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Ex-Botschafter gegen US-Abzug aus Afghanistan

4. Juni 2016

Offene Briefe verpuffen oft wirkungslos. Doch in diesem Fall dürfte der Appell gelesen werden. Das garantieren die Absender: einst führende Kommandeure des US-Miltärs und Botschafter, die selbst am Hindukusch waren.

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US-Soldaten in der afghanischen Stadt Kundus (Archivbild)
"10.000 müssen bleiben": US-Soldaten in der afghanischen Stadt Kundus (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/W. Kohsar

Eine Reihe ehemaliger US-Militärchefs und früherer Botschafter in Afghanistan hat sich gegen einen weiteren Truppenabzug aus dem Land ausgesprochen. Sie baten Präsident Barack Obama in einem offenen Brief, die Zahl der Soldaten in Afghanistan bei etwa 10.000 einzufrieren und nicht weiter zu reduzieren. Auch die Mittel für Entwicklungshilfe und diplomatische Anstrengungen sollten beibehalten werden.

Die 13 Absender sind keine Unbekannten. Darunter befinden sich die Generäle und ehemaligen Kommandeure der 2014 beendeten NATO-Kampfmission John Campbell, Stanley McChrystal und David Petraeus. Unterzeichnet haben aber auch die Diplomaten Ryan Crocker, Zalmay Khalilzad und Ronald Neumann - allesamt frühere Botschafter in Afghanistan, die die Lage am Hindukusch aus eigener Anschauung kennen.

Dramatische Herausforderung für Europa

In ihrem Schreiben heißt es, wenn Obama den Empfehlungen folge, könnte sein Nachfolger die Situation selbst einschätzen und dementsprechend entscheiden. Die Terrororganisation Al-Kaida, ihre Alliierten sowie die Terrormiliz "Islamischer Staat" seien weiterhin in Afghanistan aktiv, so die Verfasser des Appells. Afghanistan bleibe deshalb ein wichtiger Ort für die Bekämpfung globaler Extremistenbewegungen.

Sollte sich dort ein Machtvakuum auftun, könnte sich der Einfluss der Extremisten wieder ausweiten - mit verheerenden Folgen. Falls Afghanistan in das Chaos der 90er Jahre zurückfiele, würden Millionen Menschen ins Ausland fliehen, argumentieren die Kenner des Landes. Das wäre dann kein Problem, das nur die Bewohner am Hindukusch bedrängte: Auch die Herausforderungen in Europa würden dramatisch zunehmen.

Wohlkalkulierter Zeitpunkt

Der Aufruf gelangt nicht zufällig gerade jetzt an die Öffentlichkeit. In wenigen Tagen will US-General John Nicholson seinen ersten Bericht über die Militärstrategie der Vereinigten Staaten in Afghanistan vorlegen. Nicholson hatte im März den Befehl über die NATO-Mission Resolute Support und die US-Streitkräfte im Land übernommen. Er selbst gilt als starker Befürworter eines größeren und längeren Militäreinsatzes im Kampf gegen die radikalislamische Taliban und andere terroristische Kräfte.

jj/ml (dpa, rtr)