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Ostalgisch kulinarisch

Tanja Blut25. Juni 2002

Wir befinden uns im Jahre 12 nach der Wiedervereinigung. Der Osten ist passé. Der ganze Osten? Nein, ein kleines Lokal in Berlin-Weißensee ist aus den Ruinen wieder auferstanden.

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Essen und Trinken unter Hammer und Zirkel

In der "Osseria" gibt es Speisen, wie der Ossi sie seit Jahren nicht gesehen hat. Jägerschnitzel steht auf der Speisekarte. Doch der Wessi, der sich ahnungslos dieses Gericht bestellt, wird überrascht sein. Erwartet ihn doch nicht - wie im Westen - ein ordentliches Schweineschnitzel, sondern panierte Jagdwurst mit Nudeln und Tomatensauce. Und all das gibt es in der Osseria. Der Name "Osseria" ist ein Mischmasch aus dem italienischem Wort "Osteria", was heißt Wirtshaus, und Ossi, was heißt Ostdeutscher, und trifft somit den Nagel auf den Kopf. Die "Osseria" liegt in Berlin-Weißensee und bietet an, was der Name verspricht: kulinarische Köstlichkeiten aus dem Osten Deutschlands.

Soljanka und Letscho

Damit das Essen besonders echt gelingt, hat Andrea Ansmann, Chefin des Hauses und waschechte Ost-Deutsche, zwei ostdeutsche Köche in ihrer Küche verpflichtet. Einer davon kochte früher sogar im Roten Rathaus in Berlin und weiß genau, was landestypische Küche bedeutet. Andrea Ansmann: "Die Gerichte haben wir so ausgesucht, dass wir überlegt haben, was gab es früher, was gibt es jetzt nicht mehr, was hat man gerne gegessen zu Ostzeiten. Das wäre zum Beispiel Soljanka, die ist bei uns hausgemacht."

Die Soljanka eine russische Restesuppe mit Wurstresten, Fleisch und dem Paprikamix Letscho, letzteres ebenfalls eine Spezialität in der Osseria. Beides wurde früher gern gekocht, "weil's damals immer so eine Art Essen war, was unheimlich schnell ging. Und was auch immer da war. Also in der DDR gab es unheimlich viel Fleisch. Gemüse gab's ja immer nur, wenn Saison war."

Nostalgie - auch zum Mitsingen

Die junge Wirtin bietet ihren Gästen Erinnerungen an 40 Jahre DDR. Deshalb ist das Restaurant mit Relikten aus Ostzeiten ausstaffiert: an der Wand hängen Photos vom Trabant und ein Stadtplan Berlins, wo nur der Osten farbig ist und der Westen schwarz-weiß. Den ostdeutschen Stern-Kassettenrecorder hat sie vom Speicher der Mutter, DDR-Briefmarken, -Geldscheine und sogar - Orden von Verwandten. Und immer mehr kommt dazu. Auch die Gäste bringen inzwischen schon alte Ost-Konservendosen und Seifenschachteln mit.

Die Gäste sind begeistert und wenn dann die Kneipe mal so richtig voll ist, ist Andrea Ansmann nicht zu halten: "Wenn es mal hoch hergeht, werfe ich mal die FDJ-CD ein oder die Pionierlieder-CD und das ist dann was zum Mitsingen, da erkennst du dann den richtigen Ossi, weil der singt dann nämlich bei diesen Liedern mit."