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Ausschusspapiere nicht ausgespäht?

5. Juli 2014

Die Aufregung war groß, als ein BND-Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Agententätigkeit für die USA festgenommen wurde. Jetzt sagt der NSA-Ausschussvorsitzende, die Geheimpapiere des Gremiums seien sicher.

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Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses des deutschen Bundestages, Patrick Sensburg (M, CDU/CSU), eröffnet im Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin neben Roderich Kiesewetter (CDU) und dem Leiter des Sekretariats des Ausschusses, Harald Georgii (r) die Sitzung (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der unter Spionage-Verdacht stehende Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) hat offenbar keine internen Dokumente des NSA-Untersuchungsausschusses ausgespäht. Der Vorsitzende des Ausschusses, Patrick Sensburg (Artikelbild, Mitte), sagte im Deutschlandfunk, er habe derzeit "keine Erkenntnisse" darüber, dass Dokumente des Gremiums selbst ausgespäht worden seien. Vielmehr geht es laut Sensburg um Unterlagen, die dem Ausschuss von Regierungsinstitutionen und anderen Behörden zugeleitet werden sollten.

"Unsere internen Papiere hoffen wir sicher zu halten", so Sensburg. Die Ausschussmitglieder machten sich natürlich Sorgen, dass Dokumente abgefangen werden könnten. Sie hätten deshalb entsprechende Vorkehrungen getroffen: "Wir haben Krypto-Handys. Wir tun das, was wir für die Sicherheit der Dokumente tun können." So würden die Unterlagen in den Büros ausschließlich in Safes aufbewahrt.

"Angriff auf die parlamentarische Demokratie"

Ungeachtet dieser neuen Einschätzung forderten Politiker aus Koalition und Opposition Konsequenzen aus der Affäre um den BND-Mitarbeiter. Der SPD-Obmann im Ausschuss, Christian Flisek, sprach im Bayerischen Rundfunk von einem "Angriff auf die parlamentarische Demokratie". Der Grünen-Innenexperte Volker Beck sagte "Handelsblatt Online", die Verantwortung für die Aktivitäten des BND liege im Bundeskanzleramt. "Wir erwarten, dass die Aufklärung über diesen Vorgang schonungs- und rückhaltlos von höchster Stelle angeordnet wird."

Auch in der US-Regierung scheint der Fall für Beunruhigung zu sorgen. Die "New York Times" zitierte einen Regierungsvertreter mit der Einschätzung, die Berichte über eine mindestens zweijährige Spionagetätigkeit des BND-Mitarbeiters drohten alle Reparaturarbeiten im deutsch-amerikanischen Verhältnis wieder zu zerstören. Nach Informationen der Zeitung haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat am Donnerstagabend noch nicht über den Fall gesprochen, obwohl Merkel zu diesem Zeitpunkt schon davon wusste.

USA um Aufklärung gebeten

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Die Zentrale: NSA-Hauptquartier in Fort Meade, MarylandBild: picture-alliance/dpa

Das Auswärtige Amt in Berlin hatte US-Botschafter John Emerson am Freitag zu einem Gespräch geladen. Er sei gebeten worden, "an einer zügigen Aufklärung mitzuwirken", erklärte das Ministerium. Das US-Präsidialamt lehnte eine Stellungnahme ab.

Der am Mittwoch festgenommene BND-Mitarbeiter steht nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung", des NDR und WDR im Verdacht, den NSA-Untersuchungsausschuss ausspioniert zu haben. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hat der 31-Jährige zwischen 2012 und 2014 insgesamt 218 BND-Geheimdokumente gestohlen und auf einem USB-Stick gespeichert. Dem Bericht zufolge soll er den Verkauf der Dokumente an die Amerikaner bereits gestanden und dabei erklärt haben, seine Instruktionen seien direkt aus der US-Botschaft in Berlin gekommen.

BND: "War nur Hilfskraft"

Die Deutsche Presse-Agentur meldet unter Berufung auf hochrangige BND-Kreise, der Festgenommene sei in Pullach bei München als Hilfskraft in der Abteilung "Einsatzgebiete Ausland" eingesetzt gewesen. Er sei nicht von einem fremden Geheimdienst angeworben worden, sondern habe seine Dienste selbst angeboten. Insgesamt habe der Mann für die Weitergabe der Dokumente 25.000 Euro erhalten.

Am Freitag war zunächst der Eindruck entstanden, der Doppelagent habe Informationen aus dem Bundestagsausschuss an die US-Geheimdienste geliefert. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung hatten 3 der 218 an US-Geheimdienste weitergeleiteten Dokumente zwar einen Bezug zum Ausschuss. Das waren aber offenbar externe Papiere, die nichts über die Arbeit dieses parlamentarischen Gremiums aussagen.

Schwere diplomatische Verstimmungen

Dass Informationen aus dem NSA-Ausschuss begehrt sind, ist nicht neu. Seit dem Beginn der Arbeit vor drei Monaten gebe es Erkenntnisse, dass die Obleute abgehört würden, heißt es aus dem Ausschuss-Umfeld. Der Ausschuss versucht seit drei Monaten, die Spähaktivitäten der National Security Agency (NSA) auf deutschem Boden und die Rolle des BND bei den Ausspähungen aufzuklären. Die NSA-Affäre hatte im vergangenen Jahr für schwere Verstimmungen zwischen Berlin und Washington gesorgt.

jj/uh (dpa, afp)