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Neues orthodoxes Kirchenoberhaupt in der Ukraine

Klaus Dahmann13. August 2014

Keine Überraschung in Kiew: Der favorisierte Metropolit Onufri wird künftig die Geschicke der Moskau-treuen orthodoxen Kirche leiten. Mit ihm verbinden sich große Hoffnungen in dem krisengeschüttelten Land.

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Orthodoxe Bischöfe in Kiew - Foto: REUTERS/Gleb Garanich
Bild: Reuters

Onufri folgt auf den im Juli verstorbenen Kiewer Metropoliten Wolodymyr. Ihn hatte das Leitungsgremium der Ukrainischen Orthodoxen Kirche schon Ende Februar aus Krankheitsgründen von den Amtsgeschäften entbunden und Onufri zum kommissarischen Vorsteher berufen.

Der 69-Jährige war bis dahin Metropolit von Czernowitz und der Bukowina in der Westukraine. Auch wenn Onufri eng mit dem Moskauer Patriarchat zusammenarbeitete, verurteilte er doch die Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim. Jüngst protestierte der Metropolit auch gegen Übergriffe von Regierungstruppen gegen orthodoxe Geistliche in der ostukrainischen Region Donezk.

Gedämpfte Erwartungen

In der fragilen politischen Lage richten sich nun alle Blicke auf Onufri: Er soll auf kirchlicher Ebene mäßigend wirken und den Dialog zwischen den vielfältigen orthodoxen Strömungen im Land vorantreiben.

Kiewer Metropolit Wolodymyr - Foto: AFP PHOTO/GENYA SAVILOV
Der verstorbene Metropolit Wolodymyr geriet wegen eurokritischer Äußerungen bei den Maidan-Protesten in die KritikBild: AFP/Getty Images

Ukrainische Religionsexperten hängen die Erwartungen jedoch niedrig: "Metropolit Onufri ist ein harter Schüler des Moskauer Patriarchats und Vertreter der dortigen Kirchentraditionen", sagt Viktor Bedja, der Vorsitzende des ukrainischen Rats zur Vereinigung der Kirchen. "Er ist zwar in einer westukrainischen Region geboren und aufgewachsen, aber in seinen geistlichen Ansichten von der russisch-orthodoxen Kirche geprägt." Überraschungen erwartet Bedja von ihm nicht.

Ähnlich äußert sich auch Taras Antoschewski, Chefredakteur der religiösen Nachrichtenagentur RISU, über den neuen Metropoliten: "Seine Sichtweise auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist beeinflusst von Moskau. Er versteht zum Beispiel nicht, warum ukrainische Medien so kritisch über die Ostukraine berichten." Zum Dialog mit anderen orthodoxen Glaubensgemeinschaften sei Onufri nicht bereit.

Taras Antoshevski - Foto: Taras Antoshevski/Religionsinformationsdienst der Ukraine
Antoschewski: "Onufri steht unter Moskauer Einfluss"Bild: Taras Antoshevski/Religionsinformationsdienst der Ukraine

Zersplitterte Kirchenlandschaft

Insgesamt zählt man in der Ukraine zwölf orthodoxe Glaubensgemeinschaften. Neben der Moskau-treuen Kirche hat sich das etwa gleich große Kiewer Patriarchat etabliert. Zur Spaltung kam es auf der Synode von Charkow 1992, wenige Monate nach der Eigenstaatlichkeit der Ukraine, weil sich ein Teil der Bischöfe vom Moskauer Patriarchat lossagen wollten. Die Bischöfe im Osten der Ukraine blieben Moskau treu, im Westen tendierten die meisten zum Kiewer Patriarchat. Der russische Patriarch erkennt die Ukrainische Orthodoxe Kirche bis heute nicht an. Offiziell untersteht die Kiewer Kirche denn auch immer noch dem Moskauer Patriarchen.

Als drittgrößte orthoxe Glaubensgemeinschaft gilt die Ukrainische Autokephale Kirche, die sich schon Anfang des 20. Jahrhunderts vom Moskauer Patriarchat losgesagt hat. Sie stützt sich auch auf einige orthodoxe Kirchen in der Diaspora, ist aber ebenfalls offiziell nicht als eigenständig anerkannt. Die Autokephalen hatten in den 1990er Jahren zeitweise zum Kiewer Patriarchat bekannt, doch ging ihnen letztlich deren Distanz zu Moskau nicht weit genug.

Höhlenkloster Lawra Petschersk in Kiew - Foto: AP Photo/Efrem Lukatsky
Im Kiewer Höhlenkloster Lawra wurde Onufri zum Oberhaupt der orthodoxen Kirche gewähltBild: picture-alliance/AP Photo

Drei von vier Ukrainern bekennen sich zum orthodoxen Glauben. Verlässliche Zahlen, wie viele davon sich zur Moskau-treuen Kirche und zu den anderen orthodoxen Kirchen zugehörig fühlen, gibt es nicht. Die Größenverhältnisse und Einflussgebiete lassen sich nur an der Anzahl der Bischöfe und Gemeinden schätzen.