1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zwei Jahre nach dem Tod Bin Ladens

Shamil Shams3. Mai 2013

Die Tötung Osama Bin Ladens durch US-Spezialkräfte vor zwei Jahren hat Pakistans Militär gedemütigt. Seine zwiespältige Haltung gegenüber Extremisten hat das Land aber nicht aufgegeben, sagen Beobachter.

https://p.dw.com/p/18PTV
Anti-amerikanische Proteste im Mai 2012 und Pro Bin Laden in Quetta (Foto: AP)
Bild: AP

Der Westen zweifelt schon länger an der Ernsthaftigkeit Pakistans im Kampf gegen die Taliban und das Terrornetzwerk Al-Kaida. Immer wieder wurde dem militärischen Geheimdienst ISI vorgeworfen, er stehe hinter den militanten Islamisten. Das Misstrauen verstärkte sich noch, als Osama bin Laden am 2. Mai 2011 in der nordpakistanischen Garnisonsstadt Abbottabad von einem US-Spezialkommando aufgespürt und getötet wurde.

Denn nach der Kommandoaktion fragten sich westliche Politiker und Experten, wie es dem meistgesuchten Terroristen gelingen konnte, fünf Jahre lang unentdeckt in Pakistan zu leben - trotz der Allgegenwart von Militär und Geheimdienst.

Stützpunkte für afghanische Taliban

Für Matt Waldman, der an der Harvard Universität über den Afghanistan-Konflikt forscht, deutet vieles darauf hin, dass der ISI seine Politik auch nach dem Tod Bin Ladens nicht grundlegend geändert hat: "Die afghanischen Taliban sind in gewissem Sinne noch stärker geworden, als sie vor der Verstärkung der US-Truppen 2009 waren. Die Anzahl der Anschläge auf afghanische und NATO-Truppen war 2012 doppelt so hoch wie 2008", sagte Waldmann der Deutschen Welle. Die Extremisten seien deswegen dazu in der Lage, weil sie auf ein umfangreiches Netzwerk von Stützpunkten in Pakistan zurückgreifen könnten. "Diese Stützpunkte dienen ihnen zur Vorbereitung von Anschlägen, zur Ausbildung und Rekrutierung von Nachwuchs, sowie für logistische Zwecke."

Polizisten vor dem teilweise abgerissenen Wohnhaus von Bin Laden (Foto: Reuters)
Mahnmal unerwünscht: Bin Ladens Wohnhaus in Abbottabad wurde ein Jahr nach der US-Kommandoaktion abgerissenBild: Reuters
Präsenz der Taliban im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet (Infografik: DW)

Südasien-Experte Emrys Schoemaker von der London School of Economics teilt diese Einschätzung: "Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass Teile des pakistanischen Militärs die Taliban weiterhin unterstützen. Insofern hat der Westen guten Grund für sein Misstrauen." Schoemaker weist aber darauf hin, dass die pakistanische Führung keine einheitliche Position gegenüber den Taliban hat, sondern dass es dort konkurrierende Interessen gibt. So gebe es auch solche, die die Taliban nicht unterstützen wollen.

Furcht vor Indiens Einfluss

Matt Waldmann von der Harvard-Universität sieht dagegen Pakistans Haltung als Ganzes bestimmt von den regionalen Machtverhältnissen. Solange die sich nicht änderten, werde sich auch an Pakistans Unterstützung der Taliban nichts ändern. Konkret: Pakistan fühle sich durch den wachsenden Einfluss Indiens in Afghanistan bedroht. So sieht es auch der Politologe Siegfried O. Wolf von der Universität Heidelberg: "Teile der pakistanischen Armee betrachteten die Taliban als strategisches Mittel, um der indischen Präsenz in Afghanistan etwas entgegenzusetzen." Wolf erkennt aber auch Zeichen für eine konstruktiveres Verhältnis zwischen beiden Ländern. Pakistan habe sich in jüngster Zeit um Entspannung mit Afghanistan bemüht, es gebe auch Ansätze für eine Kooperation zwischen den Sicherheitskräften.

Pakistanische Kontrollen an der Grenze zu Afghanistan (Foto: dpa)
Gelegentliche Kontrollen an der pakistanisch-afghanischen Grenze können Aufständische nicht schwächenBild: picture-alliance / dpa

Fatale Isolierung Pakistans

Einig sind sich die Experten in der Einschätzung, dass der Versuch der USA und Afghanistans, mit den Taliban ohne Beteiligung Pakistans in Verhandlungen einzusteigen, in Islamabad bitter aufstößt. "Washington und Kabul wollen die Taliban in die Planung für die Zeit nach dem NATO-Abzug einbeziehen. Medienberichten zufolge haben sie schon mit Teilen der Taliban geheime Gespräche geführt, aber sie wollen Pakistan von den Gesprächen ausschließen", berichtet Naeem Ahmed, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Karatschi. Seiner Meinung nach, so Ahmed gegenüber der Deutschen Welle, sei das "die größte Hürde für die amerikanisch-pakistanischen Beziehungen und der Hauptgrund dafür, dass Pakistan an seiner Afghanistan-Politik festhält".

In Pakistan herrscht unter Kennern der Region die Einschätzung vor, dass keine Regierung in Kabul ohne Unterstützung Islamabads funktionieren kann. Der pakistanische Journalist Nasir Tufail bringt es auf den Punkt: "Wie wir in der Vergangenheit gesehen haben, kann Pakistan Aufständische in Afghanistan unterstützen, wenn seine Interessen nicht erfüllt werden. Das bedeutet nichts Gutes für Afghanistan."