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Kein Dialog in Kirgisistan

8. April 2010

Es habe in Kirgisistan keine Chance mehr für einen Dialog zwischen der Regierung und der Opposition gegeben, sagt der russische Zentralasien-Experte Arkadij Dubnow. DW-WORLD.DE sprach mit ihm über den Umsturz.

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Portrait von Arkadij Dubnow (Foto: DW)
Arkadij Dubnow: Das Umfeld des Präsidenten spielte eine wichtige RolleBild: Mikhail Bushuev

DW-WORLD.DE: Herr Dubnow, was sind die Gründe für die Entwicklung in Kirgisistan, mit der viele Beobachter nicht gerechnet hatten?

Arkadij Dubnow: Es hat in dem Moment begonnen, als die Chancen für einen normalen und zivilisierten Dialog zwischen der Regierung und der Opposition verloren gegangen waren. Das war der Fall, nachdem faktisch nur noch eine Oppositionspartei, die Sozialdemokraten, (Anmerkung der Redaktion: nach den Parlamentswahlen Ende 2007, nach denen die Opposition der Staatsmacht Fälschungen vorgeworfen hatte) in das Parlament einziehen konnte.

OSZE-Mission berichtet vor ider Presse nach der Parlamentswahl 2007 in Kirgisistan (Foto: dpa)
Die OSZE bezeichnete die Parlamentswahl 2007 als Rückschlag für die DemokratieBild: picture-alliance/ dpa

Damals verlor die Opposition weitgehend die Möglichkeit, von der Staatsmacht gehört zu werden und auf Entscheidungen der Regierung Einfluss zu nehmen. Die Opposition, die im Parlament vertreten war, erhielt nicht einmal Posten in Ausschüssen. Das hat dazu geführt, dass die Oppositionellen auf die Straße gedrängt wurden.

Welche Rolle hat das Machtssystem gespielt, das Präsident Kurmanbek Bakijew aufgebaut hatte?

Sein unmittelbares Umfeld hat eine viel größere Rolle gespielt als Präsident Bakijew selbst. Sein jüngster Sohn Maksim hat mit seinen Brüdern faktisch die Geheimdienste und andere Stellen kontrolliert. Eine sehr große Rolle hat auch das Präsidentensekretariat gespielt. Es wurde eine neue Machtvertikale mit Strukturen errichtet, die für die kirgisischen Realitäten unüblich sind. Damit meine ich die Zentralstelle für Entwicklungshilfe, Investitionen und Innovation unter Leitung von Maksim Bakijew. An sie wurden Regierungsvollmachten übertragen.

Plakat mit Portrait von Kurmanbek Bakijew zur Wahl 2009 (Foto: DW)
Mitte 2009 ließ sich Bakijew mit einer Präsidentschaftswahl im Amt bestätigenBild: DW

Damit wurde deutlich, dass Kurmanbek Bakijew die Staatsmacht an seinen Sohn vererben wollte. Auch das sorgte für Protestpotential auf der Straße, bei der Opposition und bei denjenigen, die nach der Absetzung des ehemaligen Präsidenten Askar Akajew auf eine zivilisierte Entwicklung gehofft hatten.

Die Zentralstelle wurde in eine neue Verwaltungsstruktur des Staates eingefügt, was mit der Verfassung absolut unvereinbar war. Dann wurde die Verfassung einfach rückwirkend geändert, was die Situation im Land nicht verbessert hat. Diese Entscheidungen fielen alle hinter verschlossenen Türen - es gab keine öffentlichen, demokratischen Diskussionen.

Welche außenpolitischen Faktoren haben sich auf die zunehmenden sozialen Spannungen in Kirgisistan ausgewirkt?

Zum Beispiel hat Kirgisistan die USA um Hilfe beim Aufbau eines Anti-Terror-Zentrums im Land gebeten. Das steht im Widerspruch zu den Plänen Moskaus, im Süden des Landes eine ähnliche Einrichtung zu eröffnen. Kirgisistan wartete vergeblich auf umfassende Kredite, die Moskau versprochen hatte. Der Staatshaushalt hat überall Risse, und die Staatsmacht ist nicht in der Lage, alle Versprechen zu erfüllen, die im letzten Jahr gemacht wurden.

Das Gespräch führte Vitali Volkov / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Julia Kuckelkorn

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