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Politik

Steinmeier in Kroatien

Anto Jankovic | Sinisa Bogdanic
20. März 2019

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht Kroatien. Das deutsch-kroatische Verhältnis gilt als solide, ist aber nicht frei von Kontroversen. Steinmeier wird vor allem gute Beziehungen zu den Nachbarn anmahnen.

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Symbolbild Deutschland Kroatien Flagge Fahne
Bild: picture alliance / Stephanie Pilick

Einen Monat nach dem Arbeitsbesuch der kroatischen Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović in Berlin besucht der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier offiziell Kroatien, was von guten Beziehungen zweier Länder zeugt. Eine der Schlüsselbotschaften des Bundespräsidenten an die Kroaten wird die Notwendigkeit der guten Beziehungen zu den Nachbarn sowie Vergangenheitsbewältigung auf der regionalen wie auf der europäischen Ebene sein, so der deutsche Botschafter in Zagreb Robert Klinke.

In den deutsch-kroatischen Beziehungen lief nicht immer alles glatt. Den Tiefpunkt erreichten die Beziehungen beider Länder 2013, während des sozialdemokratischen Premierministers Zoran Milanović. Nachdem Deutschland, als letztes Mitgliedsland der EU, die Beitrittsurkunde Kroatiens zur EU ratifiziert hatte, verabschiedete das kroatische Parlament im Eilverfahren ein Gesetz, das die Auslieferung zweier hoher jugoslawischer und kroatischer Geheimdienstler an Deutschland verhindern sollte. Josip Perković und Zdravko Mustač sollten in Deutschland vor Gericht gestellt werden; sie sollten an der Ermordung des Exil-Kroaten Stjepan Đureković in Bayern 1983 beteiligt gewesen sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte deshalb die Teilnahme an der Feier in Zagreb zum EU-Beitritt Kroatiens kurzerhand ab. Nach monatelangem Gezerre mit der EU änderte Kroatien das Gesetz und lieferte 2014 die beiden Beschuldigten aus. Sie wurden 2016 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Westbalkan-Konferenz
Westbalkan-Konferenz in Berlin 2014: Steinmeier, damals noch Außenminister, will gute Nachbarschaft in Südosteuropa Bild: picture-alliance/dpa

Migration, Grenzstreit, Telekom

Verstimmungen gab es auch 2015 im Zuge der Migrantenkrise. Die kroatische Präsidentin Grabar-Kitarović kritisierte die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin. Angela Merkel habe zuerst die Flüchtlinge gerufen und dann "die Handbremse gezogen", was zu einem "Chaos auf der Straße" geführt habe. Aber: Kroatien wirkte mit bei der Suche nach einer Lösung und beteiligte sich an der Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU, entsprechend dem EU-Abkommen, wodurch die Wogen geglättet wurden.

Zagreb wiederum gab sich verärgert über die Haltung Deutschlands im slowenisch-kroatischen Grenzstreit in der Piran-Bucht. Nachdem illegale Absprachen und Handlungen zwischen den Vertretern der slowenischen Regierung und einem Richter des Schiedsgerichts öffentlich wurden, zog sich Kroatien aus dem Schiedsverfahren zurück. Als Berlin eine Entscheidung des zum Teil neubesetzten Schiedsgerichts unterstützte, zeigte sich Zagreb verwundert. Der Schiedsspruch schrieb Slowenien etwa 80 Prozent der Gewässer zu, die bis dahin je zur Hälfte von Slowenien und Kroatien genutzt wurden.

Streit gab es auch zwischen der kroatischen Regierung und der Deutschen Telekom über die Prioritäten beim Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur. Die Deutsche Telekom ist Mehrheitseigner der Kroatischen Telekom.

Aktionsplan für eine bessere Zukunft

 

Doch es scheint, als wollten beide Länder ihre Streitigkeiten hinter sich lassen. Wenngleich nicht alle Unstimmigkeiten beseitigt wurden. Kroatien wünscht, dass nicht nur deutsche Touristen nach Kroatien kommen, sondern auch deutsche Investoren. Dabei soll der Aktionsplan helfen, den letztes Jahr Bundeskanzlerin Merkel und ihr kroatischer Kollege Andrej Plenković vereinbart und vor wenigen Tagen die Außenminister beider Länder, Heiko Maas und seine kroatische Kollegin Marija Pejčinović-Burić, unterschrieben hatten. Der Inhalt wird noch offiziell geheim gehalten, aber nach Details, die aus dem kroatischen Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten durchsickern, scheint eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Militär, Polizei, Justiz und Wirtschaft angestrebt zu werden. Auch in der EU-Politik wollen beide Länder enger kooperieren. Im ersten Halbjahr 2020 hat Kroatien den EU-Vorsitz inne, im zweiten Halbjahr Deutschland.

Kroatien Kolinda Grabar-Kitarovic und Angela Merkel
Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic und Angela Merkel im März 2017 in BerlinBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Die Umsetzung des Aktionsplans soll Kroatiens Sicherheit stärken und den Beitritt zum Schengen-Raum ermöglichen, den Zagreb spätestens im nächsten Jahr erreichen will. Bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit strebt Kroatien den Beitritt zur Euro-Zone an. Im Gegenzug würden deutsche Unternehmen leichteren Zugang zum kroatischen Markt erhalten in den Bereichen Energie, Verkehr und Produktionsindustrie.

Deutschland ist schon jetzt neben Italien der wichtigste Außenhandelspartner Kroatiens mit einem Volumen von 4,5 Milliarden Euro (2017: 1,9 Milliarden Exporte nach Deutschland, 2,6 Milliarden Importe aus Deutschland). Auf Deutschland entfallen 24 Prozent (2018) der Übernachtungen im kroatischen Tourismus.

In Deutschland leben etwa 370.000 Einwanderer aus Kroatien. In den letzten Jahren kommen vor allem junge, gut ausgebildete Menschen.