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Aufräumen bei Karstadt

Erich Reimann (dpa)24. Oktober 2014

Stephan Fanderl, der neue Chef des Kaufhaus-Konzerns Karstadt, hat viel vor. Er muss das Unternehmen sanieren, aber er will auch investieren. Das wollten andere vor ihm auch. Warum soll es dieses Mal klappen?

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Stephan Fanderl Karstadt-Chef
Bild: picture-alliance/dpa

Das Urteil des neuen Karstadt-Chefs Stephan Fanderl über die vergangenen vier Jahre fällt vernichtend aus. "Karstadt hat in dieser Zeit an der Kernzielgruppe vorbei gearbeitet und dafür die brutale Quittung bekommen", sagte er dem Handelsblatt (Freitag). Fast ein Drittel der treusten Kunden hätten dem Unternehmen seit der Insolvenz 2009 den Rücken gekehrt. Der 51-jährige Manager will nun mit harter Hand gegensteuern.

Sechs Häuser, die rote Zahlen schreiben, sollen noch im kommenden Jahr geschlossen werden, darunter zwei klassische Warenhäuser. Weitere könnten folgen. Außerdem fordert Fanderl zur Sanierung des Unternehmens Lohnzugeständnisse der Belegschaft, die bei der Gewerkschaft Verdi zu einem empörten Aufschrei führen. Doch Fanderl will nicht nur sparen, sondern Karstadt auch neu ausrichten.

Investitionen geplant

Die 81 verbleibenden Filialen sollen in zwei Gruppen aufgeteilt werden: Elegante Erlebnishäuser in Städten wie München oder Hamburg und Nahversorger in Orten wie Mannheim oder Rosenheim. Dabei setzt Fanderl auf die Unterstützung des neuen Karstadt-Eigentümers René Benko. Der werde über seine Holding Signa während der kommenden Jahre eine dreistellige Millionensumme in das Zukunftskonzept investieren, erklärt Fanderl. "Innerlich sind Herr Benko und sein Team längst Händler", wischt er Sorgen über die Absichten des Österreichers vom Tisch, der sein Vermögen im Immobiliengeschäft machte.

Aber längst nicht alle haben so ein positives Bild von Benko. Die Gewerkschaft Verdi hält dem Karstadt-Eigner vor, dass die geplante Schließung des Karstadt-Hauses in Stuttgart nichts mit der schwierigen Lage der Warenhäuser zu tun habe. "Hier saniert sich der Immobilienbesitzer Benko auf dem Rücken der Stuttgarter Belegschaft", sagte Verdi-Landesfachbereichsleiter Bernhard Franke. Denn die Immobilie in bester Lage gehört Benko. Nach Auffassung von Branchenkennern könnte er nach der Schließung von Karstadt in der Immobilie für neu vermietete Ladelokale bis zu 300 Euro je Quadratmeter verlangen.

Umstrittenes Konzept

Ohnehin ist umstritten, ob Fanderls Konzept geeignet ist, um Karstadt zu retten. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger warf der Konzernspitze vor, keine genaue Ursachenforschung betrieben zu haben, warum Karstadt in der Krise sei. Stattdessen werde überstürzt die Entscheidung gefällt, einzelne Filialen zu schließen und in weiteren Filialen noch mehr Personal abzubauen.

Noch negativer fällt das Urteil des Handelsexperten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein aus. "Was Herr Fanderl da vorhat, kann nach bisheriger Erfahrung nicht funktionieren." Es sei meilenweit von dem entfernt, was nötig sei, um Karstadt zukunftsfähig zu machen. "Karstadt müsste sich die Warenhäuser in Großbritannien oder in den USA zum Vorbild nehmen, die konsequent auf das Internet setzten", meint Heinemann. Aber das koste viel Geld. Fanderls Konzept scheine dagegen dem Grundsatz zu folgen, nur kein Geld in die Hand nehmen zu müssen. "Diese billige Tour hat Karstadt schon mehrmals versucht. Aber noch einmal wird die Warenhauskette das sehr wahrscheinlich nicht überleben", meint der Handelsexperte.

Ganz anderer Meinung ist allerdings Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Er meint: "Karstadt kann die Wende schaffen, wenn sich das Unternehmen auf die immer noch vorhandenen Stärken besinnt und einfach die klassische Warenhausarbeit gut macht, statt das Rad neu erfinden zu wollen."