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'Einzige Kirche Christi'

10. Juli 2007

Der Vatikan hat die katholische Kirche deutlich von den Protestanten abgegrenzt. Diesen könne der Titel "Kirche" nicht zugeschrieben werden. Protestanten werten das Dokument als Rückschlag für die Ökumene.

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Benedikt XVI (Archivbild) Quelle: AP
Sorgt für Empörung: Benedikt XVI (Archivbild)Bild: AP

Das am Dienstag (10.7.2007) im Vatikan veröffentlichte Dokument und ein dazugehöriger Kommentar betonen das Selbstverständnis der katholischen Kirche, die nicht von der Überzeugung ablasse,"die einzige wahre Kirche Christi zu sein". In dem von Papst Benedikt XVI. gebilligten Papier wird zwar betont, dass auch andere christliche Gemeinschaften "zweifellos einen kirchlichen Charakter und einen daraus folgenden Heilswert haben". Zugleich werden aber auch die Defizite herausgestellt, die sie nach katholischer Auffassung aufweisen.

Nur in der römisch-katholischen Kirche bestehe die von Jesus Christus begründete Kirche weiter, betont die Glaubenskongregation in ihrem Text. Der Vatikan wolle aber an der Ökumene festhalten, wurde bekräftigt. Das vorliegende Schreiben sei auf Grund von "irrigen Interpretationen" des Zweiten Vatikanischen Konzils der sechziger Jahre nötig geworden, heißt es.

Protestanten protestieren

Den aus der Reformation hervorgegangenen christlichen Gemeinschaften könne nach katholischem Verständnis kein Kirchenstatus zuerkannt werden, so das Dokument. Grund sei die fehlende "apostolische Sukzession im Weihesakrament". Mit Sukzession ist die ununterbrochene Aufeinanderfolge und durch Handauflegung vererbte Amtsvollmacht der

Bischöfe von den biblischen Aposteln bis heute gemeint. Nach katholischem Verständnis ist diese Kette bei den Protestanten unterbrochen.

Niemals zuvor in seiner Amtszeit ist eine Verlautbarung des Kirchenstaates auf derart harsche Kritik gestoßen. Selbst Theologen, die dem Deutschen auf dem Petrusstuhl durchaus nahe stehen, reagierten am Dienstag in Rom mit Kopfschütteln. Schroff, hart und kompromisslos sei das Nein an die Adresse der Protestanten. Erst vor drei Tagen die faktische Rehabilitation der traditionellen, lateinischen Messe, nun die Breitseite gegen Protestanten.

Rückschlag für Ökumene

"Ökumenisch brüskierend" und "paradox", meinte Wolfgang Huber, Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland - das ist ansonsten nicht gerade der Ton, in dem Theologen miteinander umgehen. "Nicht hilfreich" für die Ökumene, sagte der renommierte Tübinger Dogmatik-Professor Peter Hünermann.

Selbst der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, geht vorsichtig auf Abstand. Die Vatikanerläuterung "mag besonders in ihrer Knappheit und Dichte hart erscheinen", dann warnte er kaum verhüllt vor "Überheblichkeit" Roms - das grenzt an bischöflichen Ungehorsam. Da überrascht nicht die Reaktion der Reformbewegung "Wir sind Kirche": Es handele sich schlicht um einen "Schlag ins Gesicht der Ökumene".

Unvergessen ist in der katholischen und protestantischen Welt der Sturm der Entrüstung, den das berühmt-berüchtigte Dokument "Dominus Iesus" im Jahr 2000 auslöste. Auch damals ging es um den "Führungsanspruch" Roms. Schon seinerzeit war von "Eiszeit im Vatikan" die Rede und von "römischem Fundamentalismus" - der Autor des damaligen Dokuments war niemand anders als Kardinal Joseph Ratzinger.

Alleinvertretungsanspruch historisch bedingt

Dass die katholische Kirche einen Alleinvertretungsanspruch im Christentum erhebt hat theologische und kirchengeschichtliche Gründe. Nach dem Verständnis Roms stehen die Päpste in direkter Nachfolge des Apostels Petrus, der nach biblischer Überlieferung von Jesus als Kirchengründer eingesetzt wurde.

Daraus wird abgeleitet, dass der Papst Stellvertreter Christi auf Erden ist. Ihm wird damit auch die Vollmacht zugesprochen, Sünden zu vergeben. Durch die Weihe in direkter Nachfolge zu den Aposteln erhalten Bischöfe und Priester ebenfalls die Autorität, die kirchlichen Sakramente zu spenden, etwa die Kommunion. Das Empfangen gültiger Sakramente ist nach Auffassung Roms notwendig, damit der Gläubige zu Gott gelangt. "Extra ecclesiam nulla salus - außerhalb der Kirche ist kein Heil", lautete lange ein Grundsatz der katholischen Kirche, der erst im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962- 1965) gelockert wurde. Seitdem wird eingeräumt, dass auch Menschen in anderen Konfessionen und Religionen den Weg zu Gott finden können.

Der ganzen Aufregung um das Vatikanschreiben ist Benedikt nun erst einmal in die Höhen der italienischen Alpen entronnen. "Die Bergluft wird mir gut tun, und ich werde mich ganz frei meinen Gedanken und Gebeten widmen können", meinte er bei seiner Abreise. (stl)