sollen Israel klar machen, dass sie sich für ein Gelingen des neuen Versuches verbürgen. Und dass es auch eine "Belohnung" für israelisches Wohlverhalten gibt: Beide Länder sind offenbar bereit, ihre Beziehungen mit Israel wieder zu normalisieren und wieder Botschafter zu entsenden.

Auf palästinensischer Seite scheint sich die Waffenruhe zu bewähren. Aber alle Beteiligten fordern von Israel eine ähnliche Verpflichtung, und wenn Israel seine bisherigen Zusagen nicht einhalten sollte, dann dürfte die Waffenruhe auch nur von kurzer Dauer sein. Bleibt es hingegen ruhig, dann zeichnet sich mittelfristig sogar ein weiteres Einlenken der Hamas ab: Die Bewegung will sich in einigen Monaten an den Parlamentswahlen beteiligen, und dazu müsste sie eine versöhnlichere Linie einschlagen, um Abbas nicht in Verruf zu bringen.