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Politik

Mike Pence und die Beunruhigung Europas

Barbara Wesel
20. Februar 2017

Kann die EU nach dem ersten kurzen Besuch von Mike Pence in Brüssel wieder ruhig schlafen? Es bleibt nicht viel vom Auftritt des Vize-Präsidenten. Fünf Eindrücke vom Ereignis von Barbara Wesel.

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Mike Pence & Jean-Claude Juncker in Brüssel
Bild: Getty Images/AFP/E. Dunand

1. Pence hat mit keinem Wort Schweden erwähnt. Schade, aber vielleicht ist ihm ja nicht klar, dass das Land Mitglied der EU ist. Er hat es jedenfalls versäumt, uns über gewisse Vorfälle bei unseren nördlichen Nachbarn aufzuklären, die Präsident Trump beschäftigen. So tappen wir weiter im Dunkeln und müssen uns fragen, was da bloß passiert sein könnte. 

2. Pence hat seinen kurzen Exkurs über die Geschichte der EU - seit 60 Jahren wachsende Gemeinsamkeit - weitgehend vom Blatt abgelesen. Ein US-Vizepräsident hat die Daten und Fakten über die wichtigsten Verbündeten wohl nicht unbedingt im Kopf. Und seine Antwort auf einen kämpferisch gestimmten EU-Ratspräsidenten kam vom selben Blatt Papier.

Donald Tusk hatte noch einmal an "neue und überraschende Meinungen" von Donald Trump zur Europäischen Union erinnert. Dabei war es um sein Lob für den Brexit gegangen und die Erwartung, die EU sei sowieso am Ende. Mike Pence versprach darauf im Namen des US-Präsidenten "das starke Engagement der Vereinigten Staaten für eine fortgesetzte Zusammenarbeit und Partnerschaft mit der EU". Das ist eine Formel, die uns nicht wirklich etwas über die weiteren Absichten Washingtons verrät. 

3. Der Vizepräsident beteuerte darüber hinaus, Russland müsse die Minsker Vereinbarungen einhalten und beide Seiten in der Ost-Ukraine den Waffenstillstand wahren. Das deckt sich mit der Linie des amerikanischen Außen- und des Verteidigungsministers. Außerdem setze Washington darauf, neuen Boden für die Zusammenarbeit mit Russland zu finden.

Das haben schon verschiedene US-Regierungen versucht, zuletzt die von Barack Obama. Am Ende kam nichts dabei heraus außer einer weiteren Stärkung von Präsident Putin und seiner Machtposition. 

Belgien USA Charles Michel & Mike Pence in Brüssel
Belgiens Premier Charles Michel zu Pence:"Die Fragmentierung Europas kommt nicht infrage". Bild: Getty Images/AFP/N. Maeterlinck

4. Der Umgang mit der Presse in Brüssel war eindeutig neuer Washington-Stil. Die Journalisten werden nur noch als Staffage gebraucht, damit der Raum nicht so leer aussieht. Der Vizepräsident ließ keine Fragen zu, weder nach seinem Treffen mit Tusk noch nach dem mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder dem belgischen Premierminister Charles Michel.  

Auf diese Art von Aufführung können wir in Europa eher verzichten. Hier gilt nach wie vor, dass die Presse Teil von Demokratie und politischer Willensbildung ist. Wenn das so weiter geht, kann die US-Regierung ihre Stellungnahmen auch für uns nur noch über Twitter und Facebook  verbreiten. Persönlich vorbeizukommen wäre dann überflüssig. Oder fürchtet sich Pence etwa vor europäischen Journalisten? Die drängenden Fragen zum Freihandel, Trumps Angriffen gegen Deutschland oder den Russland- Sanktionen konnten so jedenfalls nicht gestellt werden. 

5. Alle Gesprächstermine und öffentlichen Auftritte der Vertreter der US-Regierung unterliegen einem Grundverdacht. Dass sie nämlich nur die Meinung der jeweiligen Amtsinhaber und nicht die des Präsidenten selbst wiedergeben. Donald Trump zeigt immer wieder, dass er seine Sicht auf die Welt von Tag zu Tag neu erfindet. Und er beweist darüber hinaus, dass er sich dabei weder von der Geschichte, noch den Erfahrungen seiner Vorgänger oder der Realität beeindrucken lässt.

Ein einziger Tweet von @therealdonaldtrump kann die Reparaturversuche seiner Vertreter an der diplomatischen Front über Nacht zunichte machen. Wobei die Nächte, wie die Öffentlichkeit inzwischen weiß, die heikelste Zeit sind, was unsere politische Zukunft betrifft.