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Nicht mehr als Hoffnung

17. Oktober 2002

Zum siebten Mal in anderthalb Jahren war Israels Ministerpräsident Scharon bei US-Präsident Bush zu Gast. Das Vorgehen im Fall eines Irak-Krieges war diesmal das beherrschende Thema. Es kommentiert Peter Philipp.

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Wenn der stellvertretende US-Außenminister William Burns in den nächsten Tagen eine ausgedehnte Nahostreise antritt, dann werden zwei Themen auf seiner Tagesordnung stehen: Der angedrohte Krieg gegen Bagdad und der israelisch-palästinensische Konflikt. In der Vergangenheit hatten Amerikaner und Israelis immer versucht, solch eine Kombination zu verhindern, längst scheint sie aber unvermeidbar geworden. Nicht nur, weil arabische Politiker auch nur die geringste Unterstützung für Washingtons Irak-Strategie immer offener abhängig machen von Fortschritten im israelisch-palästinensischen Konflikt und einem entschlosseneren Engagement des Weißen Hauses in dieser Frage. Sondern auch, weil George W. Bush sich für den Ernstfall eines Irak-Krieges wenigstens ein Minimum israelischen Wohlverhaltens sichern will.

Gerade diese Frage scheint beim siebten Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon in Washington mehr im Vordergrund gestanden zu haben als die fortgesetzten Auseinandersetzungen mit den Palästinensern. Aber es scheint fraglich, ob es Gastgeber Bush gelungen ist, seinen Besucher zur Zurückhaltung im Ernstfall zu verpflichten. Als Bush Senior 1991 die Iraker aus Kuwait vertrieb und irakische SCUD-Raketen in Israel niedergingen, da hielt Jerusalem sich zurück und unternahm keinerlei Vergeltungsaktionen. Es waren schwere Tage für Israel, denn die Ungewissheit blieb bis zum Schluss, ob Saddam Hussein nicht vielleicht doch chemische oder biologische Waffen einsetzen würde. Und es lief der üblichen israelischen Strategie völlig zuwider, Angriffe taten- und widerstandslos hinzunehmen.

Diesmal malen auch seriöse Fachleute ein düsteres Bild: Sollte Saddam allzu sehr in die Enge getrieben werden – und das scheint ja Bushs Ziel zu sein – dann müsse man "mit allem" rechnen. Will heißen – dann müssen Bagdads traditionellen Feinde "mit allem" rechnen: Saudi-Arabien, Kuwait und eben Israel.

George W. Bush scheint es nicht gelungen zu sein, Ariel Scharon auf Zurückhaltung festzulegen: Wenn der Irak morgen Israel angreifen sollte, dann werde es wohl eine angemessene Antwort Scharons geben, denn dieser wolle sich natürlich verteidigen.

Scharon ist natürlich anders gestrickt als der damalige Ministerpräsident Schamir, aber dieses erneute und recht deutliche Einlenken Washingtons auf Scharons Linie könnte den Amerikanern und der Region noch teuer zu stehen kommen: Solange Israel mit an Bord einer Front gegen den Irak ist, solange dürfte es den USA kaum möglich sein, ernsthafte Unterstützung in den arabischen Staaten zu gewinnen. Ein gemeinsames Auftreten mit den USA und Israel gegen einen arabischen "Bruderstaat" würde dort – zumindest auf der Strasse – als Hochverrat betrachtet und ernsthafte Probleme für die jeweiligen Herrscher wären vorprogrammiert.

Und es reicht in diesem Zusammenhang schon längst nicht mehr, was vor Monaten noch einiges aufgewogen hätte: Wenn nämlich Washington mit Druck und Überredung doch noch zu einer Beruhigung des israelisch-palästinensischen Konflikts beitrüge. Inzwischen sind nämlich die Befürchtungen in der arabischen Welt gewachsen, die Scharon-Regierung könnte einen Irak-Krieg dazu nützen "klaren Tisch" mit den Palästinensern zu machen. Was immer das konkret bedeuten mag.

Wenn es ihm schon nicht gelungen ist, Scharon zur Zurückhaltung gegenüber Irak zu verpflichten, so bleibt zu hoffen, dass er ihm wenigstens klar gemacht hat, dass Washington solche Aktionen im Windschatten eines Irak-Krieges nicht dulden werde. Mehr als eine Hoffnung ist das freilich nicht.