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NRW will Wirtschaftskooperation mit Indien ausbauen

Hans Spross
25. Februar 2019

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart war Anfang Februar mit einer Unternehmerdelegation in Indien, um Kooperationsmöglichkeiten zu erkunden. Und ist begeistert zurückgekommen, wie er der DW erzählt hat.

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Symbolbild Start-Up
Bild: Colourbox

DW: Indien steht erst an 20. Stelle der Handelspartner Nordrhein-Westfalens. Wie groß war das Interesse an Kontakten und Austausch mit Ihnen und Ihrer Delegation bei Ihrer großen Rundreise durch Indien? 

Andreas Pinkwart: Das war überraschend groß. In Neu-Delhi hatte ich Gelegenheit, mit dem Handels- wie dem Energieminister Indiens über zentrale Fragen zu sprechen und traf dabei auf viel Interesse an einer vertiefenden Zusammenarbeit. In Bangalore in Süd-Indien, dem "Silicon Valley Indiens", haben eine Reihe von Start-ups die Teilnahme an einer  "Road-Show" zugesagt und wollen im Mai nach Nordrhein-Westfalen kommen. Wir versuchen, Talente aus Indien als Partner für unsere Digitalstrategie in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen, bei der es um die Vernetzung von Start-ups, Mittelstand und Industrie geht. 

In Kalkutta, der Hauptstadt West-Bengalens im Osten Indiens, haben wir in Gesprächen mit Chefministerin Mamata Banerjee und ihrem Finanzminister Mitra zwei sehr ehrgeizige Politiker erlebt, die ihren Bundesstaat mit über 90 Millionen Einwohnern unbedingt wirtschaftlich nach vorne bringen wollen. Wir haben mit ihnen eine Vereinbarung über eine vertiefte Kooperation unterzeichnet. West-Bengalen ist sehr an Investitionen interessiert, an einer engen Zusammenarbeit bei der beruflichen Qualifizierung und in der Wissenschaft. Ich habe dafür geworben, dass Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland an die dortigen hervorragenden Hochschulen und Forschungseinrichtungen kommen. Das wurde sehr positiv aufgegriffen. 

Ich habe mich übrigens auch für den Wunsch von Chefministerin Mamata Banerjee bei der Lufthansa eingesetzt, dass wieder eine direkte Flugverbindung von Kalkutta nach Deutschland eingerichtet wird. Darüber werden jetzt Gespräche zwischen den Beteiligten geführt. 

Deutsche Firmen sind ja bereits in West-Bengalen präsent. Was haben Sie bei den Besuchen dort erlebt? 

Wir haben zum Beispiel einen unserer "hidden champions" (unbekannte Weltmarktführer) aus dem Siegerland besucht, der dort vor zehn Jahren einen mittelständischen Maschinenbaubetrieb übernommen hat. Die etwas einfacheren Teile komplexer Maschinen für die Papier- und Stahlindustrie werden nun in der Nähe von Kalkutta gefertigt. Man muss lange fahren, um das Gewerbegebiet zu erreichen und aus deutscher Perspektive erscheint auf dem Weg vieles eher ein wenig chaotisch. Doch dann sieht man auf einmal ein gut organisiertes Werksgelände und trifft auf hoch motivierte Mitarbeiter, die regelmäßig ins Siegerland kommen und dort weitergebildet werden und die Maschinen weltweit mit aufbauen. Das hat mir noch mal gezeigt, dass es in Indien hoch motivierte Menschen gibt, wie auch einen großen Bedarf an beruflicher Qualifizierung, gerade im mittelständisch gewerblich-produktiven Bereich. 

Bangladesch Mamta Bannerjee in Dhaka
West-Bengalens Regierungschefin Mamata Banerjee will Investoren anlockenBild: Getty Images/AFP/M. Uz Zaman
Prof. Dr. Andreas Andreas Pinkwar
Pinkwart: Bürokratische Hürden in Indien lassen sich bewältigenBild: MWIDE NRW/F. Wiedemeier

"West-Bengalen als Sprungbrett"

Welche Anreize sehen Sie noch für deutsche bzw. NRW-Unternehmen, sich in West-Bengalen zu engagieren? 

Wenn wir die asiatischen Märkte stärker für uns weiter entwickeln wollen, kann West-Bengalen auch als Stützpunkt und Sprungbrett dienen, um dort zu produzieren und auch von dort zu exportieren, nicht zuletzt in die ASEAN-Staaten. Deshalb will ich nächstes Jahr erneut zum Wirtschaftsgipfel in West-Bengalen reisen und Unternehmer mitbringen, die diesen Standortvorteil nutzen wollen. 

Was ist mit den berühmten bürokratischen Hindernissen ("red tape"), welche die Geschäftstätigkeit in Indien erschweren? 

Die gibt es. Aber die Regierung Modi hat als Mittel dagegen Sonderregelungen eingeführt, Stichwort "fast track", soll heißen: Wenn es Probleme gibt, kann man unmittelbar auf der zentralen Ebene vortragen und die kümmert sich um eine schnelle Lösung. 

Zurück nach NRW: Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit den indischen Start-ups genauer vor?   

Also einfach nur zu sagen: Wir verstünden viel von Produktion und Prozessen und die Inder von Software und zusammen könnten wir so die Fabrik 4.0 leichter bauen, ist aus meiner Sicht nicht zutreffend. Denn wir sind hier auch beim Thema Software bereits weiter. Aber trotzdem sehe ich vielfältige Möglichkeiten, um sich bei der Weiterentwicklung der Software zu ergänzen und Indien bei der Modernisierung der Produktion zu unterstützen. Hierfür müssen wir Formate des Austausches und der fairen Zusammenarbeit schaffen. Zusammenkunft ist dabei ein wichtiger Anfang, Zusammenarbeit der Erfolg.  

Es gibt auch eine berufliche Ausbildung zum IHK-Fachinformatiker. Warum machen wir das nicht in Indien? Wir könnten in Kooperation mit deutschen Firmen die theoretische Ausbildung in Indien durchführen und die praktische hier in Deutschland, und wer danach in Deutschland bleiben will, bleibt hier, wer zurück will, geht zurück. Ich hielte das für eine große Chance, denn wir haben ja im Mittelstand gerade auf dem Feld der Informatik einen riesigen Bedarf, auch im Rahmen der dualen Ausbildung.  

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP) ist Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie in Nordrhein-Westfalen