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Olympia 2021 - Abschied auf Raten?

22. Januar 2021

Angeblich sucht Japans Regierung hinter den Kulissen nach einem Weg, wie sie die für Sommer geplanten Olympischen Spiele in Tokio ohne Gesichtsverlust absagen kann. Regierung und IOC widersprechen vehement.

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Japan Tokio 2020 Olympische Ringe
Bild: picture alliance/dpa/AP

Noch wird nur hinter vorgehaltener Hand gesungen, doch es klingt schon sehr nach Abgesang. Die Gerüchte verdichten sich, dass die Olympischen Spiele 2021 in Tokio wegen der Corona-Pandemie wirklich auf der Kippe stehen - auch wenn die japanische Regierung und das Internationale Olympische Komitee weiter heftig dementieren. "Ich bin entschlossen, sichere Sommerspiele durchzuführen, als Beweis, dass die Menschheit das Virus überstanden hat", sagte Ministerpräsident Yoshihide Suga an diesem Freitag.

Am Tag zuvor hatte IOC-Präsident Thomas Bach erklärt, es gebe "überhaupt keinen Grund zu glauben, dass die Olympischen Spiele in Tokio nicht am 23. Juli im Olympiastadion von Tokio eröffnet werden". Bereits Ende vergangener Woche hatte das IOC auf Anfrage der DW erklärt, man habe "volles Vertrauen in die japanischen Behörden und die Maßnahmen, die sie ergreifen".

Die britische Zeitung "The Times" berichtete am Donnerstag, die japanische Regierung suche hinter den Kulissen nach einem Weg, wie sie die Spiele in Tokio 2021 absagen könne, ohne das Gesicht zu verlieren. Die Zeitung zitierte ein hochrangiges Mitglied der Regierungskoalition, das anonym bleiben wollte, mit den Worten: "Niemand möchte der erste sein, der es offen ausspricht." Man sei sich aber einig, dass eine Austragung im kommenden Sommer angesichts der weiter ernsten Pandemie-Lage zu schwierig sei. Stattdessen wolle man versuchen, Tokio für den nächsten noch freien Olympia-Termin 2032 als Gastgeber setzen zu lassen.

Plan B oder Plan C?

Taro Kono
Taro KonoBild: picture-alliance/AP Photo/K. Sasahara

Am Freitag vergangener Woche war mit Taro Kono erstmals ein Regierungsmitglied öffentlich von der offiziellen Linie abgewichen. "Wir müssen im Moment das Beste geben, um uns auf die Spiele vorzubereiten, aber es könnte so oder so ausgehen", hatte der Minister für Reformen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften gesagt. "Das Olympische Komitee muss über einen Plan B und einen Plan C nachdenken, aber die Situation ist nicht einfach." 

Der 58-Jährige, der früher auch schon Außen- und Verteidigungsminister war, gilt als Mann fürs Grobe und ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Regierungschef Suga übergab dem Minister am vergangenen Montag die Verantwortung für die Impfkampagne gegen COVID-19. Die soll in Japan erst Ende Februar beginnen. Etwa zu dieser Zeit soll auch entschieden werden, ob ausländische Zuschauer zu den Olympischen Spielen zugelassen werden oder nicht.

Regierung unter Druck

Kritiker werfen der Regierung vor, die Corona-Pandemie nicht entschlossen genug anzugehen. In einer Umfrage des TV-Senders NHK Mitte Dezember sanken die Zustimmungswerte für Sugas Regierung gegenüber November dramatisch: von 56 auf 42 Prozent. Nach Angaben der Johns Hopkins Universität in den USA, die weltweit die Zahl der registrierten Corona-Fälle erhebt, wurden bisher in Japan mehr als 350.000 Menschen mit dem COVID-19-Virus infiziert, fast 4900 Menschen starben. Im internationalen Vergleich liegen diese Werte noch relativ niedrig, doch seit Jahresbeginn stieg die Kurve rasant an.

Olympische Spiele Tokio 2020 Japan | Maskottchen
Olympia-Maskottchen in einem Geschäft in TokioBild: Stanislav Kogiku/ZUMAPRESS.com/picture alliance

Mehr als 80 Prozent Olympia-Skeptiker

Da verwundert das Meinungsbild in Japan zu den Olympischen Spielen kaum. Schließlich sollen 11.000 Athleten und etwa ebenso viele Betreuer aus aller Welt eintreffen, eine Impfpflicht für sie hat das IOC bisher ausgeschlossen. In neuen Umfragen plädierten mehr als 80 Prozent der Japanerinnen und Japaner dafür, die Spiele erneut zu verschieben oder ganz abzusagen. Im Dezember hatte der Anteil der Olympia-Skeptiker noch bei etwa 70 Prozent gelegen.

Neben der Verunsicherung der Menschen angesichts der sich verschärfenden Corona-Lage dürften dabei auch die immensen Kosten der Spiele eine Rolle spielen. Ende Dezember verkündete das Organisationskomitee in Tokio, dass die Verschiebung um ein Jahr zu Mehrkosten von umgerechnet etwa 2,3 Milliarden Euro geführt habe. Die Olympischen Spiele würde nun voraussichtlich knapp 12,8 Milliarden Euro teuer. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Experten schätzen, dass die Spiele Japan mindestens 20 Milliarden Euro kosten werden.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter