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Als ein Land ertrank

1. Februar 2011

Sechs Monate sind seit den verheerenden Fluten in Pakistan vergangen. Ein Gebiet halb so groß wie Deutschland wurde im Sommer 2010 überschwemmt. Heute droht die Katastrophe nach der Katastrophe.

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Eine pakistanische Familie versucht, einen Fluß zu überqueren. (Foto: ap)
Eine pakistanische Familie versucht, einen Fluß zu überquerenBild: AP

Ende Juli 2010 öffnete der Himmel seine Schleusen - und der Regen hörte nicht mehr auf. Ein ungewöhnlich heftiger Monsun hatte im Nordwesten Pakistans eingesetzt. Ganze Landstriche standen unter Wasser. Die Wassermassen drangen immer weiter Richtung Süden vor, überschwemmten auf ihrem Weg zum Meer Felder und Dörfer. Das gesamte Hochwasser bedeckte eine Fläche halb so groß wie Deutschland. Thomas Schwarz, Sprecher von CARE Deutschland, und schlug schon früh nach der Katastrophe Alarm. "Wir brauchen in Pakistan Essen und wir brauchen sauberes Wasser." Er habe dort eine unglaubliche Katastrophe gesehen, die jede Vorstellungskraft sprengt. Er sei kranken Kindern auf feuchten Lehmböden begegnet und Menschen, die in ihrer Not bei 40 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit das stehende, bakterien- und virenverseuchte Wasser trinken würden und deshalb an Durchfall und anderen Krankheiten litten.

"Eine Schlammwüste"

Es waren die schwersten Überschwemmungen in der Region seit fast 100 Jahren. Über 1700 Menschen kamen ums Leben, rund 20 Millionen waren direkt vom Hochwasser betroffen. Millionen Häuser wurden zerstört, Millionen Hektar Ackerland vernichtet. Insbesondere die Infrastruktur traf es schwer. In manchen Gebieten stand das Wasser über fünf Meter hoch, so dass viele Bewohner auf den Dächern ihrer Häuser ausharrten, bis Hilfe eintraf. ARD-Korrespondent Jürgen Webermann war während der Überschwemmungen in Pakistan unterwegs. "Was wir dort über weite Flächen gesehen haben, war eine Schlammwüste. Der Fluss Indus hat sich dort auf Flächen ergossen, die bis zu zwölf Kilometer über das Ufer hinausgehen, und dort wo das Wasser weg ist, dort steht jetzt ein, zwei Meter hoch der Schlamm."


Junge Flutopfer hängen an einem Fahrzeug. (Foto: ap)
Die Überschwemmungen machten vor niemanden haltBild: AP

Die Menschen in Pakistan warteten auf Hilfe, hofften auf zahlreiche Spenden - doch die Spendenbereitschaft der Deutschen blieb schwach. Zu viele hatten Sorge, dass ihre Gelder den Taliban, die das Land unterwandern, in die Hände fallen könnten. Außerdem war die Zahl der Toten - so schlimm es klingen mag - im Vergleich zu den Betroffenen noch relativ gering. Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Hilfsorganisation Deutsche Welthungerhilfe, appellierte deshalb auch an die deutschen Spender. "Ich bitte Sie zu spenden, zu sehen, daß das eine verheerende Katastrophe ist und daß die Menschen Hilfe brauchen, auch wenn Pakistan ein schwieriges Land ist!"

Lebensmittel verteuern sich um 500 Prozent

Als immer mehr Bilder von den leidenden Menschen aus Pakistan nach Deutschland übertragen wurden, öffneten auch hier die Menschen schließlich ihren Geldbeutel. Die Hilfsgüter jedoch kamen durch die zerstörte Infrastruktur nur langsam oder oft gar nicht ans Ziel. Die Preise für Lebensmittel stiegen um das Fünffache. Besonders Kinder leiden an den Folgen der Flut. Hunderttausende sind nach Angaben der Vereinten Nationen mangelernährt. Viele Kinder seien bereits vor der Naturkatastrophe unterernährt gewesen. Eine systematische Untersuchung vom UN-Kinderhilfswerk UNICEF habe nun gezeigt, dass sich die Situation weiter verschlechtert hat.

Flutopfer betteln um Lebensmittel. (Foto: ap)
Flutopfer betteln um LebensmittelBild: AP

Die größte Herausforderung steht der Bevölkerung in Pakistan jedoch noch bevor. Gemeinsam müsse verhindert werden, dass es zu einer Katastrophe nach der Katastrophe kommt. Nach der Flut brach die Cholera aus, auch Fälle von Dengue-Fieber wurden gemeldet. Die Lage ist für viele Flutopfer weiter dramatisch. Hunderttausende Menschen sind bis heute obdachlos oder leben in Notunterkünften. Im südlichen Bundesstaat Sindh steht das Hochwasser noch immer. Im fruchtbaren Süden des Landes sei ein Großteil der Ernte zerstört und auch die kommende Ernte in Gefahr. Neben dem Wiederaufbau von Wohnraum und Infrastruktur gehört die langfristige Ernährungssicherung der Landbevölkerung zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Thomas Latschan

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