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Paul Watzlawick ist tot

2. April 2007

Der aus Österreich stammende Philosoph, Psychologe, Soziologe und Publizist Paul Watzlawick starb am Wochenende. Das gab sein früherer Arbeitgeber in Kalifornien bekannt.

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Porträt Paul Watzlawick, Quelle: DPA
"Man kann nicht nicht kommunizieren" - das war Watzlawicks wohl berühmtester SatzBild: picture-alliance/ dpa

Der Wissenschaftler starb am Samstagabend in seiner Wahlheimat Palo Alto im US-Bundesstaat Kalifornien im Alter von 85 Jahren, wie das dortige Forschungsinstitut Mental Research Institute am Montag der österreichischen Nachrichtenagentur APA mitteilte. Watzlawick soll nach Angaben seiner Familie seit längerem an einer schweren Krankheit gelitten haben, sagte eine Sprecherin des Instituts. Demnach starb der gebürtige Kärtner zu Hause. Watzlawick lebte geschieden und war stets bemüht, sein Privatleben streng vor der Öffentlichkeit abzuschotten.

Paul Watzlawick wurde am 25. Juli 1921 in Villach in Kärnten geboren. Nach Matura und Militärdienst studierte er in Venedig Psychologie und Fremdsprachen. 1949 promovierte er zum Dr. phil. Von 1951 bis 1954 absolvierte er in Zürich eine Ausbildung zum Psychotherapeuten und Analytiker.

1957 übernahm Watzlawick einen Lehrstuhl für Psychotherapie in El Salvador. Er hatte bereits die Rückreise nach Europa angetreten, als er sich 1960 von dem amerikanischen Schizophrenie-Experten Donald Jackson zu einem Wechsel an das Mental Research Institute in Palo Alto in Kalifornien gewinnen ließ, wo er seither als Forschungsbeauftragter und Psychotherapeut tätig war. Ab 1976 lehrte er außerdem als Professor an der Stanford University, an der er auch noch als Emeritus las.

Radikaler Konstruktivist

Watzlawicks wissenschaftliche Arbeit galt vor allem der Erforschung der menschlichen Kommunikation und ihrer Störungen. Als Vertreter des "radikalen Konstruktivismus" vertrat er eine wissenschaftstheoretische Position, die menschliches Wissen um die "Wirklichkeit" mehr oder weniger in Frage stellt. Zwar gibt es nach Meinung der Konstruktivisten so etwas wie eine Wirklichkeit, doch können wir Menschen uns auf diese Wirklichkeit immer nur durch "Konstruktionen" beziehen, das heißt durch intellektuelle Deutungen, die keinen Anspruch mehr auf endgültige Wahrheiten haben können.

Im Lichte dieser erkenntnistheoretischen Position geht es den Konstruktivisten nicht mehr darum, ob das Denken der "Wirklichkeit" angemessen ist oder nicht, sondern nur noch darum, ob diese Konstruktion freudvolle oder leidvolle Folgen hat.

Weniger leidvolle Wirklichkeit

Die Prinzipien der konstruktivistischen Denkschule wandte Watzlawick konsequent auch in seiner therapeutischen Arbeit an: Im Gegensatz zur analytischen Tiefenpsychologie verzichtet er grundsätzlich auf Erforschung und Durcharbeitung der Vergangenheit des Patienten, sondern beobachtet lediglich, ob die Kommunikation des Patienten funktioniert oder gestört ist.

Während die traditionelle Psychotherapie davon ausgeht, dass der Patient an einer verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung leidet, ging es für Watzlawick lediglich darum, dem Patienten, dessen Wirklichkeitskonstruktion problematisch geworden ist, durch Einführung einer anderen, weniger leidvollen Wirklichkeitskonstruktion zu helfen. Dazu genügen ihm "kurztherapeutische Interventionen", die sich aus dem Verständnis der Sprache des Patienten ergeben.

International bekannt und populär wurde Watzlawick durch seine Publikationen und seine rege, hochdotierte Vortragstätigkeit. Zu seinen weithin bekannten Werken zählen die "Anleitung zum Unglücklichsein", "Die Möglichkeit des Andersseins" und "Vom Schlechten des Guten". Zum Bestseller wurde der kleine Band "Anleitung zum Unglücklichsein" (1983), der als gelungene Parodie auf die Ratgeberliteratur gewertet wurde und der rigoros mit dem Vorurteil bricht, Ziel des Menschen sei es, Glück zu haben.

Watzlawick selbst meinte dazu in einem Interview: "Die Möglichkeit des Glücks liegt in der Tat in der Aufgabe der Idee, man müsse das Glück erreichen. Man kommt dann möglicherweise zu der Einsicht, dass die Suche allein am Nichtfinden schuld war." Daraus könne sich dann ein sehr harmonischer Lebensinhalt herausbilden. Er sei in seiner ganzen Therapie davon ausgegangen, dass es lediglich seine Aufgabe sei, Leiden zu beheben. "Das Leiden lässt sich aber gerade dadurch heilen, dass man die Suche nach Patentlösungen aufgibt." In diesem Sinn stellte sich Watzlawick auch Unternehmen als Berater zur Verfügung. (kas)