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Politik

Warschau fordert Polen zum Spitzeln auf

15. Februar 2018

Polens rechtskonservative Regierung fordert im Ausland lebende Landsleute auf, vermeintlich antipolnische Äußerungen zu melden. Das berichtet der NDR unter Berufung auf ein ihm vorliegendes Schreiben.

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Stanislaw Karczewski
Bild: picture-alliance/PAP

"Bitte dokumentieren Sie alle antipolnischen Äußerungen, Darstellungen und Meinungen, die uns schaden, und reagieren Sie darauf. Informieren Sie unsere Botschaften, Konsulate und Honorarkonsulate über jede Verleumdung, die den guten Ruf Polens beeinflusst", heißt es demnach in dem Schreiben von Senatsmarschall Stanislaw Karczewski (Artikelbild). Das Schreiben wurde weltweit über die Botschaften und Konsulate verbreitet.

Hintergrund für den Brief ist das umstrittene Holocaust-Gesetz, das Präsident Andrzej Duda in der vergangenen Woche trotz Kritik unterzeichnet hatte. Das Gesetz droht denjenigen eine Strafe von bis zu drei Jahren an, "die öffentlich und wahrheitswidrig dem polnischen Volk oder Staat" eine Mitschuld an Verbrechen zuweisen, die durch das NS-Regime begangen wurden. Das Vorhaben hat eine diplomatische Krise mit Israel ausgelöst und belastet auch das Verhältnis zwischen Polen und der Ukraine.

"Kränkung der nationalen Würde"

Der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Przylebski, teilte laut NDR mit, bei dem Aufruf handele es sich um "die üblichen Aufgaben einer diplomatischen beziehungsweise konsularischen Vertretung". Auf die Frage, ob Maßnahmen zur Strafverfolgung vorgesehen seien, antwortete der polnische Botschafter, es gebe noch keine Ausführungsbestimmungen für das Gesetz. Karczewski schrieb, Polen seien im In- und Ausland seit vielen Jahren "konfrontiert mit der schmerzhaften, ungerechten - und vor allem - faktisch nicht richtigen Formulierung "polnische Todeslager" ebenso wie mit der Beschuldigung, Polen sei in den Holocaust involviert gewesen". Dies sei eine Kränkung der nationalen Würde.

Das Schreiben sei bereits über das polnische Generalkonsulat in München per Mailverteiler an in Süddeutschland lebende Polen verschickt worden. Das Konsulat in Hamburg habe angekündigt, das Schreiben sowohl auf der eigenen Homepage als auch per Mailverteiler zu veröffentlichen.

Kritik aus dem Ausland

Die israelische Regierung, aber auch Vertreter aus Wissenschaft und Kultur hatten kritisiert, dass das Gesetz damit zur Verschleierung polnischer Verbrechen an Juden im Zweiten Weltkrieg beitragen könnte. Israel befürchtet negative Konsequenzen für Überlebende des Holocaust, die derartige Fälle zur Sprache bringen. Auch andere Länder wie etwa die USA und Frankreich hatten das Gesetzesvorhaben kritisiert.

cgn/mak (afp, dpa, kna)