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Kein 'voreiliger Abzug'

11. September 2007

Der Oberkommandierende der US-Streitkräfte im Irak, General Petraeus, ist für eine Reduzierung der Truppen auf 130.000 Mann bis Juli 2008. Die Demokraten reagierten empört auf die Empfehlungen des Generals.

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General Petraeus vor dem US-KongressBild: AP

Der Einsatz der US-Streitkräfte im Irak habe die Sicherheitslage insoweit stabilisiert, dass die Zahl der Soldaten bis Mitte Juli 2008 von derzeit 168.000 auf dann etwa 130.000 zurückgeführt werden könne, sagte General Petraeus am Montag (10.09.2007) in seinem mit Spannung erwarteten Lagebericht vor dem US-Kongress. Bereits im Dezember könne eine erste Kampfbrigade von etwa 4000 Soldaten die Heimreise antreten. Einen Termin für einen vollständigen Rückzug aus dem Irak wollte Petraeus nicht nennen. Ein "voreiliger Abzug" könne "katastrophale" Folgen haben, warnte er. Die oppositionellen Demokraten fordern bislang einen Abzug aller Soldaten bis Ende April 2008.

In seiner Lagebeurteilung bezeichnete Petraeus die von US-Präsident George W. Bush zu Jahresbeginn angeordnete Truppenaufstockung als militärischen Erfolg. "Die militärischen Ziele der Truppenaufstockung wurden im Großen und Ganzen erfüllt", sagte er. Der von ihm empfohlene Teilabzug sei möglich, "ohne die hart erkämpften Fortschritte in der Sicherheitslage zu gefährden".

Appell zum Durchhalten

Zugleich räumte der General ein, dass die Einsatz der US-Armee im Irak weiterhin "kompliziert, schwierig und manchmal auch frustrierend" sei. Trotz eines deutlichen Rückgangs der Gewalt in Bagdad und der sunnitischen Unruheprovinz El Anbar sei das Land noch nicht befriedet. "Die Zahl der getöteten Zivilisten ist seit letzten Dezember zurückgegangen, doch bewegen sich die Zahlen immer noch auf einem beunruhigenden Niveau", sagte Petraeus. Angesichts der bitteren innenpolitischen Diskussion um den Irak-Einsatz appellierte der General an den Durchhaltewillen seiner Landsleute in den USA: "Ich glaube daran, dass wir im Irak mit der Zeit unsere Ziele erreichen, doch wird dies weder schnell noch mühelos zu erreichen sein."

Der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, bat den US-Kongress um mehr Geduld. Es werde Fortschritte wie Rückschläge geben, sagte er. Im Irak sei nicht nur eine Regierung ausgetauscht worden, sondern es habe eine Revolution gegeben. Vor diesem Hintergrund müsse man auch sehen, was erreicht worden sei und einen entsprechenden Sinn für die Realitäten entwickeln. Die Truppenerhöhung habe die Dinge zum besseren gewendet, es gebe aber allerding weiterhin enorme Herausforderungen.

Angriffe der Demokraten

Der Auftritt von Petraeus und dem US-Botschafter in Bagdad, Ryan Crocker, wurde begleitet von heftigen Angriffen der Demokraten und von Kriegsgegnern. Einige Antikriegsaktivisten störten immer wieder den Vortrag des Generals und mussten von Ordnern aus dem Saal gebracht werden. Die Sprecherin des Abgeordnetenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, nannte den Vorschlag von Petraeus "einfach inakzeptabel". Die Zahl der US-Soldaten müsse nach einem wesentlich aggressiveren Zeitplan reduziert werden, sagte sie.

Der Petraeus-Bericht gilt als Vorbereitung für eine in dieser Woche erwartete Erklärung Bushs, wie er im Irak weiter vorgehen will. Der demokratische Vorsitzende des Streitkräfteausschusses des Repräsentantenhauses, Ike Skelton, kritisierte schon eingangs die Politik Bushs, indem er erklärte, Petraeus sei sicher der richtige Mann im Irak, "aber drei Jahre zu spät" und mit "250.000 Mann zu wenig".

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Demokrat Tom Lantos, sparte nicht mit Lob für Petraeus und Crocker, nur um dann hinzuzufügen, "militärischer Erfolg ohne politischen Fortschritt ist bedeutungslos. Wir müssen raus aus dem Irak, für das Wohl unseres Landes." Unterstützung bekam die Politik Bushs vom Republikaner Duncan Hunter, der darauf verwies, dass die irakischen Streitkräfte sich allmählich zu einer professionellen Armee entwickelten.

Zustimmung aus Bagdad

Der Irak signalisierte seine grundsätzliche Zustimmung zum angekündigten Teilabzug der US-Truppen von seinem Territorium. Voraussetzung sei allerdings eine Abstimmung der Pläne mit dem Irak, sagte dessen Regierungssprecher Ali al-Dabbagh. "Aber ein plötzlicher Rückzug wäre in niemands Interesse, weder in dem der Region noch in dem des Irak", fügte er hinzu.

Der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki hatte eingeräumt, dass seine Sicherheitskräfte noch nicht ohne amerikanische Unterstützung für Ruhe und Ordnung im Irak sorgen können. "Es hat spürbare Verbesserungen in der Sicherheitslage in Bagdad und den Provinzen gegeben, das reicht aber nicht", sagte Al-Maliki am Montag im Parlament in Bagdad, wenige Stunden vor dem Bericht von Petraeus im US-Kongress.

Al-Maliki sagte, die Gewalt im Großraum Bagdad sei seit dem Eintreffen der zusätzlichen US-Soldaten um 75 Prozent zurückgegangen. Konkrete Zahlen und Bezugsgrößen nannte er allerdings nicht. "Der Schlüssel zum Wiederaufbau, wirtschaftlichen Entwicklung und einer Erhöhung des Lebensstandards ist Sicherheit", betonte der Regierungschef. (stl)