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Haiyans rebellische Schwester

Roxana Isabel Duerr8. Dezember 2014

Seit Tagen fegt Taifun "Hagupit" über die Philippinen hinweg. Die Menschen waren allerdings auf diesen Sturm besser vorbereitet als auf Taifun "Haiyan" im vergangenen Jahr. Aus Manila Roxana Isabel Duerr.

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Eine Frau auf den Philippinen schaut während des Taifuns Hagupit hinaus aufs Meer (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Romeo Ranoco

Der Wind heult bedrohlich, als Juvelyn Panghubasan die ersten Wehen verspürt. Die 27-Jährige denkt zu diesem Zeitpunkt aber kaum an den Taifun, der mit starken Windböen über ihre Heimatstadt Daanbantayan in der Provinz Cebu hinwegfegt. Wenige Stunden später erblickt ihre kleine Tochter Ruby das Licht einer sturmgebeutelten Welt. Ruby, das ist auch der lokale Name des Taifuns Hagupit, der die Philippinen seit Tagen in Atem hält. Mit 200 Stundenkilometern raste er am Samstag auf die Ostküste der Philippinen zu und hinterließ auf seinem Weg durch den Inselstaat eine Schneise der Verwüstung. Eduvigio Luga, der Vater der kleinen Ruby, ist erleichtert: "Wir hatten Glück im Unglück – unsere Tochter ist trotz dieser Naturkatastrophe gesund zur Welt gekommen, das ist ein Segen für uns."

Weniger Opfer als befürchtet

Taifun "Hagupit" hat sich auf seinem Weg quer durch die Philippinen etwas abgeschwächt, mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern und einem Durchmesser von aktuell 450 Kilometern steuert er nun weiter in Richtung Nordwesten des Landes. Allein im Osten der Provinz Samar seien bisher mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen, teilte das Rote Kreuz am Montag mit. Allerdings gibt es aus vielen Gegenden derzeit noch keinerlei Informationen, da Telefonleitungen unterbrochen sind und Straßen noch unter Wasser stehen oder durch Schutt und entwurzelte Bäume unbegehbar sind.

Evakuierter Dorfbewohner in Surigao auf den südlichen Philippinen (Foto:Reuters)
Anders als bei "Haiyan" vor einem Jahr konnten viele Filippinos diesmal rechtzeitig evakuiert werdenBild: Reuters/Erwin Frames

Bisher hat Hagupit aber weniger Opfer gefordert als befürchtet, was zunächst auf die frühzeitigen Massenevakuierungen zurückzuführen ist. Die Menschen waren diesmal besser vorbereitet, so scheint es bis jetzt.

Am Montag Abend soll Hagupit zum dritten und voraussichtlich letzten Mal im Osten der Provinz Batangas, 140 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Manila, auf Land treffen. Dort werden derzeit noch tausende Menschen zwangsevakuiert.

Hilfe kommt nur langsam durch

Aus Tacloban und anderen Städten in den betroffenen Regionen gibt es bisher Meldungen von massiven Sachschäden und Stromausfällen, die Infrastruktur wurde weitflächig zerstört, mehrere Gegenden haben inzwischen den Notstand ausgerufen. Zudem sind Evakuierungsplätze und Notlager vor allem in den Provinzen Samar, Leyte und Masbate überfüllt, dort werden jetzt vor allem sanitäre Versorgung und Nahrungsmittel dringend benötigt.

Zerstörtes Haus in der Provinz Samar (Foto:dpa)
In der Provinz Samar wurden zahlreiche Häuser zerstörtBild: picture-alliance/AP Photo/F.R. Malasig

Der Taifun kommt auf seiner Bahn nur langsam voran – er legt gerade einmal zehn Kilometer in der Stunde zurück. Mit Dauerregen und anhaltenden Windböen birgt das vor allem die Gefahr, dass manche Gebiete durch Erdrutsche isoliert werden. Die Räumung der Straßen ist deshalb jetzt auch eine der Prioritäten, um sicherzustellen, dass auch entlegene Regionen in den nächsten Tagen Hilfe erhalten.

In der Provinz Ilo-Ilo im Westen der Visayas-Inseln hatten mehrere Tausend Menschen Zuflucht in Höhlen gesucht, weil es auf den Inseln sonst keine Schutzgebiete gab.

Im Süden der Insel Luzon wurden Häuser in Küstennähe einfach weggefegt, während riesige Felsbrocken in tieferliegende Gebiete gerollt sind und dort große Schäden angerichtet haben. Tausende Menschen sind zudem in Seehäfen gestrandet, weil der gesamt Schiffsverkehr seit vergangenem Samstag lahmliegt.

Überschwemmungsgefahr in Manila

Hagupit wurde zwar inzwischen auf den Status eines tropischen Sturms heruntergestuft – dies bedeutet aber nicht, dass er nun weniger gefährlich ist. Für die Hauptstadt Manila wurde die Sturmwarnung inzwischen erhöht. Die Ausläufer des Sturms waren dort bereits am Montagmorgen zu spüren, mit Dauerregen und starken Windböen. Für die Stadt Manila und das dicht besiedelte Umland bedeutet das vor allem Überschwemmungsgefahr. Insbesondere die Slums in tieferliegenden Gegenden sind extrem flutgefährdet, auch Erdrutsche sind hier wahrscheinlich. Die Gebiete rund um die Bucht von Manila wurden deshalb seit letztem Wochenende evakuiert, so hat es die Stadtregierung angeordnet – rund 100.000 Menschen sind davon betroffen. Auch Schulen und Behörden der Hauptstadt wurden geschlossen.

Traumatische Erinnerungen

Die traumatischen Erinnerungen an die Zerstörung und das Leiden Taifun "Haiyan" (auf den Philippinen "Yolanda" genannt) vor einem Jahr sind immer noch allgegenwärtig. Mehr als 7000 Menschen kamen dabei ums Leben. Trotzdem atmen viele Menschen auf den Philippinen auf, sie hatten eine erneute Katastrophe in vergleichbarem Ausmaß befürchtet. Dennoch ist auch die Sorge groß, dass die Auswirkungen dieses Taifuns den gesamten Wiederaufbau seit letztem Jahr zunichte gemacht haben könnten.

Satellitenbild des Taifuns Hagupit vom 6.12.2014 (Foto:dpa)
Entgegen vorheriger Befürchtungen hat Hagupit nicht die Dimensionen des Taifuns Haiyan aus dem Jahr 2013Bild: picture-alliance/dpa/NOAA

In der bereits vor einem Jahr schwer zerstörten Stadt Tacloban wurden Holzhäuser und Wellblech-Hütten in Behelfssiedlungen buchstäblich weggefegt. Der 27-jährige Jacques Palami aus Tacloban hatte Glück – sein kürzlich eröffnetes Hostel im Zentrum der Stadt ist weitgehend verschont geblieben. Dennoch ist er besorgt: "Ruby ist Yolandas rebellische Schwester – beide sind übel, aber Ruby zieht es vor, sehr unberechenbar zu sein. Sie bringt den Wind immer wieder zurück und es scheint, als sei sie noch nicht fertig damit."