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Orban: EU-Sanktionen gegen Polen verhindern

8. Januar 2016

Ungarns nationalkonservativer Ministerpräsident profiliert sich weiter als Anführer der Osteuropäer gegen die EU-Kommission: Orban stellt sich demonstrativ an die Seite Polens.

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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (foto: imago)
Bild: imago

Die neue rechtskonservative Regierung in Warschau hat Gesetze durchgepeitscht, um Justiz und Medien stärker zu kontrollieren und ihren Wertvorstellungen zu unterwerfen. Die EU-Kommission stellt die Rechtsstaatlichkeit in Frage und schließt spätere Strafmaßnahmen nicht aus. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kündigte jetzt an, jede Art von möglichen EU-Sanktionen gegen Polen zu blockieren.

"Ungarn würde niemals Sanktionen gegen Polen unterstützen", sagte Orban in seiner wöchentlichen Radioansprache. "Ich rufe zu mehr Respekt für die Polen auf, weil sie dies verdienen." Die Europäische Union solle erst gar nicht darüber nachdenken, denn Ungarn werde Maßnahmen gegen Warschau mit seinem Veto verhindern.

Die polnischen Restriktionen scheinen sich am Beispiel Ungarns zu orientieren, wo seit dem Amtsantritt von Orbans nationalkonservativer Fidesz-Partei im Jahr 2010 Reformen verabschiedet wurden, die von Kritikern als Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz und die Freiheit der Medien gewertet wurden. Am Mittwoch hatte sich Orban mit dem einflussreichen Vorsitzenden von Polens regierender Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski getroffen. Laut polnischen Medien ging es dabei auch um die Position gegenüber der EU-Spitze.

Die EU-Kommission will sich am kommenden Mittwoch mit der Lage des Rechtsstaats in Polen befassen. Die Debatte ist die Vorstufe zu einem Verfahren, das der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit durch die Mitgliedstaaten dient. Im Vordergrund steht dabei zunächst der Dialog mit dem betroffenen Land. Bleibt dieser ohne Ergebnis, können Sanktionen bis zum Stimmrechtsentzug verhängt werden. Jedoch kann eine Verletzung der europäischen Werte nur von allen EU-Staaten gemeinsam festgestellt werden.

Polen antwortete inzwischen auf einen Brief der EU-Kommission zu dem umstrittenen Mediengesetz. Das Schreiben der polnischen Regierung sei am Donnerstagabend in Brüssel eingegangen und werden nun ausgewertet, sagte ein Sprecher am Freitag.

Ungarisch-serbische Grenze in Röszke (foto: DW)
Ungarns Regierung möchte noch mehr Grenzzäune in Europa gegen die FlüchtlingeBild: Nemanja Rujević/DW

Eine Antwort auf ein ähnliches Schreiben zu den rechtlichen Änderungen beim Verfassungsgericht erhielt die Kommission demnach nicht. Hier habe die polnische Regierung an die Venedig-Kommission des Europarats geschrieben, sagte der Sprecher. Die EU-Kommission sei lediglich informiert worden. Die offiziell "Europäische Kommission für Demokratie durch Recht" genannte Europaratseinrichtung berät Mitgliedstaaten in verfassungsrechtlichen Fragen. Polen hat ihr das Gesetz zum Verfassungsrecht zur Prüfung zugeleitet.

Ungarn und Polen stehen auch ganz vorn in der osteuropäischen Ablehnungsfront gegen die Flüchtlingspolitik der EU und etwa der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Orban forderte jetzt, den Flüchtlingszustrom nach Europa an der Nordgrenze Griechenlands zu stoppen. Dazu müsse die EU eine neue Grenze errichten, wörtlich: "die nächste Verteidigungslinie". Die Vereinbarungen mit der Türkei würden kaum ausreichen, so der ungarische Regierungschef.

SC/sti (afp, rtr, dpae)