1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Chinesische Freiheit

Matthias von Hein8. August 2008

Peking versprach bei der Bewerbung wunderbare Sportstätten, "Grüne Spiele", Fortschritte bei den Menschenrechten und Pressefreiheit. Versprechen und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.

https://p.dw.com/p/EquL
Sicherheitsbeamte haben Journalisten noch immer viel zu sagenBild: AP

Jiang Xiaoyu ist ein mächtiger Mann. Er ist Vizepräsident des Pekinger Organisationskomitees für die Olympischen Spiele. Als im März 2008 der olympische Fackellauf im Westen auf praktisch jeder Station von Protesten begleitet war, war er mit der Aussage zu hören, die Spiele seien eine reine Sportveranstaltung und sollten nicht mit Politik vermischt werden. Im Bewerbungsprozess für die Spiele vor sieben Jahren klang das noch ganz anders.

Presse in China- Wandzeitung
Was steht in der klassischen Wandzeitung?Bild: picture-alliance/dpa

Damals hatte Peking selbst seine Bewerbung mit politischen Zielen verknüpft – und damit gepunktet: Der stellvertretende Pekinger Bürgermeister Liu Jingmin sagte im Februar 2001, die Olympiabewerbung solle nicht allein die Entwicklung der Stadt vorantreiben, sondern auch der Entwicklung der Gesellschaft dienen - inklusive Demokratie und Menschenrechte. Noch am 12. Juli 2001, einen Tag vor der Vergabe der Spiele an Peking, erklärte der Vizepräsident des Organisationskomitees Wang Wie, dass ausländische Medien bei Olympischen Spielen in Chinan völlig frei berichten könnten.

Regeln gelockert

Tatsächlich wurden die Regeln gelockert. Allerdings nur für ausländische Reporter. Seit dem 1. Januar 2007 dürfen sie in ganz China recherchieren. Für Interviews ist nur noch das Einverständnis des Interviewpartners notwendig. Das hat die Arbeit der ausländischen Korrespondenten deutlich erleichtert.

Haupt-Pressezentrum in Peking - Olympische Spiele 08
Das Presse Center der Olympischen SpieleBild: AP

Dennoch ist die die Bilanz von Jocelyn Ford kritisch. Sie arbeitet als freie Korrespondentin in Peking. Beim "Foreign Correspondents Club of China" ist sie zuständig für das Thema Medienfreiheit. Sie weiß, wie geduldig Papier in China sein kann: "Allein 2007 wurden die Regeln 180 mal verletzt." Reporter seien angegriffen und an Interviews gehindert worden. "Ausländische Reporter wurden einfach belästigt", sagt Ford. "Wir sehen noch jede Menge Einmischung in der Berichterstattung."

Besonders deutlich fiel diese Einmischung im Umfeld der Proteste in Tibet im März 2008 aus: Da wurden sämtliche ausländische Journalisten kurzerhand aus Tibet zwangsevakuiert. Dabei ist die Lage der ausländischen Journalisten sogar noch deutlich besser als die der Chinesen. "Für chinesische Journalisten ist es noch strenger geworden", erklärt jedenfalls Zhang Yu vom internationalen chinesischen PEN. Bei allen Großereignissen würde die Propagandaabteilung der Partei Vorschriften erlassen, wie man zu berichten habe. Dadurch werden die chinesischen Journalisten noch strenger kontrolliert.

"Journalisten, die eher unabhängig berichten, werden Schwierigkeiten bekommen. Je näher die Olympischen Spiele rücken, desto mehr. Manche verlieren ihren Job, manche stehen vor Gericht. Und manche werden im Gefängnis landen."

"Alle freilassen"

Am 10. Juni wurde der Internetjournalist Huang Qi verhaftet. Der Vorwurf: illegaler Besitz von Staatsgeheimnissen. Seit neun Jahren ist China das Land mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Mindestens 26 sitzen derzeit in chinesischen Gefängnissen. Und genau deswegen wünscht sich Sharon Hom, Direktorin von "Human Rights in China", vor den Olympischen Spielen von der Regierung vor allem eines: "Alle Journalisten freilassen, die im Gefängnis sind, einzig und allein dafür, dass sie ihren Job gemacht haben."