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Pilgern nach El Rocío

Elena Singer3. Juni 2008

Eine Pilgerreise ist ein Weg der Ruhe, der Buße und der eigenen Grenzerfahrung - theoretisch zumindest. Praktisch gibt es die Pilgerreise auch als große Party. Im spanischen El Rocío hat das Tradition.

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Jungfrau von El Rocío (Quelle: Kathrin Harms)
Das Objekt der Begierde: Die Jungfrau von El RocíoBild: Kathrin Harms
Reich umschmückt, hoch gepriesen: die Heilige Jungfrau (Quelle: Kathrin Harms)
Messe vor der Pilgerfahrt nach El RocíoBild: Kathrin Harms

Die Kirche San Salvador im Herzen Sevillas ist so voll, dass man keinen Sitzplatz mehr findet. Aber das ist den Katholiken, die an diesem Morgen um acht Uhr gekommen sind, egal. Es gibt keine Sitzplätze mehr, die Massen drängen von der Straße herein. Frauen mit Kunstblumen im Haar und Flamenco-Kleidern in grellen Farben. Männer im schnittigen Anzügen und Hut.

Eine Million Pilger jedes Jahr

Reiter und Frau auf dem Weg zum Pilgern (Quelle: Kathrin Harms)
Wer etwas auf sich hält, kommt mit dem PferdBild: Kathrin Harms

Es ist der Morgen vor der Pilgerschaft zur Heiligen Jungfrau des Morgentaus – der "Virgen del Rocío“. Gleich nach der Messe ziehen sie los: Abertausende Pilger strömen aus allen Teilen Andalusiens in das 800-Seelen-Dorf bis sie sich zu einer Million Gläubigen vereinen, die ekstatisch vor der Heiligen Jungfrau in die Knie fallen.

Noch ist es aber nicht so weit: Drei Tage lang dauert die Pilgerschaft von Sevilla aus, für 80 Kiliometer ist das ein gemütliches Tempo. Mit den von Ochsen gezogenen Kutschen, Pferden und Traktoren schaffen die Pilger am Tag nur rund 25 Kilometer.

"El Sinpecado"

Lobpreisung auf der Kutsche (Quelle: Kathrin Harms)
Lobpreisung auf der Kutsche: Pilgern heißt feiernBild: Kathrin Harms

Es läuft hier auch niemand alleine. Die allermeisten gehören einer Bruderschaft an – einer katholischen Gemeinde. Das jeweilige Wappen, das Wahrzeichen der Bruderschaft, wird auf einer reich geschmückten Kutsche mittransportiert. Es ist eine Miniatur der Heiligen Jungfrau von El Rocío und nennt sich "Sinpecado“ – die Sündenfreie. Die ganz besonders Gläubigen laufen den ganzen Weg mit einer Hand an der heiligen Kutsche. Oft gehen sie mit gesenktem Kopf und murmeln Gebete vor sich hin.

Pilgern und Party

El Rocío
Tag und Nacht in der Nähe des "Sinpecado"Bild: Kathrin Harms

Nicht immer sieht es hier allerdings nach frommer Buße aus. Von den Kutschen erklingt lautes Lachen, bis spät in die Nacht wird gesungen, getanzt und getrunken. Ein Österreicher läuft den Weg mit, und schaut bewundernd aber auch belustigt auf die katholischen Pilger. "Es sieht hier schon alles eher aus wie eine große Party“, sagt der Pilgertourist.

Ein bisschen sündigen wird wohl erlaubt sein, findet der katholische Pfarrer, der mitpilgert: "Das hier ist kein einfacher Weg, aber klar, wir dürfen nicht vergessen, dass es auch ein festlicher Weg ist. Ganz klar ist das hier auch ein Ort, wo sich Fest, Gesang und Tanz mischen und natürlich die Vorfreude auf die Heilige Jungfrau."

Die Jungfrau im Baum

El Rocío
Auf dem Weg in die Kirche: Ankunft der PilgerBild: Kathrin Harms

Die Legende besagt, dass die Figur der Heiligen Jungfrau von El Rocío im 15. Jahrhundert von einem Jäger auf einem Baum gefunden wurde. Er holte sie herunter und nahm sie mit – am nächsten Tag jedoch, war die Jungfrau wieder auf dem Baum. Seit dieser Begebenheit ist die Figur heilig.

Die Jungfrau kommt aus der Kirche

Der Höhepunkt in El Rocío ist die Nacht des Auszugs der Jungfrau aus der Kirche. Im ganzen Dorf reihen sich dann die katholischen Gemeinden, man nennt sie hier Bruderschaften, in einer endlosen Schlange aneinander – sie alle wollen die "Virgen" begrüßen, wenn sie aus der Kirche herausgetragen wird. Beim Anblick der Jungfrau, wird in dieser Nacht den Emotionen freien Lauf gelassen.