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Physik-Revolutionär wider Willen

14. September 2018

Mit einem bundesweiten Max-Planck-Tag feiert die nach ihm benannte Gesellschaft den Wissenschaftler, der für seine revolutionären Erkenntnissen vor 100 Jahren den Physik-Nobelpreis bekam. Wer war der Forscher?

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Der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Max Planck
Bild: picture-alliance/dpa

Ohne Max Plancks Quantentheorie gäbe es heute keine Lasertechnik, keinen CD-Spieler, kein Rasterelektronenmikroskop, keine Energiesparlampe, überhaupt keine Mikroelektronik.

Für seine bahnbrechenden Entdeckungen bekam er vor 100 Jahren den Physik-Nobelpreis, sein Geburtstag jährt sich 2018 zum 160. Mal und vor 70 Jahren wurde die nach ihm benannte Max-Planck-Gesellschaft gegründet. Anlässlich dieser drei Jubiläen hat die Max-Planck Gesellschaft diesen Freitag (14.09.18) zum bundesweiten Max-Planck-Tag erklärt.   

So viel Trubel um die eigene Person hätte dem zurückhaltenden, bescheidenen Planck vermutlich nicht gefallen. Nicht er, sondern die Wissenschaft sollte stets im Vorgrund stehen. Die Fähigkeit, "aus reinem Denken heraus die Natur zur beherrschen", so Planck, dessen Leben von der wechselvollen deutschen Geschichte geprägt war. 

1858 in Kiel geboren, wuchs der kleine Max als sechstes Kind in einer sehr konservativen Familie auf. Urgroßvater und Großvater waren Theologieprofessoren, Max' Vater war Jura-Professor. Er war ein guter Schüler, kein Überflieger, aber die Lehrer schätzen seinen klaren Verstand. Mit gerade mal 16 Jahren bestand er das Abitur mit Bravour. 

Plancks Leidenschaft galt eigentlich der Musik

Der junge Max Planck interessierte sich für vieles, vor allem für Naturwissenschaften und Altphilologie, seine Leidenschaft aber galt der Musik: Er verfügte über das absolute Gehör, spielte Geige, Klavier und bei Gottesdiensten die Orgel. Zudem war er ein herausragender Sänger, der auch noch komponieren und dirigieren konnte. 

Laborant arbeitet an einem Lasergerät
Ohne die Forschung Max Plancks gäbe es keine Laser. Bild: picture-alliance/dpa/Kasper

Musik studierte er trotzdem nicht, statt für die brotlose Kunst entschied er sich für ein naturwissenschaftliches Studium in München. Obwohl ihm der Münchner Physikprofessor Philipp von Jolly davon abgeraten hatte. Schließlich sei "in der Wissenschaft schon fast alles erforscht, und es gelte, nur noch einige unbedeutende Lücken zu schließen".

Max Planck ließ sich davon nicht abhalten, studierte erst in München und ab 1877 bei den berühmten Physikern Gustav Kirchhoff und Hermann von Helmholtz in Berlin. Allerdings war der junge Student Max sehr enttäuscht von den beiden Koryphäen: Kirchhoffs Vorlesungen bezeichnete Planck als "trocken und eintönig". Helmholtz kam selten vorbereitet in die Vorlesungen, langweilte die Zuhörer und verrechnete sich auch noch permanent.

Selbststudium statt Langeweile

Also brachte sich Max Planck das Wichtigste im Selbststudium bei und machte 1878 sein Examen in Mathematik und Physik. Ein Jahr später legte er mit nur 21 Jahren seine Dissertation "Über den zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie" ab; wieder ein Jahr später dann seine Habilitationsschrift über "Gleichgewichtszustände isotroper Körper in verschiedenen Temperaturen".

Sein immer stärker werdender Drang nach Selbstständigkeit brachte ihn 1880 mit gerade mal 22 Jahren als Hochschullehrer und Privatdozent zurück an die Münchner Universität. Dank der guten Beziehungen seines Vaters wurde er 1885 in Kiel zum Professor ernannt. Und auch sein Fachgebiet hatte Planck inzwischen für sich festgelegt: die theoretische Physik. Dieser Bereich wurde damals nur an zwei Universitäten in Deutschland gelehrt. Die meisten Physiker betrachteten ihn eher als leidige Hilfswissenschaft.

Planck genoss diese Zeit. Er verdiente endlich genug, um seine langjährige Freundin Marie zu heiraten und mit ihr eine Familie zu gründen. Sohn Karl, die Zwillinge Emma und Grete und Sohn Erwin folgten. 

Max Planck konnte seine Reputation als Physiker weiter ausbauen und wurde 1889 als Nachrückkandiat an die Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität berufen. Er verkehrte jetzt in Wissenschaftlerkreisen und trat mit gerade mal 35 Jahren der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der renommierten Preußischen Akademie der Wissenschaften bei, einer überalterten, aber einer der bedeutendsten Wissenschaftsgesellschaften Europas. 

Die Studenten schätzten seine Vorlesungen, denn Planck sprach ohne Sprechzettel. Er formulierte alles klar und fließend. Allerdings muss Planck sehr nüchtern, unpersönlich und uneitel gewirkt haben, berichtete zum Beispiel die spätere Mitentdeckerin der Kernspaltung Lise Meitner enttäuscht.

Revolutionäre Entdeckungen: Wirkungsquantum und Quantentheorie

Planck forschte ab Mitte der 1890er Jahre über die Wärmestrahlung und entdeckte 1899 die Naturkonstante h. Bald wurde sie nach ihm "Plancksches Wirkungsquantum" genannt. 1900 entwickelte er ein Gesetz, dass die Ausstrahlung elektromagnetischer Energie durch einen schwarzen Körper beschreibt, das "Plancksche Strahlungsgesetz". 

Allmählich verließ der privat so zurückhaltende Planck damit die vorgezeichneten Wege der klassischen Physik, in der es keine sprunghaften Veränderungen gab, sondern nur stetige Entwicklungen. Planck erkannte aber, dass die Strahlung nicht kontinuierlich, sondern in Energiepaketen, sogenannten Quanten, abgegeben wird.

Der Physiker Albert Einstein
Einstein teilte Plancks Leidenschaft für Physik und MusikBild: Imago/UIG

Plancks Quantentheorie wurde in der Fachwelt lange und hitzig diskutiert, stellte sie doch das gesamte Weltbild der klassischen Physik auf den Kopf. Unterstützung erhielt der Physiker unter anderem von dem damals noch unbekannten Albert Einstein, dessen Relativitätstheorie Planck ebenso gegen Kritiker verteidigte. 1914 holte er Einstein an die Berliner Friedrich Wilhelm Universität.

Planck selber sah die durch ihn ausgelöste Physik-Revolution kritisch und versuchte weiterhin, sein Strahlungsgesetz mit der klassischen Physik in Einklang zu bringen. Die moderne Quantenmechanik aber setzte sich allmählich durch und 1918 wurde Planck schließlich für die Begründung der Quantentheorie mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. 

Das folgte auf Einstein: "Ich zitterte als ich die Gravitationswellen hörte!"

Private Schicksalsschläge 

Zu dieser Zeit wussten wenige von seinen schweren Schicksalsschlägen. 1909 starb seine geliebte Frau Marie, vermutlich an Tuberkulose. 1916 fiel sein ältester Sohn im Ersten Weltkrieg, den Max Planck - wie viele seiner Zeitgenossen – zunächst mit nationalem Pathos herbeigesehnt hatte. Planck sprach nicht über seinen Verlust. 1917 und 1919 starben dann seine beiden Zwillingstöchter, jeweils im Kindbett. 

Frankreich: Soldatenfriedhof Douaumont bei Verdun
Millionenfaches Leid. Auch Planck verlor einen Sohn im Krieg, den zweiten im Widerstand.Bild: picture-alliance/dpa

Planck widmete sich ganz der Wissenschaft, heiratete seine 25 Jahre jüngere Nichte. Mit der jungen Demokratie der Weimarer Republik konnte sich Plank nicht recht anfreunden. Sein Weltbild blieb streng konservativ und von einer tiefen Religiosität durchdrungen. Entsprechend verordnete er als Universitäts-Rektor sich und auch den Akademie-Kollegen, in den Wirren der Nachkriegszeit auf politische Kommentare zu verzichten. Auch als der von ihm nach Berlin gerufene Albert Einstein immer heftiger angefeindet wurde, verweigerte ihm Planck die - auch von Kollegen geforderte - Unterstützung.

Schweigsam trotz Nazi-Terror

Loyal gegenüber den Mächtigen verhielt sich der mittlerweile 74-jährige Planck auch, als die Nazis 1933 die Macht ergriffen. Er schwieg, als jüdische Freunde und Kollegen öffentlich gedemütigt wurden und in Scharen das Land verließen. Nur wenige konnte er privat zum Bleiben überreden. Öffentlich hat er sich nur für seinen Wissenschaftskollegen Fritz Haber eingesetzt. Zumindest aber hat er trotz Verbots posthum eine Gedächtnisfeier für den geschätzten Kollegen organisiert. Haber hatte 1933 Deutschland verlassen und war im Jahre darauf in Basel gestorben. 

Der Nazi-Terror machte aber auch vor der Wissenschaft nicht halt. Selbst Planck als Nobelpreisträger wurde angefeindet. Als die Akademie 1938 gleichgeschaltet wurde, trat Planck aus Protest zurück. Deutschland taumelte in den Zweiten Weltkrieg und Planck durchlitt die Kriegsjahre zuerst in Berlin und dann auf dem Lande.

Sein jüngster Sohn Erwin Planck beteiligte sich dagegen am Aufstand gegen Hitler und wurde nach dem gescheiterten Attentatsversuch vom 20. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet. Max Planck schrieb vergeblich Gnadengesuche an Himmler, Göring und Hitler, aber trotzdem wurde der Sohn des einst hochverehrten Nobelpreisträgers hingerichtet. 

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Moderne Wissensvermittlung im Münchener Max Planck Science TunnelBild: N. Michalke / Archimedes Exhibitions Max Planck Gesellschaft

Internationale Anerkennung

Nach Kriegsende baute Planck von Göttingen aus die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft wieder auf. In deren Nachfolge gründete sich die Max-Planck-Gesellschaft. Ihr erster Präsident wurde der "Vater der Kernchemie" und ebenfalls Nobelpreisträger Otto Hahn. Max Planck wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt. Als einziger Deutscher wurde Planck 1946 von der Royal Society eingeladen, um den 300. Geburtstag von Isaac Newton zu feiern. Ein Jahr später starb der hochgeehrte Max Planck fast 90-jährig in Göttingen. Sein wissenschaftliches Vermächtnis vor allem im Bereich der Grundlagenforschung pflegt seitdem die weltweit anerkannte Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften

 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund