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Korruption ohne Ende

13. August 2007

Nach Zeitungsberichten ist die Schmiergeldaffäre bei Siemens viel größer als angenommen. Ermittler einer vom Konzern beauftragten US-Kanzlei seien auf Zahlungen von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro gestoßen.

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Passant vor Siemens-Konzern in München (Quelle: AP)
Es will nicht vorbeigehen: Dunkle Geschäfte beim deutschen Elektronik-RiesenBild: AP

Laut Montagsausgabe der "Süddeutschen Zeitung" (13.8.07) hätten die US-amerikanischen Anwälte allein in der Kommunikationssparte fragwürdige Transfers in Höhe von fast 900 Millionen Euro entdeckt. "Es geht um riesige Summen", zitierte die Zeitung ein Mitglied der Konzernspitze. Die neuen Erkenntnisse seien "schockierend". Die Transaktionen reichten bis Anfang der 90er-Jahre zurück.

Nicht alle Zahlungen zwangsläufig Schmiergelder

Nach Informationen aus dem Unternehmen stießen die Anwälte der Kanzlei Debevoise & Plimpton auch in der Kraftwerkssparte auf dubiose Zahlungen von 250 bis 300 Millionen Euro, schreibt die Zeitung weiter. Auch hier gingen die Transaktionen bis in die 90er-Jahre zurück. Die Prüfer seien auf eine Vielzahl unerklärlicher Transfers über Liechtenstein und andere ausländische Konten gestoßen, darunter in Abu Dhabi, heißt es unter Berufung auf das Umfeld der Ermittler. Es spreche einiges dafür, dass es dabei nicht um saubere Geschäfte gegangen sei, auch wenn nicht alle Zahlungen automatisch Schmiergeld sein müssten.

Bisher gab es keine konkreten Hinweise, dass auch die Kraftwerkssparte in großem Stil schwarze Kassen gehabt haben könnte. Auch das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet nun aber in seiner neuen Ausgabe, bereits im Jahr 2005 seien im Kraftwerksbereich fragwürdige Zahlungen von fast 190 Millionen Euro über Liechtenstein entdeckt worden.

Zurückhaltende Äußerungen des Unternehmens

Siemens-Sprecher Andreas Schwab sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP, das Unternehmen sei an Aufklärung und Transparenz interessiert und unterstütze die Arbeit der Experten und Behörden nach Kräften. "Zu Details oder Spekulationen können wir aber nicht Stellung nehmen", sagte Schwab.

Bislang hatte Siemens öffentlich fragwürdige Zahlungen in Höhe von 420 Millionen Euro eingeräumt. Ende Juli hatte der Konzern mitgeteilt, durch eigene Untersuchungen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wisse man inzwischen aber "von zusätzlichen Bankkonten und Kassen an unterschiedlichen Orten, die nicht in der Konzernbilanz erfasst" worden seien.

Verurteilt und gekündigt

Zwei ehemalige Manager der Siemens-Kraftwerkssparte waren im Mai vom Landgericht Darmstadt zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Es ging um die Zahlung von mehr als sechs Millionen Euro Schmiergeld an zwei Manager des italienischen Energiekonzerns Enel, um Aufträge für Gasturbinen zu bekommen.

Siemens hatte sich vor einigen Tagen von seinem langjährigen obersten Korruptionsermittler Albrecht Schäfer getrennt. Nähere Angaben zu den Hintergründen der ordentlichen Kündigung machte Siemens nicht. Über eine Kündigung Schäfers war in der Vergangenheit bereits wiederholt spekuliert worden. Medienberichten zufolge gab es Vorwürfe aus dem Aufsichtsrat, Schäfer habe in einem Bericht über den Schmiergeld-Skandal bei dem Elektrokonzern im Dezember 2006 nicht umfassend genug ausgesagt und ein beschönigendes Bild von den Vorgängen vermittelt. Schäfer war bis Ende vergangenen Jahres oberster Korruptionsermittler bei Siemens.

Erneute Durchsuchungen bei Siemens

Vergangenen Mittwoch und Donnerstag hatte es auch neue Durchsuchungen in der Schmiergeldaffäre gegeben. Es geht um einen Fall, in dem Mitarbeiter von Siemens und Lurgi Lentjes einen Projektmanager der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau in Belgrad bestochen haben sollen, um einen Auftrag von fast 50 Millionen Euro zur Generalüberholung eines Kraftwerks in Belgrad zu erhalten. (leix)