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Nicht kampagnenfähig

Jan Friedmann14. August 2002

Im Wahlkampf streiten sich die Parteien um verschiedene Themen. Nur die Entwicklungshilfe ist sowohl in den Wahlkampagnen als auch in den Parteiprogrammen eine Marginalie – sie taugt nicht zum Wahlkampf.

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Spielt im Wahlkampf keine große Rolle: die EntwicklungspolitikBild: AP

Angesichts leerer Kassen und anderer politischer Prioritäten hat es die Entwicklungspolitik nicht leicht, sich zu behaupten. Dennoch – oder gerade deswegen – besteht über Parteigrenzen hinweg ein breiter Konsens.

So hat sich Deutschland, wie andere Industrieländer auch, das Ziel gesetzt, die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes aufzustocken. Von dieser Zahl – auf dem EU-Gipfel in Barcelona vereinbart - ist die Bundesrepublik allerdings noch weit entfernt. Deshalb hat sich die Regierung erst einmal verpflichtet, die Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2006 auf 0,39 Prozent des Bruttosozialproduktes anzuheben.

Abbau von Subventionen

Wo es wenig zu verteilen gibt, hält sich auch der Parteienzwist in Grenzen. Die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien handeln die Entwicklungshilfe mit ähnlich lautenden Worten ab – überhaupt ist das Thema in den Programmen eher eine Fußnote. Alle Bundestagsparteien wollen die Absatzchancen für Produkte aus Entwicklungsländern auf dem Weltmarkt verbessern.

Folgerichtig sprechen sich die Parteien auch dafür aus, die Agrarsubventionen in den Industrieländern zu drosseln, um Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Entwicklungsländer abzubauen. Nur die Union bleibt in dieser Frage vage – offenbar will sie die treue Wählerschaft unter den deutschen Landwirten nicht vor den Kopf stoßen.

Bessere Chancen auf den Märkten

Die SPD fordert in ihrem Wahlprogramm "bessere Chancen" für die Produkte aus Entwicklungsländern und eine "bessere Versorgung der Bevölkerung mit wirksamen und preiswerten Medikamenten." Zudem würdigen die Sozialdemokraten die Arbeit von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), Kirchen und Stiftungen. Über deren Arbeit hinaus müsse die Bundesregierung jedoch neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Entwicklungshilfe entwickeln.

Entwicklungshilfe als Terrorismus-Prävention

CDU und CSU werfen der Bundesregierung vor, dass die 0,7 Prozent-Marke bislang nicht erreicht wurde. Weiterhin will die Union die Entwicklungshilfe stärker am Ziel der Terrorismus-Prävention ausrichten und "Zonen der Ordnungslosigkeit" abschaffen.

Die FDP vertraut dagegen ganz auf die Heilungskräfte eines freien Weltmarktes. So halten es die Liberalen für falsch, bestimmte Sozial- und Umweltstandards festzulegen, damit ein Land freien Zugang zum Weltmarkt erhält. Denn diese Beschränkungen würden nur die Chancen der Entwicklungsländer schmälern. Vorrangiges Ziel müsse die Mobilisierung eigener Kräfte in den Entwicklungsländern sein – durch marktwirtschaftliche Strukturen. Ihr Konzept bringt die FDP auf die markante Kurzformel: "Entwicklungshilfe ist nicht Welt-Sozialhilfe".

Mitsprache für den Süden

Die Grünen geben sich auf einem ihrer ureigensten Gebiete ausgesprochen staatstragend: Sie fordern eine schrittweise Reform nicht nur der Entwicklungshilfe, sondern auch der Institutionen, die in der Entwicklungsarbeit tätig sind. In den großen internationalen Institutionen – Weltbank, Internationaler Währungsfonds und Welthandelsorganisation – seien die Entwicklungsländer nicht ausreichend repräsentiert. "Mitsprache für den Süden", lautet die entsprechende Losung.

Die weitestgehenden und kostspieligsten Vorschläge finden sich im Programm der PDS: Sie fordert eine Umschichtung von Mitteln aus dem Verteidigungshaushalt in den Entwicklungshilfe-Etat. Zudem plädiert sie für einen Schuldenerlass für Entwicklungsländer und für den Aufbau einer sozialen Infrastruktur in diesen Ländern als vorrangiges Ziel der Entwicklungshilfepolitik.