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NATO-Russland

18. November 2010

Nach Jahrzehnten des Misstrauens verbessert sich das Verhältnis zwischen der NATO und Russland. Langfristig muss eine echte Partnerschaft entstehen, meint Ingo Mannteufel.

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Bild: DW

Auf ihrem Gipfel in Lissabon am 19. und 20. November will die NATO eine neue Strategie beschließen und dabei auch ihre Beziehungen zu Russland verbessern. Das ist nicht das erste Mal seit dem Ende des Kalten Krieges, dass sich NATO und Russland annähern. Und es gibt auch diesmal keine Erfolgsgarantie, aber die Aussichten sind nicht schlecht: Nicht nur sind die Beziehungen zwischen Russland und den großen kontinentalen EU-Staaten seit Jahren immer besser geworden. Vielmehr hat die vom US-amerikanischen Präsidenten Obama proklamierte "Reset-Politik" gegenüber Russland erste positive Ergebnisse hervorgebracht: beispielsweise den neuen START-Abrüstungsvertrag oder auch die Absage Russlands, an den Iran S-300-Flugabwehrraketen zu verkaufen.

Sicherheitspolitische Risiken in Europa

Portrait von Ingo Mannteufel (Foto: DW)
Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen RedaktionBild: DW

Auf allen Seiten ist auch die Einsicht gewachsen, dass die Sicherheitsarchitektur in Europa gefährliche Schwächen aufweist. Der russisch-georgische Krieg im August 2008 war nur das deutlichste Zeichen, was passiert, wenn "eingefrorene Konflikte" aufbrechen. Und davon gibt es noch zwei in Europa: in Transnistrien und in Berg-Karabach. Zudem darf nicht vergessen werden, dass es in den ostmitteleuropäischen und baltischen Staaten immer noch Ängste vor Russland gibt. Andererseits erzeugt die Annäherung ehemaliger Sowjetrepubliken an die NATO in Russland das Gefühl einer Bedrohung und Einkreisung.

Der Kern des Problems ist, dass nach dem Kalten Krieg keine stabile Sicherheitsordnung in Europa entstanden ist, die die Interessen aller Staaten – und dazu gehört fraglos auch Russland – ausreichend berücksichtigt. Das Ziel muss daher sein, Russland enger mit den bestehenden europäischen und transatlantischen Strukturen zu verbinden.

Gewichtige Stolpersteine

Ein wichtiger Schritt zu einer Partnerschaft und einem stärkeren gegenseitigen Vertrauen könnte ein gemeinsamer Raketenabwehrschirm sein. Basierend auf einer gemeinsamen Bedrohungsanalyse soll dieser Abwehrschirm nicht nur Europa, sondern eben auch Russland vor einem mit Atomwaffen ausgestatteten Iran schützen. Doch nicht nur eine schwierige Einigung bei einem Raketenabwehrschirm ist ein Hindernis auf einem Weg zu einer Partnerschaft. Auch die mögliche Nicht-Ratifikation des neuen START-Vertrages durch den US-amerikanischen Senat oder die russische Iran-Politik sind wichtige Stolpersteine.

Wie die politische Konstruktion für eine NATO-Russland Partnerschaft aussehen könnte - ein neuer Vertrag, eine neue Charta oder gar in ferner Zukunft ein NATO-Beitritt Russlands - ist nicht nur offen, sondern auch zweitrangig. Für beide Seiten wäre diese Entwicklung ohnehin kein leichter Schritt. Er würde sowohl in den NATO-Staaten als auch in Russland Gegner hervorrufen: Einige würden - durchaus mit Recht - auf die erheblichen demokratischen Defizite im heutigen Russland hinweisen. Andere würden in slawophiler Tradition den Verlust nationaler russischer Eigenständigkeit befürchten. Doch was wäre die Alternative zu einer Partnerschaft: Die Fortsetzung der latenten und anachronistischen Rivalität zwischen NATO und Russland, während sich die Welt längst weitergedreht hat?

Autor: Ingo Mannteufel
Redaktion: Markian Ostaptschuk/Fabian Schmidt