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Neuer Fußball-Skandal

21. Juni 2007

Die Staatsanwaltschaft wirft AC und Inter Mailand Bilanzfälschung vor. Beiden Clubs droht im schlimmsten Fall der Zwangsabstieg. Unterdessen begann der Prozess gegen die Beschuldigten des Fußballskandals 2006.

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Adriano Galliani, Vize-Präsident des AC-Mailand, Quelle: Ap
Siegessicher: Adriano Galliani, Vize-Präsident des AC-Mailand (links)Bild: AP

Italiens Fußball-Meister Inter Mailand und Champions-League-Sieger AC Mailand drohen wegen Bilanzfälschung schlimmstenfalls die Aberkennung von Titeln und der Zwangsabstieg. Damit steht dem von Manipulationen und Gewaltexzessen gebeutelten "Calcio Italiano" der nächste Fußball-Skandal ins Haus. Der Mailänder Staatsanwalt Carlo Nocerino wirft den Verantwortlichen beider Top- Clubs vor, die Liga-Lizenzen der Clubs für die Saison 2005/2006 illegal erschlichen zu haben.

Nach einer nun bevorstehenden Anklage und einer möglichen Verurteilung vor einem Zivilgericht drohe Inter vom Fußball-Verband die Aberkennung des Meistertitels 2006 und beiden Clubs hohe Strafen bis hin zum Zwangsabstieg, berichtete die "Gazzetta dello Sport" am Donnerstag (21.6.07).

Milan und Inter weisen Vorwürfe zurück

Beide Vereine wiesen die Anschuldigungen zurück. Milans Vize-Präsident Adriano Galliani betonte am Donnerstag, Milans Bilanzen seien "absolut korrekt". Inter-Präsident Massimo Moratti nannte die Vorwürfe "absurd". "Ich bin absolut ruhig, weil Inters Bilanzen in Ordnung sind", sagte er.

Die Staatsanwaltschaft behauptet laut "La Gazzetta", beide Clubs hätten durch überhöhte Spielerwerte Bilanz-Defizite künstlich ausgeglichen. Dabei hätten sie untereinander und im Austausch mit anderen Vereinen Spieler zu völlig überhöhten Werten transferiert. So habe Inter im Sommer 2003 Matteo Giordano für 3 Millionen Euro an Milan verkauft. Dessen realistischer Wert habe aber nur bei knapp 300.000 Euro gelegen und Inter eine um 2,7 Millionen Euro überhöhte Einnahme in der Bilanz verbuchen können.

Für die kaufenden Clubs hätten sich überhöhte Preise laut "Gazzetta" ebenfalls gerechnet, da kein Geld floss, sondern eigene Spieler für die Neuzugänge eingetauscht wurden. Deren Werte seien ebenfalls überhöht gewesen, so dass dem zum überhöhten Preis kaufenden Club dennoch kein Minus in der Bilanz entstand.

Verbraucherschutzverband löste Ermittlungen aus

"Ohne diese Bilanz-Operationen hätten die Clubs nicht die Bedingungen für den Erhalt der Spiellizenz 2005/2006 erfüllt", erkläre die Staatsanwaltschaft in ihrem Abschlussbericht, schreibt das Blatt. Ausgelöst hatte die Ermittlungen eine Anzeige des italienischen Verbraucherschutzverbands COVISOC im Frühjahr vorigen Jahres.

Ob Inter und Milan nun vor einem Gericht aber tatsächlich in letzter Instanz verurteilt werden, ist fraglich. Italiens Justiz ist bekannt für ihre langsamen Marathon-Prozesse, die dann nicht selten wegen Verjährung eingestellt werden. Angeblich vorsätzliche Fälschungen werden den Clubs nach Expertenmeinung ohnehin nur schwer nachweisbar sein.

AS Rom und Lazio Rom auch vor Gericht

Die Technik der so genannten "Plusvalenze" war im italienischen Fußball lange Zeit üblich. Ein ähnlicher Bilanzfälschungsprozess läuft bereits gegen AS Rom-Präsident Franco Sensi und den ehemaligen Lazio Rom-Präsidenten Sergio Cragnotti. Beobachter rechnen aber nicht mit ernsten Konsequenzen für die Angeklagten.

Der Fußballskandal 2006 hatte für Inter Mailand noch Vorteile gebracht: Inter war am grünen Tisch zum Meister erklärt worden, nachdem der "sportliche Champion" Juventus Turin wegen Manipulationen zum Zwangsabstieg und Stadtrivale AC Mailand zu drastischen Punktabzügen verurteilt wurden.

Prozessauftakt gegen Ex-Juve Direktor Moggi

Der Ex-Sportdirektor von Juventus Turin, Luciano Moggi, Quelle: AP
Vor Gericht: Der Ex-Sportdirektor von Juventus Turin, Luciano MoggiBild: picture-alliance/ dpa

Am Donnerstag begann der Prozess gegen die Beschuldigten des Skandals aus dem vergangenen Jahr. In Rom stehen der ehemalige Sportdirektor von Juventus Turin, Luciano Moggi, und sein Sohn Alessandro wegen illegaler Praktiken der Spielervermittlungsagentur GEA vor Gericht. Angeklagt sind darüber hinaus GEA-Geschäftsführer Francesco Zavaglia und die Moggi-Mitarbeiter Francesco Ceravolo sowie Davide Lippi, Sohn des italienischen Weltmeister-Trainers Marcello Lippi. Ihnen wird Gewalt und Einschüchterungsaktionen gegen einige Spieler sowie Verletzung der Wettbewerbsregeln vorgeworfen.

Moggi Senior wird beschuldigt, seine Position als Juve-Manager ausgenutzt zu haben, um der inzwischen aufgelösten GEA seines Sohnes Mandanten zu verschaffen. Bei Transferverhandlungen soll er Spielern nahegelegt haben, sich von seinem Sohn vertreten zu lassen, um ihre Chancen auf einen guten Vertrag bei Juventus zu verbessern. (tos)