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Das Internet als Shopping-Mall

6. November 2018

Weltweit wird immer mehr im Internet gekauft. Davon profitieren vor allem wenige große Konzerne. Die Frage ist: Läuft künftig alles im Cyberspace oder wird es weiterhin Geschäfte geben, die man physisch betreten kann.

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Angestellte in einem Amazon Prime Now Lager in Singapur
Bild: Reuters/E. Su

Die meisten Menschen sind nun einmal sehr bequem - warum also schwere Einkaufstüten nach Hause schleppen, wo man das doch den Paketdienst machen lassen kann? Warum mühsam von Geschäft zu Geschäft pilgern, wenn sich Preise und Produkte bequem auch online vergleichen lassen? Kurzum, warum die heimische Stube verlassen, wenn man den Kauf auch per Mausklick erledigen kann? Das gilt auch für Deutschland.

Mehr als drei Viertel der Deutschen, die im Internet surfen, kaufen dort auch gleich ein. Das sind rund 50 Millionen Online-Käufer. Bestellt wird fast alles - von Kleidung, Möbeln, Gebrauchsgütern, Eintrittskarten bis zu Urlaubsunterkünften. Noch nicht so gut laufen Produkte aus dem Bereich Elektronik und Lebensmittel, verkündete jüngst das Statistische Bundesamt.

Infografik Online-Handel Deutschland DEU

Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. Der Online-Handel wächst, wenn auch nicht mehr ganz so rasant. Im letzten Jahr erreichte er in Deutschland ein Volumen von knapp 49 Milliarden Euro, heißt es vom Handelsverband Deutschland. In diesem Jahr werde er um weitere zehn Prozent wachsen, so die Prognose.

Platzhirsche wie Amazon dominieren das Geschäft

Von dem regen Geschäft im virtuellen Raum profitieren aber nicht alle gleichermaßen. In vielen Ländern der Welt beherrschen drei große Player den Online-Handel. Die beiden amerikanischen Riesen Amazon und eBay sowie die chinesische Handelsplattform Alibaba. Dabei hat Amazon deutlich die Nase vorn.

Auch in Deutschland ist der Internetriese Amazon ganz vorn dabei: als Händler und als Handelsplattform, auf der andere ihre Produkte anbieten können. Neun von zehn Deutschen bestellen dort, hat die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) bei einer Umfrage 2017 ermittelt. Ähnlich durchsetzt hat Amazon den Markt in Japan, den USA und Großbritannien. Im Rest der Welt ist der Konzern nicht ganz so erfolgreich: Im globalen Durchschnitt liegt der Anteil der Amazon-Nutzer unter den Online-Einkäufern mit 56 Prozent um einiges niedriger.

"Die großen Online-Anbieter bauen ihre Marktmacht kontinuierlich aus und können sich ein immer größeres Stück vom Kuchen sichern - zulasten des stationären Handels", meint Thomas Harms, Handelsexperte der Unternehmensberatung Ernst&Young (EY). Das zeige sich auch im lukrativen Weihnachtsgeschäft. Hier müsse sich der stationäre Handel in diesem Jahr auf ein leicht rückläufiges Geschäft einstellen, so Harms. Der Umfrage von EY zufolge kauft inzwischen bereits gut jeder fünfte Deutsche seine Weihnachtsgeschenke lieber online. Vor einem Jahr war der Anteil der E-Commerce-Nutzer hier nur halb so hoch.

Infografik: Die 5 umsatzstärksten Länder im Bereich E-Commerce im Jahr 2018

Offline-Geschäfte bleiben lebendig

Zwar wächst der Online-Handel, das bedeutet aber nicht unbedingt das Aus für die Geschäfte, die in der echten Welt Waren anbieten. Laut PwC zücken knapp 60 Prozent der Deutschen mindestens einmal pro Woche im stationären Handel ihr Portemonnaie. Das sind mehr als vor drei Jahren, wo nur 46 Prozent den Weg in die Geschäfte fanden.

In anderen europäischen Ländern steht der klassische Einzelhandel schlechter da. Im europäischen Durchschnitt kaufen dort nur 43 Prozent ein. Das ist das Ergebnis der "Global Consumer Insights Survey 2018", für den PwC über 22.000 Verbraucher in 27 Ländern befragte.

Natürlich hat inzwischen so mancher stationäre Händler den Cyberspace für sich entdeckt und bietet seine Ware auch dort an. Daneben stoßen auch die Hersteller selber ins Internet vor. Nach Daten des Handelsverbandes Deutschland hat ein Viertel der klassischen Händler einen eigenen Online-Shop. Rund 15 Prozent verkaufen ihre Ware über Online-Marktplätze wie Amazon oder Ebay. So ist der stationäre Handel im Internet stärker gewachsen als die ursprünglichen Online-Händler.

Der Wandel verläuft aber auch umgekehrt: Einige virtuelle Händler wagen den Schritt in die reale Welt. Auch der Platzhirsch Amazon setzt inzwischen auf Offline-Geschäfte. Erste Amazon-Go-Läden gibt es bereit in den USA.

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Virtuelle und reale Shopping-Welt verschmelzen

Online- Offline: Künftig wird alles miteinander verschmelzen, glaubt man bei der Unternehmensberatung PwC. Es wird also weiterhin auch Geschäfte geben, die in der echten Welt betreten werden können. Ob gekauft wird oder nicht, darüber entscheide das Einkaufserlebnis, so PwC.

Ein solches Erlebnis werde im Jahr 2025 durch verschiedenste Technologien möglich, beispielsweise durch Augmented Reality (AR)-Anwendungen (also der computergestützten Erweiterung der Realitätswahrnehmung) oder mittels Einkaufsroboter. Persönliche Assistenzsysteme und Wearables kommunizieren künftig direkt mit den Systemen des Händlers. Schon jetzt ist das Smartphone als Einkaufsassistent wichtig beim Einkauf - und die Bedeutung wird noch zunehmen.

Online-Handel schlecht für die Umwelt

So schön bequem der Online-Einkauf auch ist - er birgt auch einige Probleme. So schwillt die dadurch verursachte Paketflut immer mehr an. Allein im letzten Jahr wurden 3,35 Milliarden Kurier, Express und Paketsendungen allein in Deutschland verschickt, von denen gut die Hälfte durch Onlinehandel verursacht wurde, gibt der Bundesverband Paket und Express Logistik an. Für die Umwelt ist es aber ein Desaster, wenn jedes Paket individuell per Lieferwagen vor die Haustür kutschiert wird.

Infografik Meilensteine im Online-Handel in Deutschland

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, sind ebenfalls neue Technologien gefragt. So arbeitet die Post an Lieferkonzepten, in denen E-Fahrzeuge eingesetztwerden und bei denen vor allem die Wege optimiert werden. Auch im Bereich Logistik können neue Technologien einen Ausweg zeigen. So testet Amazon die Paket-Auslieferung per Drohne. Und in China bringt ein kleiner Lieferroboter bereits Lebensmittel zum Kunden.

Es gibt aber noch ein weiteres Problem. Nachdem bekannt wurde, dass Amazon massenhaft zurückgeschickte Ware zerstört, ist der Umgang mit Retouren ins Blickfeld gerückt. Allein in Deutschland wird jedes Jahr eine dreistellige Millionenzahl von Paketen an Amazon, Zalando und Co. zurückgeschickt. Nicht zu unterschätzen ist auch der Müll, der durch die vielen Verpackungen verursacht wird. Papier, Pappe, Karton, Folie und Styropor - es soll ja nichts auf dem Weg zum Kunden beschädigt werden. Der Online-Shopping-Boom: Ein Trend mit einigen Schattenseiten. 

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion