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Parlament im Wartemodus

Sabine Kinkartz / Marcel Fürstenau28. November 2013

Im September ist ein neuer Bundestag gewählt worden. Der tagt nun zum dritten Mal. Von einer geregelten Parlamentsarbeit kann jedoch noch keine Rede sein. Für den Übergang wurde erstmals ein Hauptausschuss eingesetzt.

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Blick auf den Reichstag (Foto: afp)
Bild: AFP/Getty Images

Warten auf die neue Bundesregierung

Es klang nicht anders als üblich, als Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) pünktlich um zehn Uhr die Abgeordneten begrüßte und die Bundestags-Sitzung eröffnete. Dennoch findet an diesem Donnerstag keine reguläre, sondern eine eintägige Sondersitzung statt. Die regulären Sitzungswochen des Bundestags mit jeweils drei Debattentagen sind erst wieder im Januar angesetzt. Und das auch nur, wenn Deutschland bis dahin eine neue Regierung hat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Minister sind nur noch "geschäftsführend amtierend". Eine neue Bundesregierung wird aber frühestens am 17. Dezember ernannt und das auch nur, wenn der frisch vereinbarte Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD bis dahin von der SPD-Basis in einem Mitgliedervotum angenommen worden ist.

Warten auf die neue Bundesregierung

Abgeordnete in Stand-by

Bis es so weit ist, kommt das Parlament nur eingeschränkt oder gar nicht seinen wichtigsten Aufgaben nach: die Regierung zu kontrollieren und Gesetze zu verabschieden. Theoretisch wäre das zwar möglich, aber praktisch passiert kaum etwas. Denn noch kann keine Seite mit absoluter Sicherheit wissen, welche Rolle sie künftig einnehmen wird und welche inhaltlichen Kompromisse sie bei Abstimmungen dann eventuell eingehen muss.

Für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sind jenseits von Plenarsitzungen vor allem die zahlreichen Ausschüsse wichtig. In ihnen sitzen die Fachleute der Fraktionen zu so unterschiedlichen Fragen wie Finanzen, Gesundheit oder Bildung. Was die Abgeordneten in den Ausschüssen erarbeiten, bildet in der Regel die Grundlage für Gesetzesvorhaben. Die Experten geben, je nach Fraktionszugehörigkeit, Empfehlungen zum Abstimmungsverhalten ihrer Kollegen.

Eine Notlösung namens "Hauptausschuss"

Um unter den gegebenen Umständen ein Minimum an Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten, wurde an diesem Donnerstag auf Antrag von CDU/CSU und SPD ein sogenannter Hauptausschuss gebildet. Dem Ausschuss sollen je 47 ordentliche und stellvertretende Mitglieder angehören, davon 23 aus der CDU/CSU-Fraktion, 14 aus der SPD-Fraktion und je fünf Mitglieder der Linken und der Grünen. Aufgabe des Hauptausschusses soll vor allem sein, sich mit termingebundenen Themen zu befassen und die dafür benötigten Anträge zu formulieren. Dazu gehören beispielsweise anstehende Mandatsverlängerungen für Auslandseinsätze der Bundeswehr, die bis Ende des Jahres befristet sind.

Dass anstelle der Fachausschüsse vorübergehend ein für alle Fragen zuständiger Hauptausschuss unter der Leitung des Bundestagspräsidenten die ganze Parlamentsarbeit erledigen soll, begründete der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, mit dem Fehlen einer neuen Regierung. "Jeder weiß doch, dass die Bildung der Ausschüsse abhängig vom Zuschnitt der Ministerien und der personellen Ausstattung der Bundesregierung ist", sagte der CDU-Politiker im Bundestag. Den Ressortzuschnitt und die Namen der künftigen Minister wollen Union und SPD erst nach einem erfolgreichen Mitgliedervotum der SPD bekannt geben.

Ohnmächtige Opposition

Der Opposition reicht das nicht aus. Gemäß dem Grundgesetz sind einige Ausschüsse dauerhaft verpflichtend vorgesehen. Dazu zählen die für Verteidigung, Auswärtiges und EU-Angelegenheiten. Die Linke hatte bereits die Einrichtung dieser Ausschüsse erfolglos gefordert. An diesem Donnerstag beantragten die Grünen sogar die rasche Einsetzung aller 22 Fachausschüsse. "Es muss doch auch der CDU/CSU und der SPD ein Anliegen sein, dass wir als Parlament endlich unsere Arbeit aufnehmen", appellierte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann und die neuen Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen, Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt (l-r) stehen in Berlin nebeneinander (Foto: dpa)
Wollen loslegen: Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann und die neuen Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen, Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt (v.l.)Bild: picture-alliance/dpa

Union und SPD würden sich an keine Zeitpläne halten. "Wir haben gestern erfahren, dass die Ressortzuschnitte erst nach dem SPD-Mitgliederentscheid kommen sollen, wir sind also weiter im Wartemodus und das ist falsch für das gesamte Parlament." Keiner könne sagen, wann die Regierungsbildung abgeschlossen sein werde, so Haßelmann.

Der Antrag der Grünen fand jedoch keine Mehrheit. Die zukünftigen schwarz-roten Koalitionspartner stimmten dagegen. Der Hauptausschuss ermögliche allen Fraktionen die effiziente Mitarbeit und die Gesetzesvorbereitung, argumentierte der CDU-Politiker Grosse-Bröhmer. Der SPD-Abgeordnete Thomas Oppermann ergänzte: "Wenn wir jetzt für eine Übergangszeit 22 Ausschüsse mit 683 Mitgliedern bilden müssten, wäre das aus meiner Sicht ein unverhältnismäßiger Aufwand, denn wir müssten das ja in zwei Wochen wieder komplett neu organisieren."