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Peres-Appell an Gauck

24. August 2012

Israels Staatschef hat den Bundespräsidenten gebeten, sich für das Recht auf Beschneidungen aus religiösen Gründen einzusetzen. Zuviel israelischen Druck lehnen die deutschen Juden bei diesem Thema aber ab.

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Jüdische Feier zur Beschneidung eines Jungen (Foto: AP)
Bild: AP

"Die Brit Milah (Beschneidung) ist ein jüdisches Ritual, das seit Tausenden von Jahren zentral für die jüdische Identität ist und einen Juden ausmacht", schrieb der israelische Präsident Schimon Peres in einem Brief an Bundespräsident Joachim Gauck.

Peres betonte zugleich, dass die Reaktion der deutschen Regierung und des Parlaments ein gutes Zeichen dafür seien, dass eine gesetzgeberische Lösung für das Recht auf Beschneidung gefunden werde. "Ich bin deshalb zuversichtlich, Herr Bundespräsident, dass Deutschland gemäß seiner Grundwerte daran festhalten wird, dass Juden ihre religiösen Traditionen in Freiheit bewahren können", schrieb Peres.

Ethikrat: Beschneidung nur mit Auflagen

Auch Appell an Merkel

Zuvor hatte schon der israelische Innenminister Eli Jischai Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, sich für das Recht auf Beschneidungen einzusetzen. Juden in Deutschland dürften nicht gezwungen werden, sich zwischen der Einhaltung nationaler oder göttlicher Gesetze entscheiden zu müssen, schrieb der Vorsitzende der strengreligiösen Schas-Partei nach Angaben der Zeitung "Jediot Achronot". Jischai reagierte damit auf eine weitere Strafanzeige in Deutschland wegen Körperverletzung gegen einen Rabbiner, der eine kleinen Jungen beschnitten hatte.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland wies allerdings die Forderung Jischais nach einem Machtwort Merkels in der Debatte um Beschneidungen zurück. "Weder die Kanzlerin noch die Bundesregierung brauchen Belehrungen aus Israel", sagte der Generalsekretär Stephan Kramer der "Berliner Zeitung". Der Zentralrat erwarte aber auch, dass die Gesetzgebung "rasch und ohne unnötige Verzögerung" erfolge. Die jüngste Anzeige gegen den Rabbiner in Hof in Bayern zeige, wie notwendig es sei, Rechtsicherheit herzustellen.

Der israelische Präsident Schimon Peres und Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Treffen Ende Mai in Jerusalem (Foto: Reuters)
Der israelische Präsident Peres und Bundespräsident Gauck bei einem Treffen Ende Mai in JerusalemBild: Reuters

Debatte seit Kölner Gerichtsurteil

Über die von Muslimen und Juden praktizierte Beschneidung von Jungen wird seit einem Urteil des Landgerichts Köln vom Juni kontrovers diskutiert, das die Beschneidung eines vierjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet hatte. Der deutsche Ethikrat sprach sich am Donnerstag für die Gründung eines Runden Tisches aus, an dem Juden, Muslime, Elternvertreter und Ärzte aller Fachrichtungen gemeinsam Leitlinien zur Beschneidung und für deren intensivere Erforschung entwickeln sollen.

Der Ethikrat ließ eine Tendenz für die Erlaubnis der Beschneidung kleiner Jungen aus religiösen Gründen erkennen. Eine solche Erlaubnis sei allerdings nur unter Vorbehalten denkbar, sagte die Vorsitzende Christiane Woopen. Dazu gehöre die Einwilligung beider Elternteile, die Schmerzbekämpfung und "fachgerechte Durchführung" der Beschneidung.

sti/se (afp, dapd, dpa, epd, kna)