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Börsen Absturz

8. August 2011

Die Talfahrt an den Weltbörsen hat sich auch zu Beginn der neuen Woche fortgesetzt. Nach der Herabstufung der USA herrscht große Nervosität. Dennoch ist Panik nicht angebracht, meint Henrik Böhme.

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Die Schlagzeilen können gar nicht dramatisch genug sein in diesen Tagen: Mindestens das Wort Panik muss darin vorkommen, auch der Crash darf nicht fehlen genau wie die Weltwirtschaftskrise. Andere fragen gleich, ob der Bankrott der ganzen Welt bevorstünde. Es ist die Stunde der Untergangspropheten. Die Krise ist wieder da, ist überall zu hören. Falsch: Die Krise, sie war niemals weg. Wir haben sie nur verdrängt.

Zurück zur Realität

Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion (Bild: DW)
Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Was derzeit an den Börsen der Welt passiert, ist kein Crash. Ja, es sind ein paar Billionen Dollar, die in den letzten Tagen an Werten vernichtet wurden. Aber das ist kein Grund zur Panik. Denn es passiert eigentlich etwas ganz Normales: Die Märkte passen sich der Realität an. Sie realisieren nach den Kursübertreibungen der vergangenen Monate, dass der Boom, auf den sie gesetzt haben, gar kein wirklicher Boom ist. Er ist erkauft mit einem gigantischen Berg aus geliehenem Geld: Die Welt-Verschuldung beträgt mittlerweile unvorstellbare 95 Billionen US-Dollar. Innerhalb von zwei Jahrzehnten hat sich der Weltschuldenberg vervierfacht. Dennoch liefert allein der Kurssturz der letzten Tage keine Hinweise auf eine neue globale Krise.

Warnschuss für die USA

Die Abstufung der US-Kreditwürdigkeit ist alles andere als eine Überraschung. Das war mit Ansage. Noch immer sind die USA die größte Volkswirtschaft der Welt. Doch die jüngste Krise hat die Nummer eins nicht wirklich überwunden. Die Konjunktur tritt auf der Stelle, einzig der Schuldenberg wächst immer weiter. Und zwar in einem so beängstigenden Ausmaß, dass auch der größte Gläubiger der USA, nämlich China, langsam die Geduld verliert. Man muss kein Verehrer von Standard & Poor´s sein: Aber es bleibt zu hoffen, dass Amerika diesen Warnschuss verstanden hat und endlich einschwenkt auf einen Kurs nachhaltigeren Wirtschaftens. Das größte Problem dabei ist nicht die Wirtschaft, sondern es sind die heillos zerstrittenen politischen Lager in Washington. Aber es gibt in der Tat größere Risiken, als sein Geld in US-Staatsanleihen zu stecken.

Schwellenländer in der Zange

Wenn man nur auf Deutschland schaut, dann verzerrt sich das Bild in der Tat. Die Wirtschaft brummt, die Auftragsbücher der Industriefirmen sind randvoll. Für die Weltkonjunktur sieht die Zukunft eben nicht so rosig aus. Die aufstrebenden Volkswirtschaften leiden zum einen unter den zu starken Geldzuflüssen in ihre Märkte. Das macht die einheimischen Währungen zu stark, verteuert die Exporte und wirkt als Wachstumsbremse. China zum anderen wächst zwar weiter kräftig, bekommt aber seine Inflation nicht in den Griff. Und es sind gigantische Überkapazitäten aufgebaut, die man zwar momentan noch für den Aufbau der Infrastruktur braucht. Aber wenn diese Blase platzt, sollte man genügend Abstand vom Epizentrum haben. Das wird dann auch in Deutschland zu spüren sein.

Mut zum Schnitt

Und dann Europa. Nein, schön ist das alles nicht, was da an Begriffen durch die Gegend schwirrt: Rettungsschirme, Rettungsfonds, Rettung überall. Jetzt rächt es sich, Länder wie Griechenland und Portugal gegen allen wirtschaftlichen Sachverstand in den Euro-Club aufgenommen zu haben. Länder, die weit davon entfernt sind, entwickelte Industrienationen zu sein. Sie sind im Gefüge der Weltwirtschaft so unwichtig, dass es vergleichsweise wenig Schaden anrichten würde, wenn sie Insolvenz anmelden würden. Ein Staatsbankrott ist nicht das Ende aller Tage, wohl aber eine gute Chance für einen Neuanfang.

Was aber soll Otto Normalanleger jetzt tun? In diesen Verkaufs-Wahnsinn mit einsteigen? Zu spät. Wie immer ist es der falsche Zeitpunkt. Nein, jetzt heißt es: Kragen hoch, Augen zu und durch. Es wird sicher noch ein paar Tage, vielleicht auch Wochen turbulent bleiben. Doch dieser Sturm wird vorüber ziehen. Es wird allerdings spannend sein zu sehen, wie die Welt danach aussieht.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Thomas Latschan