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Politik direkt Forum vom 04.09.2008

11. September 2008

"Soll der Westen seine Truppen aus Afghanistan abziehen?”

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Russische Truppen in Südossetien ( AP Photo /Sergei Grits)Bild: AP

Informationen zum Thema:

Tod in Afghanistan-Die Bundeswehr im Fadenkreuz der Taliban
Ein getöteter Hauptfeldwebel, erschossene Afghanen, verletzte Soldaten. Die vergangenen Tage sind für die Bundeswehr dramatisch gewesen. Entsetzen über das blutige Attentat auf eine Bundeswehrpatrouille. Trauer und Sorge, nachdem an einem Kontrollpunkt eine Frau und zwei Kinder erschossen worden sind. Die Taliban, so die Befürchtung, könnten den Vorfall für sich ausschlachten, die afghanische Bevölkerung gegen die Bundeswehr aufhetzen. Die politische Diskussion ist entbrandet. Die Linke will den sofortigen Abzug der Truppe, die Regierungsparteien CDU und SPD wollen davon nichts wissen. Experten mahnen, Ausrüstung und Ausbildung der deutschen Soldaten am Hindukusch zu verbessern.

Unsere Frage lautet:

"Soll der Westen seine Truppen aus Afghanistan abziehen?"

Jürgen Ristau, Kanada, schreibt:

"Nein, die Truppen sollten nicht abgezogen werden, es sei denn, dass die Bundeswehr als Aufbauwehr oder Bautrupp verstanden wird. Es war doch von vorn herein klar, dass es sich auch um einen Kampfeinsatz handelt. Außerdem haben andere Staaten, die dort stationiert sind, auch Soldaten verloren . "

Dorothea Well, Ghana

"Wenn man die menschliche Seite für die in Afghanistan eingesetzten Soldaten betrachtet, müsste man die Frage mit "Ja" beantworten. Politisch gesehen ist es aber unhaltbar, wenn der Westen seine Präsenz durch das Abziehen der Truppen in Afghanistan aufgeben würde. Die Bevölkerung in Afghanistan hat in den letzten Jahrzehnten einfach zu schlimme Zeiten erlebt. Soll der Westen da einfach tatenlos zuschauen? Und wenn die Islamisten nicht gestoppt werden, bis wohin werden sie im Fall eines Truppenabzuges dann noch vorrücken? Es muss in Afghanistan alles daran gesetzt werden, Frieden für die Bevölkerung zu schaffen, das Land wieder aufzubauen und zu stabilisieren. Wichtig wäre, die Truppen des Westens so aufzustocken und so modern auszurüsten , dass sich ihre Mission effektiv gestaltet."

René Junghans, Brasilien

"Die deutschen Truppen hätten überhaupt nicht erst nach Afghanistan geschickt werden sollen. Will man helfen, kann man das auch finanziell tun, Entwicklungshelfer und Ärzte ohne Grenzen einsetzen, aber kein Militär. An erster Stelle ist es ein rein internes Problem Afghanistans, an zweiter Stelle ist es einer der unzähligen unverantwortlichen Kriege, die von den USA angezettelt wurden. Ich war 1969 in Afghanistan und es war ein friedliches Land mit friedlichen Menschen. Heute ist es ist wie im Irak, USA mischte sich in innenpolitische Angelegenheiten des Landes ein, stürzte die vom Volk akzeptierte Regierung der Taliban und was kam dabei heraus? Mehr Elend als zuvor, Zerstörung, Terrorismus - eben genau wie im Irak. Will man den Terrorismus bekämpfen, macht man das im eigenen Land und nicht im Land unabhängiger Völker. Jedes Volk muss selbst bestimmen, welche Regierungsform es will, welche Kultur und welche Religion es haben will, das ist nicht Sache der USA, sich als Weltpolizei aufzuspielen. Man überlege mal, wenn den Amerikanern Frau Merkel nicht mehr in den Kram passt und man sich entschließt, kurzerhand Deutschland zu überfallen, um einen Amerika freundlichen Staatschef einzusetzen. Zugegeben, das ist ein grobes Beispiel, aber nicht anders als was in Afghanistan und im Irak passiert ist. Ich bin für Frieden, will keinen Krieg, ganz egal welche Vorwände dafür dienen. Warum sollen deutsche Soldaten in der Fremde sterben?"

SM Hussain, Indien

"Leider hat Deutschland seine Soldaten in Afghanistan verloren. Aber der Kampf gegen die Taliban muss fortgesetzt werden. Der Westen muss solange in Afghanistan bleiben, bis Frieden in diesem Land herrscht. Die Taliban müssen entwurzelt und das Land modernisiert werden. Entwicklungshilfe ist dringend nötig. Die Kinder müssen ausgebildet werden, das Land muss industrialisiert werden. Ich weiß, es ist gar nicht so leicht. Es wird viel Zeit, Geld und Geduld kosten. Bis dann hoffe ich, dass die Zahl der Toten niedrig wie möglich bleibt auf beiden Seiten."

Wilhelm Leuprecht, Thailand

"Ja und sofort, ohne wenn und aber."

Martin Burmeister, Venezuela

"Ich sehe trotz der vielen Jahre der Anwesenheit westlicher Truppen nur sehr geringe Fortschritte, die diese einem Ende der Stationierung näher bringen. Die afghanische Regierung müsste bedeutend mehr gefordert werden, um einen Abzug westlicher Truppen zu ermöglichen. Ein bindender Zeitplan sollte vorrangig beiderseitig ausgearbeitet werden."

Josef Manger ,Thailand

"Nach dem 2. Weltkrieg wurde uns von den Alliierten Siegermächten auferlegt und von der deutschen Bevölkerung bejaht: "Niemals mehr, darf ein deutscher Soldat ausländischen Boden betreten". Daran sollten wir uns auch heute noch bedingungslos halten."

Birgid Van Reeth, Argentinien

"Ja, nach dem 2. Weltkrieg haben alle Deutschen gesagt: nie wieder Krieg! Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern absolut. Es ist ja nicht so, wie man uns weismachen will, dass durch die Stationierung der Bundeswehr im Ausland die Bundesrepublik sicherer wird, sondern das Gegenteil ist der Fall. Wir ziehen uns den Hass der anderen Völker zu, was die Terrorangriffe zeigen. Außerdem macht das Beispiel Schule. Welches ist das nächste Land, in dem Deutsche kämpfen müssen ?"

Gerhard Seeger, Philippinien

"Zustände, wie z.Z. in Afghanistan und im Irak, kommen meist erst durch die Einmischung von außen so richtig auf. Auch früher war das schon so und meist durch US- Intervention. Soldaten werden in erster Linie für Kriege ausgebildet. Da Afghanistan Kriegsgebiet ist, war es nur eine Zeitfrage, das sie in Kriegshandlungen verwickelt würden. Das den "Experten" das nicht aufging? Die Soldaten, hätten gar nicht erst dort hin geschickt werden dürfen. Helfen kann man auch von außen."

Charles Smyth, Großbritannien

"Der Rückzug westlicher Truppen, einschließlich der Bundeswehr ist keine brauchbare Option. Schließlich ist die Anwesenheit westlicher Truppen in Afghanistan ein Bestandteil westlicher Politik im euroasiatischen Raum. So wie Zbigniew Brzezinski es für die USA vorgeschlagen hat, ist die Anwesenheit wichtig, um Energie-Ressourcen zu sichern, genauso wie die herrschenden Gruppen in der Region zu demokratisieren. Damit soll Frieden und Stabilität gesichert werden."

Lee Davis, USA

"Ja, der Westen sollte seine Truppen aus Afghanistan abziehen. Wir brauchen eine klare Politik, die klare Vorgaben für den Kriegsfall macht. Die Nato - Staaten sind noch an die Vereinbarungen des 20. Jahrhunderts gebunden. Die sollten erneuert, damit sie die Bedingungen des 21. Jahrhunderts berücksichtigen können."

Helmer Helmbold, Paraguay

"Als Afghanistan noch von der Sowjetunion besetzt war, behaupteten die Sowjets, die Soldaten kämpfen für die Sicherheit der Bürger ihrer Länder. Die Argumente sind immer dieselben. Es hat sich nichts geändert, die Welt, oder die Politiker haben nichts gelernt. Natürlich gehören die Soldaten des Westens, besonders die von Deutschland in ihre Heimatländer, sie haben nichts in Afghanistan zu suchen."

Christiane Ullmann, Kanada

"Die Truppen sollten nicht abgezogen werden, aber sie sollten eine andere Kampftaktik entwickeln. Sie sollten so kämpfen wie die Taliban, beweglicher sein, sonst bleiben sie immer eine sehr gute Zielscheibe."

Die Redaktion von ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.