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Neue Weichenstellung in Chinas Afrika-Politik

Hans Spross/ Cui Mu4. Dezember 2015

Das 6. Chinesisch-Afrikanische Kooperationsforum in Johannesburg steht im Zeichen verringerter Rohstoffimporte Chinas. Ein neues Geschäftsmodell zwischen China und Afrika könnte sich anbahnen.

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Südafrika China Präsident Xi Jinping in Johannesburg
Bild: picture-alliance/dpa/E. Jiyane

1996 wurde der "chinesische Aufbruch" nach Afrika von der Führung der Kommunistischen Partei Chinas verkündet und mit der Reise des damaligen Staats- und Parteichefs Jiang Zemin ins südliche Afrika symbolträchtig eingeleitet. Seitdem befanden sich die Wirtschaftsbeziehungen - parallel zum chinesischen Wachstum - im rasanten Aufwärtstrend. Mit einem Handelsvolumen von über 200 Milliarden US-Dollar ist China zum größte Handelspartner Afrikas geworden. Auch die Auslandsdirektinvestitionen sind stark angestiegen, in den letzten Jahren hat China den Westen beim Zufluss von Direktinvestitionen sogar überholt.

"China hat einen sehr großen Einfluss auf das hohe Wachstum Afrikas in den letzten Jahren gehabt, keine Frage", erläutert Robert Kappel vom Hamburger GIGA-Institut gegenüber der DW. "China hat die afrikanischen Wachstumsraten mit hochschnellen lassen. Erstens, weil die chinesische Nachfrage nach Rohstoffen und anderen Gütern extrem zugenommen hat, und zweitens, weil die Preise für die Rohstoffe und Güter sehr stark zugenommen haben. Jetzt, da die Preise und die chinesische Nachfrage nachlassen, spüren afrikanische Länder, die besonders stark mit China kooperiert haben und auch in einer gewissen Abhängigkeit sind, diesen Einbruch sehr stark."

Baustelle mit Kran und chinesischem Baustellenschild (Foto: Reuters)
Der Ausbau des afrikanischen Eisenbahnnetzes wird vor allem von China vorangetriebenBild: Reuters/N. Khamis

Gefährliche Abhängigkeit von Rohstoffexporten

So machen laut einer aktuellen Studie des China-Forschungszentrums MERICS die Exporterlöse von Liberia und Sierra Leone nach China jeweils ein Drittel ihrer Wirtschaftsleistung aus, in Angola sind es fast ein Viertel, in der DR Kongo sind es über 14 Prozent und in Sambia immerhin noch über sechs Prozent. Für diese Länder sind die seit einem Jahr kontinuierlich fallenden Importzahlen Chinas, mit den größten Einbrüchen bei Erdöl, Kupfer und Erzen, naturgemäß schlechte Nachrichten.

Aber China will ohnehin weg von den eindimensionalen Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika, die bislang auf dem Modell Rohstoffe gegen Verkehrsinfrastruktur beruht haben, erläutert Yang Baorong gegenüber der DW. "Bisher hat sich die chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit auf Außenhandel und Infrastrukturausbau konzentriert. In Zukunft wird es mehr um industrielle Verknüpfung gehen, zum Beispiel durch die Auslagerung von Produktionseinheiten am Anfang der Wertschöpfungskette von China nach Afrika."

Beide Seiten hätten den Willen, die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet voranzutreiben, so der Afrika-Experte von der regierungsnahen Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS) weiter. "Meiner Meinung nach sollte nicht der chinesische Rohstoffbedarf im Vordergrund der Zusammenarbeit stehen, sondern die Stärkung der Wirtschaftskraft der afrikanischen Länder."

Kupferbergwerk in Sambia ((Foto: picture-alliance/Wildlife)
Kupfer aus Afrikas Kupfergürtel gehört zu den Rohstoffen, die China weniger nachfragtBild: picture-alliance/Wildlife/S.Muller

Anzeichen für Umdenken Chinas

Klingt das nicht etwas zu schön, um wahr zu sein? Was ist mit dem Bild Chinas als bedenkenloser Ausbeuter von Rohstoffvorkommen in Afrika, der zwar gigantische Infrastrukturprojekte anleiert (manche bleiben auch Investitionsruinen), aber keine einheimischen Jobs generiert? Dieses Bild stimme inzwischen nicht mehr, es sei jedenfalls zu einseitig, sagt Afrika-Kenner Robert Kappel. Er sieht eine "zunehmende Diversifizierung des chinesischen Afrika-Engagements". Es beziehe auch Industrieentwicklung mit ein, Gesundheitsmaßnahmen, studentischen Austausch, technische Hilfe, landwirtschaftliche Projekte. "Hier passiert eine Menge", konstatiert Kappel.

Die von Präsident Xi Jinping auf dem Gipfel in Johannesburg angekündigten 60 Milliarden US-Dollar Finanzhilfe für die afrikanischen Partnerländer sind an zehn konkrete "Kooperationspläne" gebunden, die in den kommenden drei Jahren umgesetzt werden sollen: "Mit deren Hilfe sollen drei Probleme angepackt werden, welche die Entwicklung Afrikas bremsen: Unzureichende Infrastruktur, der Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften und zu geringe Finanzmittel", so wird Xi von Reuters zitiert.

Gleichzeitig werde China mehr Wert auf Frieden und Sicherheit legen, meint Afrika-Experte Kappel. Xi Jinping sagte in Johannesburg die "Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus" zu. Dazu gehört laut Kappel aber auch mehr Kooperation der Afrikaner untereinander, denn auch dort liege eine große Wachstumsquelle, von der auch China profitieren könne. "China erwartet von Afrika, dass es die Weichen stellt, und wird das auf den Verhandlungen auch ziemlich deutlich sagen", meint Kappel.

Befreiung einer chinesischen Geisel nach dem Angriff auf ein Hotel in Bamoko (Foto: Imago)
Befreiung einer chinesischen Geisel nach dem Angriff auf ein Hotel in Mali im November: China will Afrika beim Anti-Terrorkampf unterstützenBild: Imago

Vorteil für Deutschland - wie lange noch?

Auch bei der deutschen Wirtschaftsvertretung in Johannesburg beobachtet man gespannt, was sich aus den aktuellen Gesprächen beim 6. Chinesisch-Afrikanischen Forum für Kooperation (FOCAC), an dem auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping teilnimmt, herauskommt. Matthias Boddenberg, Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika, sagt auf die Frage, ob die deutsche Wirtschaft gegen China konkurrieren könne: "Ich weiß nicht, ob wir 'gegenhalten' können, aber ein paar Faktoren darf man nicht vergessen: Südafrikas Industriestruktur ist von deutschen Lieferungen und Maschinen deutlich mitgeprägt, und zwar seit langem. So etwas hat eine gewisse Langfristigkeit, das ist ein Grundbestandteil unserer Strategie, dass wir im Land verankert mit den Partnern unsere Geschäfte machen. Zweitens schließen wir als Deutsche immer weitere Pakete in unsere Leistungen mit ein, nämlich Aus- und Weiterbildung und Serviceorientierung."

Aber auch auf diesem Gebiet wollen die Chinesen den Deutschen Konkurrenz machen, wie Yang Baorong deutlich macht. Zwar stimme es, dass die chinesischen Unternehmer bislang lieber teure chinesische Arbeitskräfte einfliegen, weil die afrikanischen "nicht so fleißig und qualifiziert wie die chinesischen" seien. Aber China setze jetzt auch auf den Wissens-Transfer nach Afrika, beteuert der Experte von CASS. Nur wenn chinesische Unternehmen auch technische Ausbildung in Afrika anböten, werde es genug qualifizierte Arbeitskräfte geben, um die chinesische-afrikanische Industrie-Kooperation voranzutreiben.