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Berühmter Warhol geht im Internet unter den Hammer

19. Juli 2011

Mausklick statt Hammerschlag: Die Plattform artnet versteigert bis Mittwoch millionenschwere Kunstwerke im Internet. Im Angebot ist auch ein Werk von Andy Warhol. Das Netz - ein neuer Marktplatz für Kunst?

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Bild mit blauen Blumen und grünen Blättern (Foto: Artnet)
Warhols Bild von 1978 ist das VersuchskaninchenBild: artnet

Bis Mittwochmittag (20.07.2011) haben Kunstsammler Zeit, ein Gebot auf ein Werk von Andy Warhol aus der berühmten Flower-Serie aus dem Jahr 1978 abzugeben. Das Motiv: blaue Blumen auf grünem Grund, vom Künstler signiert und in bestem Zustand.

Der Pop Art-Pionier ist der Star der Online-Auktion der Berliner artnet-AG. Rund 50 Gemälde, Grafiken, Skulpturen und Fotografien kommen dort am Mittwoch unter den - wohlgemerkt - virtuellen Hammer. Wer bereit ist, mindestens 800.000 Euro dafür zu berappen, muss sich nicht einmal aus dem Haus begeben. Geboten wird per Mausklick. Das Vorbild: eBay.

Gründer und Geschäftsführer von artnet ist Hans Neuendorf. Der 73 Jahre alte Kunstexperte ist kein Unbekannter der Szene. Einst hob er die Art Cologne mit aus der Taufe. Mit seinem Berliner Unternehmen artnet versucht er schon länger, Kunst im Netz anzubieten. Doch der Auktionshandel wurde bislang vernachlässigt. "Wir lassen die Kunden nicht alleine, wie das bei eBay der Fall ist. Wir haben eine Kundenberatung und Fachleute, die die Authentizität und den Zustand der angebotenen Gegenstände vorher überprüfen." Das garantiere eine hohe Qualität des Angebots und mehr Sicherheit für die Käufer.

Schnell, günstiger und effizienter

artnet wirbt damit, Transaktionen schneller und günstiger für alle Beteiligten möglich zu machen. Da es keine teuren Ausstellungsräume gebe und Transportausgaben wegfielen, seien auch die Kosten für die Kunden niedriger, so Hans Neuendorf. "Unsere Provisionen sind im Schnitt ungefähr halb so hoch wie bei konventionellen Auktionshäusern." Ein anderer Vorteil sei, dass die Auktionen sehr viel schneller abgewickelt werden könnten.

Hand eines Auktionators mit Hammer (Foto: dpa)
Gehört der Hammer bald in die Mottenkiste?Bild: picture-alliance/dpa

Hans Neuendorfs Vision ist es, den Kunstbetrieb transparenter und zugänglicher für Kunstliebhaber zu machen. Einer von fünf Kunden bei artnet sei ein Neukunde, so Neuendorf. Im vergangenen Jahr konnte artnet einen Zuwachs von 140 Prozent verzeichnen, in diesem Jahr legte das Unternehmen bisher noch einmal um 50 Prozent zu.

Bevor Neuendorf in das Auktionsgeschäft einstieg, hatte die Berliner Firma sich vor allem mit ihrer Preisdatenbank für Kunstwerke inklusive Statistik einen Namen in der Kunstwelt gemacht. In diesem weltweit größten Kunstarchiv seiner Art können Sammler Auktionsergebnisse aus 500 Auktionshäusern abrufen. Die Informationen gehen zurück bis ins Jahr 1985. Außerdem unterhält artnet ein Galerienetzwerk, das mehr als 2000 Händler miteinander verknüpft und in dem etwa 166.000 Kunstwerke gelistet sind.

Riskante Online-Geschäfte

Eine Frau steht zwischen zwei Gemälden in einem Ausstellungsraum (Foto: dpa)
Bei artnet kaufen Kunden, ohne das Bild im Original gesehen zu habenBild: dpa

Szene-Kenner sehen das Projekt skeptisch. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Kunstsachverständigen, Helmut Krause, sieht im Zusammenhang mit dem Kunstgeschäft im Netz viele Gefahren: "Man kauft ohne Besichtigung. Im Internet sieht man das Objekt nicht im Original, sondern nur auf einem Foto."

Auktionshäuser machten den Interessenten die Objekte nicht ohne Grund vor der Versteigerung zugänglich. Für Helmut Krause sei dies für einen Kunden unerlässlich, um die Authentizität eines Gemäldes zu überprüfen. "Er kann sich jemanden mitnehmen, kann das Bild von vorne bis hinten begutachten, kann es von der Wand nehmen", so Krause.

Kostenreduktion

Der erste Versuch von artnet, Online-Auktionen zu etablieren, war nach dem Börsengang des Unternehmens 1999 ein Flop. Damals war das Internet noch nicht so weit verbreitet und artnet musste teure Anzeigen in Printmedien schalten, um Kunden auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. "Heute brauchen wir Printmedien überhaupt nicht, wir werben nur über das Internet." Das spare Kosten, was die Erfolgsaussichten erhöhe. "Damals waren wir einfach ein paar Jahre zu früh dran", sagt Hans Neuendorf.

Ob die Sammler bereit sind, Millionenbeträge in Online-Auktionen auszugeben, muss sich noch zeigen. Andy Warhol hätte es sicher gefallen, als Pionier im Netz gehandelt zu werden.

Autorin: Gönna Ketels
Redaktion: Sabine Oelze