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"Opfer-Abo" ist Unwort des Jahres

15. Januar 2013

Der Begriff "Opfer-Abo" ist Unwort des Jahres 2012. Damit wird dem sprachlichen Missgriff des Wettermoderators Kachelmann bei seinem Pauschalurteil, Frauen hätten ein "Opfer-Abo", ein Denkmal gesetzt.

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Ein aufgeschlagenes Lexikon zeigt das Wort "Unwort" (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Unwort des Jahres 2012 gab die Jury in Darmstadt bekannt. Ausgewählt wurde es aus 2.232 Einsendungen mit 1.019 verschiedenen Vorschlägen. Wettermoderator Jörg Kachelmann hatte, nachdem er vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen wurde, in mehreren Interviews behauptet, Frauen hätten ein "Opfer-Abo" in der Gesellschaft. Damit könnten sie nach Darstellung des Wettermoderators ihre Interessen in Form von Falschbeschuldigungen - unter anderem der Vergewaltigung - gegenüber Männern durchsetzen. Die Sprachforscher kritisierten die Wortwahl als "sachlich grob unangemessen". Das Wort verstoße damit "nicht zuletzt auch gegen die Menschenwürde der tatsächlichen Opfer". Die Jury kritisierte, dass der Begriff Frauen pauschal und in inakzeptabler Weise unter den Verdacht stelle, sexuelle Gewalt zu erfinden. Die Wahl stelle aber kein Urteil über den Fall Kachelmann dar.

Zu weiteren Unwörtern wurden "Pleite-Griechen" und "Lebensleistungsrente" gewählt. "Pleite-Griechen" wurde monatelang im Zusammenhang mit der Staatspleite Griechenlands verwendet und "Lebensleistungsrente" war ein heftig kritisiertes Zusatzrenten-Projekt der Bundesregierung im vergangenen Jahr. Der Begriff "Pleite-Griechen" diffamiere ein ganzes Volk in "unangemessener und unqualifizierter Weise", erklärten die Sprachforscher. Das Wort "Lebensleistungsrente" sei eine "irreführende bis zynische Bezeichnung für ein Vorhaben, bei dem unter sehr restriktiven Bedingungen eine geringfügige Zusatzleistung des Staates versprochen wird".

Die unabhängige Jury aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten, wählt jedes Jahr ein öffentlich verwendetes Wort das gegen sachliche Angemessenheit oder Humanität verstößt zum Unwort. Darunter fallen Begriffe, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder der Demokratie verstoßen, gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder irreführend sind. Im vergangenen Jahr wurde der Begriff "Döner-Morde", der eine Mordserie mit rechtsradikalem Hintergrund bezeichnete, zum Unwort des Jahres gekürt. Auch Begriffe wie "betriebsratsverseucht" und "sozialverträgliches Frühableben" schafften es schon in die Liste der Unwörter.

Ziel der Aktion ist es, auf öffentliche Formen des Sprachgebrauchs aufmerksam zu machen und so Sprachbewusstsein und Sprachsensibilität in der Bevölkerung zu fördern.

il/qu (dpa, afp, dapd, kna)