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NPD auf dem Seziertisch von Karlsruhe

3. März 2016

Das Bundesverfassungsgericht hat am letzten Tag der Verhandlung zum NPD-Verbotsverfahren die völkische Orientierung des Parteiprogramms ins Zentrum seiner Fragen gerückt. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

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Deutschland NPD Wahlkampfveranstaltung in Hamburg
Bild: picture-alliance/dpa/F. Bimmer

Am letzten Verhandlungstag führten die Innenminister von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, Joachim Hermann (CSU) und Lorenz Caffier (CDU), aus, dass die von der NPD in ihrem Programm vertretene Ideologie der "Volksgemeinschaft" mit den Grundsätzen der Demokratie unvereinbar sei. Diese Ideologie setzte auf die "strikte Ausgrenzung von Ausländern". Menschenwürde habe demnach nur, wer im "biologischen Sinn dem deutschen Volk angehört", sagte Hermann. Der Minister nahm damit Bezug auf das Aktionsprogramm der NPD.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (Foto: picture-alliance/dpa/M. Murat)
Bayerns Innenminister Joachim HerrmannBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Der Extremismusforscher Steffen Kailitz analysierte, ihrem Programm gemäß wolle die NPD alle "ethnischen Nicht-Deutschen aus dem deutschen Volkskörper aussondern". Die Vertreibung von Millionen Menschen würde zu einer "Terrorspirale" führen, die diese Betroffenen selbst auch noch finanzieren sollten - ähnlich den Aktionen der Nazis gegen jüdische Bürger im Dritten Reich.

Rassistisches Weltbild

Das Gericht warf der NPD mit Blick auf ihren Begriff der Volksgemeinschaft ebenfalls ein rassistisches Weltbild vor. In NPD-Schriften und im Internet heiße es etwa, "ein Afrikaner oder Asiate kann nie Deutscher werden", und "Angehörige anderer Rassen bleiben immer Fremdkörper". Zudem sollten in Schulen ethnisch deutsche Kinder von Fremden getrennt unterrichtet werden.

Die Verfassungsrichter ließen aber nicht nur Politiker der etablierten Parteien und Wissenschaftler zu Wort kommen, sondern auch - aktive oder ehemalige - Funktionäre der rechtsextremen Partei.

Betonung der "ethnischen Homogenität"

Der NPD-Vorsitzende Frank Franz sagte, seine Partei wolle, dass in Deutschland eine "ethnische Homogenität" gewahrt bleibe. Dies sei bei einer massenhaften Zuwanderung in Gefahr. "Mit etwa 20 Millionen Migranten innerhalb weniger Jahrzehnten sind wir im Bereich, der Gefahr mit sich bringt, dass das deutsche Volk, seine Kultur und Identität infrage gestellt wird", sagte Franz. Das Asylrecht sei nach Auffassung der NPD zu streichen. Deutschland sei kein Einwanderungsland.

Der derzeitige NPD-Chef Frank Franz (Foto: picture-alliance/dpa/U. Anspach)
Der amtierende NPD-Chef Frank FranzBild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Der ehemalige sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel sagte, die Partei lehne das vielfach geforderte grundsätzliche Einbürgerungsrecht ab. "Ein Afrikaner kann für mich kein Angehöriger des deutschen Volkes werden, aber in Einzelfällen deutscher Staatsbürger", sagte der Historiker.

Immer noch in Gedankenwelt des Nationalsozialismus

Der frühere NPD-Chef Holger Apfel sagte, Teile der Partei befänden sich immer noch in der Gedankenwelt des Nationalsozialismus. Gleichzeitig sei sie in ihrer Schlagkraft immer überschätzt worden. Die "NPD ist ein Popanz", sagte Apfel, der 2013 aus der Partei austrat. Sie habe durch die Presse und die politischen Gegner einen höheren Stellenwert erfahren, als sie tatsächlich hatte. Apfel: "Wir haben mit Tabubrüchen gespielt, um den Eindruck zu erwecken, dass dahinter eine schlagkräftige Organisation steckt."

Der frühere NPD-Chef Holger Apfel (Foto: Getty Images)
Der ehemalige NPD-Vorsitzende Holger ApfelBild: Getty Images

Apfel berichtete auch davon, dass in der NPD die rechtsextremistische Gruppe NSU zum Teil verherrlicht worden sei. Er selbst habe sich eindeutig vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) distanziert, was aber zu Diskussionen geführt habe, so Apfel. Einige in der Partei hätten die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt heroisiert. Die beiden sollen zehn Morde aus fremdenfeindlichen Motiven begangen haben. Sie starben im November 2011 bei einem Brand ihres Wohnmobils.

Die mündliche Verhandlung in Karlsruhe war auf drei Tage bis Donnerstag angesetzt. Es ist bereits der zweite Anlauf der Politik, die NPD zu verbieten. 2003 war das erste NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe wegen V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei gescheitert.

sti/uh (afp, dpa, rtr, epd)