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Papandreou angeblich vor dem Rücktritt

15. Juni 2011

Während die EU Wege sucht, um eine griechische Staatspleite zu verhindern, wehren sich die Bürger dort massiv gegen den Sparkurs. Bei einem Generalstreik gab es Ausschreitungen. Angeblich will der Premier zurücktreten.

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Demonstranten stehen vor einer Polizeibarriere (Foto: dapd)
Die Polizei hielt die Demonstranten vom Parlament fernBild: dapd

Nach Informationen aus Regierungskreisen hat der griechische Ministerpräsident Giorgos Papanderou am Mittwoch (15.06.11) der Opposition seinen Rücktritt angeboten. Wie das griechische Staatsfernsehen weiter berichtet, will Papandreou mit diesem Schritt die Bildung einer möglichen Einheitsregierung vereinfachen. Im Gegenzug sei Papandreou bereit, auf sein Amt zu verzichten, hieß es weiter.

Ministerpräsident Giorgos Papandreou (Foto: EPA)
Der griechische Regierungschef PapandreouBild: picture-alliance/dpa

Die Lage in Athen hatte sich am Mittwoch dramatisch zugespitzt. Am Rande der Massendemonstrationen gegen den Sparkurs der sozialistischen Regierung gab es Krawalle und Ausschreitungen. Vor diesem Hintergrund will Papandreou offenbar den Schulterschluss mit der größten oppositionellen bürgerlichen Partei Nea Dimokratia üben.

Eine Menschenkette rund um das griechische Parlament - mit diesem symbolischen Protest hatten die griechischen Bürger zunächst gegen die erneuten Sparpläne ihrer Regierung protestiert. Doch dann musste die Polizei vor dem Parlament in Athen mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Randalierer vorgehen.

"Sparmaßnahmen werden uns nicht aus der Krise führen"

Demonstranten schreiben Protestparolen auf die Straße (Foto: dapd)
"Keine weiteren Einschnitte" forden die BürgerBild: dapd

Die Gruppe "Empörte Bürger" demonstriert seit mehr als 20 Tagen täglich vor dem Parlament und beschimpft die Politiker des Landes als "Diebe und Verräter", weil sie das Land an den finanziellen Abgrund geführt hätten. Die Demonstrationen sollen bis zum Tag der Abstimmung über das Sparprogramm im Parlament am 30. Juni andauern.

Auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament in Athen hatten sich vor Beginn der Beratungen der griechischen Parlamentarier Tausende Demonstranten versammelt. Sie machten ihrem Zorn in Sprechchören Luft und wollten den Abgeordneten den Zugang verwehren. "Ich bin wütend und angewidert", sagte die 45-jährige Staatsangestellte Maria Georgila. "Das sind sehr harte Maßnahmen und sie werden uns nicht aus der Krise führen. Ich glaube nicht, dass sie keine Alternative haben." Rund 1500 Polizisten sperrten einen Teil der Innenstadt ab und errichteten zwei Meter hohe Barrikaden vor dem Parlament.

Dritter Generalstreik

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (l.) mit seinem griechischen Amtskollegen George Papaconstantinou (Foto: dapd)
Beim Finanzministertreffen gab es keinen DurchbruchBild: dapd

Die griechischen Gewerkschaften haben zu dem 24-stündigen Generalstreik aufgerufen. Bereits am Mittwoch Morgen war das öffentliche Leben stark beeinträchtigt. Busse und Bahnen fuhren nicht, Krankenhäuser erhielten nur einen Notdienst aufrecht, Rundfunk- und Fernsehsendungen fielen aus. Der Schiffs- und Eisenbahnverkehr im ganzen Land war massiv gestört. Auch die Angestellten der Verwaltungen legten ihre Arbeit vorübergehend nieder. Der Flugverkehr war von dem Streik nicht betroffen. Die Fluglotsen hatten ihre Teilnahme an dem Streik abgesagt, denn die Tourismusbranche soll nicht direkt leiden.

Papandreou hat Mehrheitsprobleme

Die Regierung muss das Sparpaket über 28 Milliarden Euro für die Jahre 2012 bis 2015 noch in diesem Monat durch das Parlament bringen, um weitere Finanzhilfen der EU und des Internationalen Währungsfonds zu bekommen.

Um die geplanten Einsparungen zu erreichen, musste die Sozialistische Partei von Ministerpräsident Giorgos Papandreou ihr Versprechen brechen, die Steuern nicht weiter zu erhöhen. Auf starken Widerstand stößt auch die Privatisierung von Staatsbetrieben, die 50 Milliarden Euro einbringen soll. Ein Abgeordneter der Sozialisten hat schon angekündigt, gegen die Vorhaben zu stimmen, ein weiterer wird dies voraussichtlich tun. Die Mehrheit für Papandreou schrumpft damit auf vier Stimmen.

EU-Finanzminister streiten weiter

Da Griechenland trotz bereits gewährter Notkredite über 110 Milliarden Euro weiter tief in der Schuldenkrise steckt, wird inzwischen an einem zweiten internationalen Hilfsprogramm gearbeitet. Dieses soll bis Ende des Monats vereinbart sein und könnte der Regierung in Athen neues Geld verschaffen. Über die nächsten Schritte hatten am Dienstagabend die Finanzminister der Euro-Zone beraten. Über den Knackpunkt einer Einbindung privater Gläubiger in das zweite Rettungspaket für Athen konnten sich die Politiker aber nicht einigen. Die Gespräche sollen am Sonntag fortgesetzt werden.

EZB sieht weiteren Handlungsbedarf

Die Europäische Zentralbank (EZB) sperrt sich nach Angaben ihres Chefvolkswirts Jürgen Stark nicht grundsätzlich gegen eine Beteiligung privater Gläubiger an einer Rettungsaktion zugunsten Griechenlands. Die EZB sei nicht gegen eine Einbeziehung der Banken, diese müsse aber auf freiwilliger Basis geschehen, sagte Stark in einem Radiointerview. Einen Zahlungsausfall, auch einen teilweisen, gelte es dabei in jedem Fall zu vermeiden.

Athen werde weiteres Geld nur erhalten, wenn es die vereinbarten Sparanstrengungen umsetze, sagte das EZB-Direktoriumsmitglied. "Griechenland muss die Bedingungen für die nächste Tranche erfüllen." Für neue Finanzhilfen bestehe zudem "zusätzlicher Handlungsbedarf auf griechischer Seite".

Autoren: Marion Linnenbrink, Marko Langer (afp, dapd, dpa rtr)
Redaktion: Eleonore Uhlich