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"Philae" piepst wieder

10. Juli 2015

Signale aus dem Schatten: Der kleine Roboter "Philae" führt offensichtlich ein Eigenleben. Völlig überraschend hat er sich jetzt wieder gemeldet. Wissenschaftler rätseln, was in ihm vorgeht.

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Landeroboter "Philae" auf dem Kometen "Tschuri" (Illustration: ESA/AOES Medialab/dpa)
Kühle Kommunikation: Landeroboter "Philae" auf dem Kometen Tschuri (Illustration)Bild: picture-alliance/dpa/ESA/AOES Medialab

Er ist auf sympathische Weise anarchisch: Der Landeroboter "Philae" - der erste menschengemachte Apparat, der sanft auf einem Kometen landete - macht, was er will, aber eben nur ein bisschen. Bei Kommandos weiß er meist, was sich gehört, und folgt ohne Murren. Doch seine Signale sendet er wie eine Diva ihre Liebesbriefe: nur wenn es ihm passt.

Gut zwei Wochen herrschte Funkstille - und diejenigen, die sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen hofften, wußten nicht, warum er sie am langen Arm verhungern ließ. Doch nun tat "Philae", als wäre gar nichts gewesen, und gab geschäftsmäßig die neuesten Daten durch.

Auf der anderen Seite der Leitung - im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), rund 510 Millionen Kilometer entfernt - mischte sich in das unverhoffte Glück indes auch Ratlosigkeit über das uncharmante Gebaren des kühlschrankgroßen Landegerätes.

Klassische On-Off-Beziehung

"Wir haben keine Erklärung, warum er sich jetzt gemeldet hat und in den vergangenen Tagen nicht", sagte DLR-Ingenieur Koen Geurts in Köln. Denn die Flugbahn von "Philaes" Muttersonde "Rosetta" sei im Vergleich zu den vergangenen drei Wochen nicht verändert worden.

Die jüngsten Signale beweisen aber, dass die Beziehung zwischen den Wissenschaftlern und ihrem Geschöpf noch Bestand hat: "Die Kommunikationseinheit des Landers funktioniert weiterhin und empfängt unsere Kommandos." Offensichtlich handelt es sich um eine klassische On-Off-Beziehung. Im Anfang liegt alles, wissen Psychologen, und wahrscheinlich lag auch in diesem Fall die Ursache für manches Ungemach im missglückten Start.

Frostiges Verhältnis

Sonde "Rosetta" mit Mini-Labor "Philae" (Foto: ESA/ATG medialab/dpa)
Stoische Umkreisung: Muttersonde "Rosetta" und ihr externes Mini-Labor "Philae"Bild: picture-alliance/dpa/ ESA/ATG medialab

Nach zehnjähriger Reise war "Philae" im November auf dem Kometen Tschuri gelandet - allerdings ungeplant im Schatten. Damit war das Verhältnis zu den Wissenschaftlern von Beginn an frostig: "Philae" war schlapp und fiel mangels Sonnenenergie in einen Kälteschlaf. Nach sieben Monaten meldete sich der Lander unvermittelt am 13. Juni bei den DLR-Forschern in Köln.

Die Freude war groß. Sie währte freilich nicht lange. Bisher können die Experten nicht erkennen, unter welchen Bedingungen der Kontakt zustande kommt. "Wir müssen analysieren: Warum hat es jetzt geklappt und warum zu einem anderen Zeitpunkt nicht?", sagte DLR-Sprecherin Manuela Braun.

"Wir haben ihn nie aufgegeben"

Die große Unbekannte sei immer noch die genaue Landeposition des Roboters: "Steht er vielleicht so, dass er teilweise verdeckt ist?" Brauns Kollege Geurts betonte: "Wir haben 'Philae' nie aufgegeben und sind optimistisch geblieben" - auch wenn er es seinem Team nicht leicht gemacht hat. Die unbeirrbare Zuwendung der Wissenschaftler wurde belohnt: Unter den aktuell gesendeten Informationen sind auch kostbare Daten des sogenannten "Consert"-Instruments, eines Radartomografen.

"Philae" war am 12. November 2014 auf dem Zielkometen der europäischen "Rosetta"-Mission aufgesetzt. Dort soll er erkunden, wie es auf Tschuri - korrekt: 67P/Tschurjumow-Gerassimenko - aussieht, und auch Bodenproben entnehmen. Der Komet hat einen Durchmesser von knapp vier Kilometern. Die Ergebnisse der Mission dürften wichtige Erkenntnisse über die Entstehung unseres Sonnensystems liefern.

Für die Wissenschaftler ist daher klar: Ganz gleich, welche emotionalen Achterbahnen der Landeroboter ihnen noch beschert, und selbst wenn er erneut in Schweigen verfällt - sie wissen, was sie an ihm haben. Sie werden "Philae" die Treue halten.

jj/sti (dpa, afp)