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Peking und Moskau betreiben Beziehungspflege

Matthias von Hein / arn30. Juni 2005

Wenn sich Chinas Staatspräsident Hu Jintao und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin treffen, dann ist klar: Die beiden haben eine Fülle gemeinsamer Interessen. Sie reden aber lieber über Öl statt über Demokratie.

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Neue Supermacht trifft alte Supermacht: Jintao und PutinBild: dpa

Die russisch-chinesischen Beziehungen florieren und die bilateralen Beziehungen entwickeln sich tatsächlich so, wie es Hu zum Auftakt seines dreitägigen Staatsbesuchs in Russland (1. bis 3. Juli 2005) beschrieb: "stürmisch".

Wenn aus Feind Freund wird

Als kommunistische Großmächte waren die Sowjetunion und China zunächst befreundet, dann verfeindet. Seit 1992 arbeiten Russland und China immer enger zusammen. Vergessen ist die Phase scharfer ideologischer Gegnerschaft zwischen China unter Mao und der Sowjetunion vom Ende der 1950er bis zur Mitte der 1970er Jahre. Vergessen ist auch, dass China in den 1990er Jahren den Zerfall der Sowjetunion als Negativmodell instrumentalisiert hatte. Im Frühjahr 2005 legten die Nachbarn einen lange schwelenden Grenzkonflikt im Fernen Osten bei, wobei Russland in einem neuen Vertrag eine Insel im Strom Amur an China abgab.

China braucht russische Rüstung

Yukos Ölförderung in Westsibirien
China braucht russisches ÖlBild: AP

"Von Russland wird China mit der modernsten Rüstung beliefert, die andere Länder China nicht liefern", erklärt Alexander Rahr, Programmdirektor des Zentrums für Russland/GUS bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Von Russland erhofft sich China in den nächsten Jahren - ich möchte sagen: Jahrhunderten - das notwendige Öl für die Modernisierung seiner Industrie zu erhalten", sagt er. China und Russland verbinde auch der Wille, der amerikanischen Vorherrschaft in der Weltpolitik etwas entgegenzusetzen.

China will Öl, Russland hat es

Tatsächlich ergänzen sich China und Russland nahezu ideal: China ist in Folge seines atemberaubenden Wirtschaftswachstums zum zweitgrößten Rohölverbraucher der Welt aufgestiegen. Russland wiederum ist der viertgrößte Exporteur von Rohöl und verfügt in Sibirien über weitere gewaltige Öl- und Gasvorräte.

Firmenschild von Rosneft
Die staatliche Ölfirma Rosneft konnte die lukrative Yukos übernehmen - mit Dollarmilliarden aus ChinaBild: AP

Auch wenn Russland eine geplante Pipeline nach China 2004 dann doch anders verlegte: China hat sich elegant umfangreiche Öllieferungen bis ins Jahr 2010 gesichert: Der staatliche chinesische Ölkonzern CNPC (China National Petroleum Company) lieh Anfang 2005 der russischen Firma Rosneft jene sechs Milliarden Dollar, die diese zur Übernahme der lukrativen Yukos-Tochter Yugansneftegas benötigte.

Iran, Nordkorea und die UNO

Wladimir Putin in Peking
Keine missliebigen Fragen: Wladimir Putin in Peking, Oktober 2004Bild: AP

Es gehört zum Charakter der Beziehungen zwischen Russland und China, sich gegenseitig keine unbequemen Fragen zu Demokratiedefiziten oder Menschenrechtsverletzungen zu stellen. Aber: "China befürchtet, die Vereinigten Staaten könnten in der kommenden Zeit Nordkorea - wie auch den Iran - militärisch bedrohen oder angreifen", erläutert Thomas Heberer, an der Universität Duisburg zuständig für Politik Ostasiens. "Beides wäre auch für China eine Bedrohung der eigenen Sicherheit oder würde als solche verstanden."

150.000 Chinesen wandern pro Jahr in Sibirien ein, sodass Russland inzwischen fürchtet, das Gebiet dauerhaft an China zu verlieren. Wie kann das aufstrebende China ohne Verwerfungen in das internationale Gefüge integriert werden? Alexander Rahr erwartet weit reichende Gewichtsverlagerungen im pazifischen Raum: "Die Chinesen werden sich nicht mit der ehemaligen Rolle des Juniorpartners Russlands begnügen. Sie werden im Gegenteil Russland als Juniorpartner ansehen."

Gemeinsame Erklärung

Formell haben die beiden Großstaaten den Ausbau ihrer Zusammenarbeit in wirtschaftlichen und militärischen Fragen vereinbart. Wladimir Putin und Hu Jintao unterzeichneten am Freitag im Moskauer Kreml eine gemeinsame Erklärung zur "Weltordnung im 21. Jahrhundert". Darin bekräftigen beide Länder ihre "strategische Partnerschaft". Im wirtschaftlichen Bereich erwähnt Putin "viel versprechende" gemeinsame Projekte im Energiesektor, in der Metallindustrie, im Verkehrs- und Bankwesen sowie in der Raumfahrtforschung.