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Papandreou verkündet Einigung über Hilfspaket

2. Mai 2010

Das Abkommen über Finanzhilfen zur Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott steht: 60 Milliarden Euro pro Jahr brauche das Land, gab Ministerpräsident Giorgos Papandreou nun bekannt.

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Griechenlands Ministerpräsident George Papandreou (Foto: AP)
Schwere Zeiten für PapandreouBild: AP

Die griechische Regierung hat sich mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union auf ein Abkommen über milliardenschwere Finanzhilfen geeinigt. Das Abkommen verlangt laut Ministerpräsident Giorgos Papandreou "große Opfer" von den Griechen. "Es sind harte aber notwendige Opfer, ohne die Griechenland bankrott gehen würde", sagte Papandreou am Sonntagmorgen (02.05.2010). Die Verhinderung eines Staatsbankrotts sei für die Regierung das oberste Ziel gewesen. Die strikten Sparmaßnahmen beträfen Beamte und Pensionäre des öffentlichen Dienstes, verschonten aber den Privatsektor.

Griechenlands Ministerpräsident George Papandreou (dritte von rechts) mit weiteren Politikern und Experten des Wirtschaftskommitees (Foto: picture-alliance/dpa)
Rat suchen bei den ExpertenBild: picture-alliance/dpa

Das Land habe einen Finanzierungsbedarf von 60 Milliarden Euro pro Jahr, sagte der griechische Regierungschef weiter. Das liegt über den Erwartungen von Finanzexperten. Diese waren zuvor von einem Bedarf in Höhe von etwa 120 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren ausgegangen.

Sparen, sparen, sparen

Seit dem 21. April hatten Vertreter der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Griechenlands Regierung über die Bedingungen verhandelt, zu denen der südosteuropäische Staat vor dem Bankrott bewahrt werden soll.

Sparschwein mit griechischer Fahne und Euro Münze, Sparkurs für Griechenland (Foto: picture-alliance)
Bild: picture-alliance

Wie es heißt, soll Griechenland sein Defizit von derzeit 13,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2014 auf unter drei Prozent senken. Dazu seien bis 2012 Sparmaßnahmen in einem Volumen von 30 Milliarden Euro nötig, sagte der griechische Finanzminister Georgios Papakonstantinou am Sonntag. Die Verschuldung Griechenlands werde 2013 insgesamt 140 Prozent erreichen, ab 2014 werde sie zurückgehen. Geplant sei, die Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent anzuheben sowie die Abgaben auf Treibstoff und Alkohol um zehn Prozent erhöhen. Der Privatsektor bleibe von den Sparmaßnahmen verschont. Allerdings werde man die Arbeitsgesetze ändern. Auch Sonderzahlungen im staatlichen Sektor sollen drastisch gekürzt und die Beamtenpensionen gesenkt werden.

Noch mehr Beratungen

Giorgos Papakonstantinou, der griechische Finanzminister (Foto: AP)
Der Beratungsmarathon geht weiter: Georgios PapakonstantinouBild: AP

Am Sonntagnachmittag will Papakonstantinou nach Brüssel reisen, um den Sparplan seinen Kollegen der Eurogruppe zu präsentieren. Die Euro-Finanzminister wollen in Brüssel darüber beraten, ob das zwischen dem IWF, der EZB und der EU ausgehandelte Sparpaket den Anforderungen für Hilfen genügt. Nur nachdem sie zugestimmt haben, kann das Verfahren zur Rettung Griechenlands beginnen. Allein in diesem Jahr rechnen die Euro-Staaten mit Belastungen in Höhe von 30 Milliarden Euro, davon 8,4 Milliarden aus Deutschland. Zusätzlich bekommt das vom Staatsbankrott bedrohte Land 15 Milliarden Euro vom IWF.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso (Foto: AP)
Barroso will strengere Finanzkontrollen in der EUBild: AP

Griechenland hat nun nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Voraussetzung für Milliardenhilfe der anderen Euro-Staaten erfüllt, sagte er am Sonntag. Barroso hat als Reaktion auf die Krise in Griechenland Vorschläge seiner Behörde angekündigt, wie Staatspleiten verhindert werden können. "Wir müssen den Euro-Stabilitätspakt stärken, einen Mechanismus zum Krisenmanagement etablieren und die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten strenger überwachen", forderte er in einem Gespräch am Wochenende mit der Zeitung "Hamburger Abendblatt". Dabei gehe es nicht darum, Kompetenzen der Mitgliedstaaten auf die europäische Ebene zu übertragen. "Uns geht es um eine effektivere Wirtschaftspolitik", betonte er. "Dazu brauchen wir ein höheres Maß an Koordinierung und Steuerung."

Forderungen, Euro-Staaten mit unsolider Haushaltspolitik aus der Währungsunion auszuschließen, wies er zurück. "Die europäischen Verträge sehen diese Möglichkeit nicht vor, und wir sollten sie auch nicht ändern", sagte Barroso der Zeitung. "Das Problem bisher waren nicht die Regeln, sondern deren Einhaltung. Unser Ziel muss sein, dass alle Mitglieder der Eurozone sich an die Regeln halten. Das kann gelingen, ohne mit Ausschluss zu drohen."

Widerstand gegen die Sparmaßnahmen

Bei den Massenprotesten gegen das Sparprogramm der griechischen Regierung sind am Samstag neun Menschen verletzt worden. Vermummte Jugendliche bewarfen in Athen Polizisten mit Molotow-Cocktails und Steinen. An den von den Gewerkschaften organisierten Demonstrationen in mehreren Städten beteiligten sich Tausende. Allein in Athen gingen laut Polizei 17.000 Menschen auf die Straße. Die Gewerkschaften riefen für Mittwoch zu einem landesweiten Streik auf.

Proteste in Athen gegen das Sparprogramm (Foto: AP)
01. Mai in AthenBild: AP

Andere Demonstranten zogen in der Hauptstadt vor die Büros der EU und weiter zur US-Botschaft. Schwarz gekleidete Randalierer scherten aus dem Protestzug aus und setzten das Fahrzeug eines Fernsehsenders in Brand, warfen Schaufenster ein und errichteten Barrikaden aus brennenden Mülleimern. Der frühere Parlamentspräsident Apostolos Kaklamanis wurde inmitten einer Gruppe Fußgänger mit Plastikflaschen beworfen. Sieben Polizisten und zwei Demonstranten wurden verletzt, es gab mindestens neun Festnahmen. Auch in Saloniki kam es am Rande einer Demonstration von mehr als 5000 Menschen zu kleineren Ausschreitungen zwischen Anarchisten und Sicherheitskräften.

Mitgehangen, mitgefangen

Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle (Foto: AP)
Auch die deutsche Regierung sorgt sich um die griechische KriseBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy bekundeten bei einem Telefonat am Samstag ihre "Entschlossenheit", bei der Umsetzung der Griechenland-Hilfen "rasch zu handeln". In den kommenden Tagen würden Berlin und Paris zudem "Initiativen" für eine stärkere Überwachung der Haushaltsführung der Euro-Länder vorstellen, teilte der Elysée-Palast mit. Die Bundesregierung war wegen ihres zögerlichen Vorgehens bei den Griechenland-Hilfen international in die Kritik geraten.

Die deutsche Wirtschaft will sich offenbar an den Hilfen für den griechischen Staat beteiligen und einen Milliardenbetrag aufbringen. Merkel hatte sich zuvor ausdrücklich dafür ausgesprochen und die freiwillige Beteiligung begrüßt, wie die Zeitung "Bild am Sonntag" gemeldet hat.

Autor: Nicole Scherschun (dpa, afp, rtr, ap)
Redaktion: Martin Schrader

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