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Verschoben

10. September 2008

Das US-Verteidigungsministerium hat den umstrittenen Auftrag für neue Tankflugzeuge der Luftwaffe zurückgezogen. Der Flugzeugbauer Boeing hat damit Zeit im Wettbewerb gegen den europäischen Konkurrenten EADS gewonnen.

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Airbus-Tankflugzeug KC-30 (Quelle: EADS)
Hatte schon den Zuschlag: Airbus-Tankflugzeug KC-30Bild: picture-alliance/ dpa

Das Verfahren solle der neuen US-Regierung überlassen werden, die im Januar an den Start geht, teilte das Pentagon am Mittwoch (10.09.2008) überraschend in Washington mit. Grund: Es sei unmöglich, wie zunächst vorgesehen bis Anfang 2009 einen Zuschlag zu erteilen. Die betroffenen Unternehmen, der US-Flugzeugbauer Boeing und der europäische EADS-Konzern, seien ebenso wie der US-Kongress von der Entscheidung des Ministeriums unterrichtet worden.

Statt der nächsten Regierung einen "unvollständigen und möglicherweise umstrittenen Prozess" zu übergeben, wolle man ihr "volle Flexibilität" in dem Verfahren ermöglichen. Der Ausschreibungs- und Vergabeprozess sei in den vergangenen sieben Jahren "enorm komplex und emotional" geworden, und das "in nicht geringem Maße" durch Fehler des Pentagons, räumte US-Verteidigungsminister Robert Gates freimütig ein. Für die nahe Zukunft reicht laut Gates die gegenwärtige Tankerflotte vorerst noch aus.

Zuschlag an EADS von Boeing erfolgreich angefochten

US-Verteidigungsminister Robert Gates (Quelle: AP)
Lässt Boeing noch Zeit zum Tüfteln: Pentagon-Chef Robert GatesBild: AP

Ursprünglich war der Auftrag für 179 Tankflugzeuge im Wert von rund 40 Milliarden Dollar (28 Milliarden Euro) Ende Februar bereits an EADS und dessen US-Partner Northrop Grumman gegangen. Boeing hatte den Zuschlag jedoch erfolgreich angefochten und eine Neuausschreibung erzwungen. Diese machte die Frage, wie viel Sprit das Flugzeug transportieren kann, zu einem entscheidenden Kriterium. Boeing sieht sich hier im Nachteil, weil das bisher angebotene Modell auf Basis seiner 767-Reihe kleiner ist als die EADS-Variante eines Airbus A330.

EADS-Partner Northrop Grumman quittierte die Pentagon-Entscheidung in einer ersten Reaktion mit "extremer Enttäuschung" und "großer Sorge". Den Streitkräften würden damit auf Jahre dringend benötigte neue Tankflugzeuge verweigert. Zugleich bekräftigte das Unternehmen, dass man den modernsten und geeignetsten Tanker zum "besten Preis für den amerikanischen Steuerzahler" produziere.

Sechs Monate mehr Zeit für neues Angebot

Boeing begrüßte hingegen die Entscheidung des Ministeriums. Dadurch werde dem Konzern "die angemessene Zeit eingeräumt, diese wichtige und komplexe Anschaffung mit einem sorgfältigen und offenen Wettbewerbsverfahren umzusetzen", sagte ein Unternehmenssprecher. Im August hatte Boeing erklärt, im Wettstreit um den Auftrag benötige man noch ein halbes Jahr Zeit. Ansonsten werde sich der Konzern womöglich aus dem Rennen zurückziehen.

Dunkle Wolken über Airbus-Gebäude (Quelle: AP)
Die Konkurrenz schläft nicht: dunkle Wolken über AirbusBild: AP

Die gegenwärtige Tankflugzeug-Flotte vom Typ KC-135 ist rund 50 Jahre alt. Boeing könnte als Alternative zum bisherigen Angebot eine größere 767-Variante anbieten oder auf die 777-Reihe umsteigen. Neben der Größe der Maschinen kommt es der Air Force auch auf die Gesamtkosten über die komplette Einsatzzeit hinweg an. Hier sehen einige Experten EADS bisher leicht im Hintertreffen.

Die US-Entscheidung konnte die EADS-Aktie am Mittwoch nicht wesentlich erschüttern. Papiere der Airbus-Mutter notierten am Abend in Paris sogar mit 15,99 Euro um rund drei Prozent höher als am Vorabend. Analysten erklärten, der Rückgang des Dollarkurses und der Ölpreise helfe den Sanierungsprogrammen bei EADS und der größten Sparte Airbus. (gri)