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Obamas Gast aus Berlin-Kreuzberg

23. April 2010

Der Geschäftsführer des Bildungswerks Kreuzberg, Nihat Sorgec, ist auf Einladung von US-Präsident Obama Teilnehmer eines Treffens von 150 muslimischen Unternehmern in Washington.

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Außenaufnahme des Weißen Hauses in Washington (Foto: AP)
Bild: AP

Im Alter von 14 Jahren kam Nihat Sorgec aus der Türkei nach Deutschland, wo seine Eltern bereits lebten. Er sprach kein Wort Deutsch und kam in die Hauptschule. Die Sprache eignete er sich durch Lesen an. Er ging in die Bibliothek und las, was er bekommen konnte. So schaffte er zunächst den erweiterten Hauptschulabschluss, machte anschließend eine Lehre und besuchte das Abendgymnasium. Im Alter von 22 Jahren begann er schließlich, Maschinenbau zu studieren - dem Wunsch seines Vaters entsprechend.

Nihat Sorgec (links) mit dem US-Botschafter in Deutschland Murphy im Bildungswerk Kreuzberg (Foto: DPA)
Nihat Sorgec (links) mit dem US-Botschafter in Deutschland Murphy im Bildungswerk KreuzbergBild: picture alliance/dpa

Neben seinem Studium arbeitete er als Teamleiter für Jugendliche, damit diese ihre Freizeit sinnvoll verbringen. Schon damals merkte Nihat Sorgec, dass ihm der Umgang mit Jugendlichen liegt. Nach Abschluss seines Studiums arbeitete er zunächst als Ingenieur, bis er 1988 beim Bildungswerk in Berlin-Kreuzberg als Angestellter anfing.

Seit nun mehr 13 Jahren leitet er die Einrichtung in dem Berliner Bezirk mit einem besonders hohen Anteil an türkischstämmigen Bewohnern. Nihat Sorgec setzt sich seit Gründung der Einrichtung für eine bessere gesellschaftliche und wirtschaftliche Integration von Migranten ein: "Wir müssen versuchen, diese Menschen auch emotional für die Gesellschaft zu gewinnen. Sie müssen sich hier endlich angekommen fühlen, damit sie sich mit dieser Gesellschaft besser identifizieren können. Das ist die eigentliche Grundlage für Integration - Bildung ist dann die zweite Möglichkeit."

86 Prozent bestehen die Prüfungen

Im Bildungswerk Kreuzberg wird Jugendlichen - die meisten mit Migrationshintergrund - in mehr als 25 verschiedenen Berufsfeldern eine Ausbildung ermöglicht. Hier wurde ein Netzwerk aufgebaut, das hilft, eingewanderten Menschen eine Möglichkeit der Qualifizierung zu eröffnen. Denn bisher nehmen laut Sorgec nur neun Prozent der aus der Türkei stammenden Migranten an Weiterbildungsmaßnahmen teil, während es bei den Deutschen etwa 30 Prozent seien.

Die Vorstellung, dass sozial benachteiligte Jugendliche nicht ausbildungs- und förderfähig seien, werde durch die Arbeit des Bildungswerks widerlegt, meint Sorgec. Stolze 86 Prozent der Jugendlichen würden die Prüfungen bestehen. Dies seien Erfolge, die ermuntern, im Bildungswerk in dieser Richtung weiterzugehen.

"Meinen Beitrag dazu leisten"

Schwerpunkte der Arbeit des Bildungswerks Kreuzberg bilden die Berufsvorbereitung und Berufsausbildung für sozial benachteiligte Jugendliche sowie Weiterbildung und Umschulungen für Erwachsene. Zehntausenden Jugendlichen hat das Bildungswerk inzwischen zu einem Schulabschluss oder einer Berufsausbildung verholfen. Diesen Weg will Nihat Sorgec auch weiterhin beschreiten. Er sagte vor Antritt seiner Reise nach Washington:

"Als türkischstämmige Unternehmer tragen wir nicht nur für die gesellschaftliche Integration der in Deutschland lebenden Migranten und damit für eine bessere Zukunftsfähigkeit in Deutschland die Verantwortung, sondern auch für mehr Verständnis und Toleranz zwischen den Weltreligionen Islam, Judentum und Christentum. In diesem Sinne nehme ich die Einladung gerne an und werde versuchen, meinen Beitrag dazu zu leisten."

Neben seiner Haupttätigkeit als Geschäftsführer des Bildungswerks engagiert sich Nihat Sorgec ehrenamtlich als Vizepräsident der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, als Vorstandsmitglied der Initiative der europäischen Türken in Berlin und des Vereins "Windows on America". Dieser Verein will vor allem Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund ein reales Bild der USA vermitteln und fördert Jugendaustauschprogramme.

Für sein soziales Engagement erhielt Nihat Sorgec, der auch Mitglied der Deutschen Islamkonferenz ist, 2008 das Bundesverdienstkreuz.

Autorin: Sabine Ripperger
Redaktion: Kay-Alexander Scholz