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Orientierung in Belgrad und Pristina

10. April 2008

Eine Bundestagsdelegation hat kürzlich Serbien und Kosovo besucht. Die Parlamentarier wollten erfahren, wie die Lage in der Region nach der Kosovo-Unabhängigkeitserklärung und vor den Parlamentswahlen in Serbien ist.

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Ortstermin für BundestagsabgeordneteBild: Bilderbox

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer kehrte aus Belgrad mit der Überzeugung zurück, „dass wir die Probleme auf dem westlichen Balkan langfristig nur im Rahmen von europäischen Lösungen finden werden.“ Das heißt, auch Serbien muss eines Tages Mitglied der EU werden, auch wenn die Stimmung in Serbien derzeit gegenläufig ist.

Wer braucht wen?

Ramsauer glaubt aber, dass die Serben eine falsche Vorstellung darüber haben, wer wen braucht. „Mir ist manchmal gesagt worden, ‚nehmt uns ohne jegliche Bedingung auf, denn wir Serben brauchen Europa nicht, sondern Ihr braucht uns’. Ich habe natürlich zu verstehen gegeben, dass ich hier eine andere Auffassung habe: Die Serben brauchen Europa. Umgekehrt können wir uns lange Zeit lassen’“, so Ramsauer.

Heikle Lage im Nord-Kosovo

Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei konstatierte nach dem Besuch in Pristina: „Man hat jeden Triumph in der Freude über dieses herbeigesehnte Ereignis der Unabhängigkeit vermieden“. Insofern sei aber die Lage im Norden des Kosovo, wo mehrheitlich Serben leben, umso besorgniserregender, gerade im Vorfeld des Beginns der Mission der EU-Polizei (EULEX). Nachtwei stellt die Frage: „Wie kann EULEX überhaupt in Nord-Kosovo tätig werden? Die Signale von serbischer Seite sind bisher sehr deutlich. Ihre Einschätzung: illegal. Zur Zeit nicht in Sicht, wie die EULEX ihre Aufgabe im Norden ausüben könnte.“ Dabei wäre gerade die EULEX-Mission ein Garant für Frieden, Stabilität und Hilfe bei der Entwicklung des Landes.

Schwierige Debatte über Teilung

Ein Gesprächsthema der deutschen Parlamentarier mit ihren Gastgebern in Belgrad und Kosovo war eine mögliche Teilung des Kosovo, die immer wieder ins Spiel gebracht wird. „Es ist schwer für uns gewesen; zu erfahren, wer nun wirklich ein Interesse daran hat, den Kosovo zu teilen. Vielleicht gibt es auch zum Teil „nur“ das Interesse, den Unabhängigkeitsprozess zu stören, zu blockieren?“, sagt Nachtwei. Er habe nicht den Eindruck gewonnen, dass ein solcher Schritt im Interesse der serbischen Bevölkerung sei. Denn wenn man tatsächlich teilen würde, was geschähe dann mit den Kosovo-Serben, die außerhalb der Enklaven sind? Wäre man bereit, sie alle aufzunehmen? meinte Nachtwei weiter.

Einen Fortschritt in Richtung eines langfristigen politischen und wirtschaftlichen Aufschwungs aller Ethnien im Kosovo könne nur die EU-Mission bringen, meint der Grünen-Politiker: „Wenn zumindest dabei der serbischen Bevölkerung und den serbischen Akteuren in Nord-Kosovo bedeutet würde, nehmt es hin, toleriert es, dann wäre schon viel gewonnen.“

Goran Goic