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Politik direkt Forum vom 15. 04. 2010

22. April 2010

„Soll Deutschland Guantanamo-Häftlinge aufnehmen?"

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US-Gefangenenlager GuantanamoBild: AP

Informationen zum Thema:

Guantanomo-Häftlinge - aufnehmen oder nicht?

Die Anfrage aus den USA kam schon im vergangenen Jahr: Ist Deutschland bereit und willens, Guantanamo-Häftlinge aufzunehmen? Die Bundesregierung prüft. Gerade sind vier Vertreter des deutschen Innenministeriums in dem Gefangenenlager gewesen, das Präsident Obama bald schließen möchte. Innenminister de Maiziere signalisiert, dass er bereit sei, möglicherweise drei ehemalige Gefangene aufzunehmen. Zustimmung kommt von den Grünen und der SPD. Doch viele Unionspolitiker - vor allem im wahlkämpfenden Nordrhein-Westfalen - sind strikt dagegen.

Unsere Frage lautet:

„Soll Deutschland Guantanamo-Häftlinge aufnehmen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Nguyen Van Hoe, Vietnam:

"Man fragt sich selbst immer, ob die großen Politiker unsere Meinungen berücksichtigen, ich glaube nicht. Nach meiner Ansicht haben Jörg Kranz und Rene Junghans ganz Recht. Meine Sprachkenntnis reicht leider nicht aus, mehr zu schreiben, es gibt aber ein schönes Sprichwort : 'Wer Schaden anrichtet, muss ihn büßen'. Am besten soll sich Deutschland in dieser Frage (zurückhalten, d.Red.). (…)."

Helge Weyland, Argentinien:

"Es gibt überhaupt keinen Grund und keine Veranlassung für die Bundesrepublik Deutschland, einen oder mehrere Guantanamo-Häftlinge aufzunehmen. Die Vereinigten Staaten haben aus Gründen ihres Rechtempfindens Kriegsteilnehmer ihres Feindes jahrelang ohne Gerichtsverfahren festgehalten und nun wollen sie sich dieses Personenkreises entledigen. Stellen sie sich vor, was die USA über Deutschland gesagt hätte, wenn es so etwas getan hätte. Nein, jeder Staat ist für seine Rechtsauffassung verantwortlich und muss auch für die Folgen einstehen."

Hannelore Krause, Deutschland:

"Eine ähnliche Frage stellte das Magazin vor einem Jahr. Da ging die Tendenz - so ich mich erinnere - mehr zum Ja - aus humanitären Gründen. Nach dem heutigen Stand der Dinge meine ich 'Nein'. Es kommt zwar auf drei oder vier Personen nicht mehr an, die vom Wohlfahrtsstaat Deutschland unterhalten werden müssen. Darum kann es auch nicht gehen. Es geht um unsere Sicherheit. Man kann die Menschen nicht isolieren, und so würden sich vielleicht untergründig viele Sympathisanten finden, die uns mit denen zusätzlich das Fürchten lehren würden. Wir haben genug mit unseren eigenen Problemen zu tun, wissen auch gar nicht, wie viele potentielle Terroristen sich schon bei uns eingerichtet haben. Amerika ist ein großes Land. Und was spricht gegen die Aufnahme dort wenn viele der Einsitzenden unbescholten sind? Diejenigen, die sich strafbar gemacht oder verurteilt worden sind, sollten dahin geschickt werden, wo sie hergekommen sind. Sie haben bei ihren Anschlägen oder Untaten auch nicht gefragt, ob das unmenschlich ist. Ach ja, Deutschland mit seinem übergroßen Herzen und seinen ewigen Schuldgefühlen."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Die meisten deutschen Politiker haben den Vorschlag von Präsident Obama, das Häftlingslager in Guantanamo aufzulösen, immer positiv begrüßt. Sollte es also dort noch Gefangene geben, die nach Deutschland überführt werden möchten, sollte man dieses genau prüfen, da ja im Laufe der Zeit genug personelle Daten jedes Einzelnen vorhanden sein müssten. Nur Häftlinge, die nach menschlichem Ermessen keinerlei Gefahr für Deutschland und die übrige Welt darstellen, sollten Gelegenheit haben, nach Deutschland überführt zu werden und dort gewissen Sicherheitsvorkehrungen unterliegen."

Werner O. Tewesen, Philippinen:

"Dass Guantanamo eine Menschenrechtsverletzung darstellt, dürfte unbestritten sein. Das nun in der Wahlreden auszunutzen, ist ein Skandal und sollte von den Wählern in NRW entsprechend bestraft werden. Herr Bosbach stellt die gebeugten Menschen wie gefährliche Terroristen dar, die mit der Bombe im Gepäck einreisen. Ohne jeglichen Nachweis terroristischer Aktivitäten müssen die Gefangenen nach rechtlichen und humanitären Gesichtspunkten als unschuldig angesehen werden. Das hat Herr Bosbach wohl vergessen. Auch wenn jahrelanges Einsitzen, ohne die Chance auf ein ordentliches Gerichtsverfahren und immer unter dem Druck von Demütigungen und Folter, in den Männern ein hohes Hasspotenzial entstanden ist, dürfte es ein Leichtes sein, das in vernünftige Bahnen zu lenken. Eine intakte Gesellschaft sollte in der Lage sein, den Gefangenen Lebensverhältnisse zu bieten, in denen sie den Unterschied zwischen den Auffassungen der Herren Busch und Rumsfeld und denen der alten Europäer kennenlernen. Bieten wir ihnen das, was sie selbst in ihrer Heimat vermissen mussten - Menschlichkeit! Das wäre der erste Schritt, den echten Terroristen den Wind aus den Segeln zu nehmen."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Erst Bush fragen:

Er lädt vielleicht dieselben ein,

auf seiner Ranch jetzt frei zu sein."

Charles Smyth, Großbritannien:

„Wenn Guantanamo-Häftlinge für Deutschland ungefährlich sind, dann sind sie es auch für die USA. Wie man weiß, haben sich die wenigsten Gefangenen in Guantanamo irgendetwas zu Schulden kommen lassen, schon gar nicht Terrorismus. Deshalb sollten die Amerikaner die Fehler ihrer Regierung selbst ausbaden.“

Jörg Kranz, Kanada:

"(Es wäre) ein großer Fehler, wenn Deutschland diese politischen Häftlinge aufnimmt. Die USA müssen endlich lernen, dass sie für ihre eigenen Fehler selbst verantwortlich ist. Wenn sie in Deutschland aufgenommen werden, kann man sie als Geisel benutzen!"

Amine Bendrif, Marokko:

"Deutschland als internationale Zivilmacht hat sicherlich die Verantwortung, Menschenrechte zu schützen. Die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen wäre ein gutes Signal in dieser Hinsicht. Jedoch nicht, wenn die US-Regierung selber nicht bereit ist, dies zu tun. Die deutsche nationale Sicherheit soll im Vordergrund stehen. Es geht hier also um das alte Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit. Die Lösung wäre eine Einzelfallbetrachtung."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Eigentlich ist es eine amerikanische Angelegenheit, die ehemaligen Häftlinge unterzubringen. Nicht gerade in Texas, weil Bush dort zuhause ist, aber auch ohne diesen Staat sind die USA immer noch riesengroß, dass sich dort ein paar Orte finden lassen könnten, wo man sie aufnehmen würde. Aber gut, drei ehemalige Guantanamo-Häftlinge könnte Deutschland aufnehmen. Die Gemeinden müssen natürlich einverstanden sein (es werden sich welche finden), und es muss ziemlich sicher sein, dass sie unschuldig sind. Wirklich sicher weiß man es natürlich nie. Darum müssten sie zur Sicherheit zunächst wie auf Bewährung Entlassene behandelt werden - für wie lange, müssen Fachleute entscheiden, mit Bewährungshelfer und Meldepflicht. Auch müssten sie danach, von Zeit zu Zeit mit Kontrollen einverstanden sein. Da sie gewiss Islamisten sind, werden sie einer (muslimischen, d.Red.) Gemeinde angehören wollen. Es darf aber keine sein, bei der der geringste Verdacht auf Radikalismus besteht. Auch muss klar gemacht werden, dass das Annähern an eine radikale Gruppe zur Ausweisung führen könnte."

René Junghans, Brasilien:

"Auf gar keinen Fall sollte Deutschland Guantanamo-Häftlinge aufnehmen. Das wäre nur eine zusätzliche Belastung der deutschen Steuerzahler, denn diese ehemaligen Häftlinge sprechen weder Deutsch, noch werden sie eine Arbeit bekommen, werden also ein Leben lang vom Sozialamt durchgefüttert. Zudem ist es ein sichtbares Sicherheitsrisiko für Deutschland, denn ehemalige Terroristen werden nicht aufhören, Terror zu verbreiten. Unschuldig sind diese Häftlinge gewiss nicht eingesperrt worden. Ist aber trotzdem eventuell der eine oder andere "unschuldig" (…), muss das erst einmal von amerikanischen Gerichten genauestens geprüft und ein eindeutiger Freispruch erteilt werden. Wenn diese Menschen jahrelang eingesperrt und gefoltert wurden, sind sie sicherlich bereit, nach Freilassung Rache an der westlichen Welt zu üben und diese wird dann in der neuen "Heimat" anfangen. Wie man es auch sieht, es ist ein zu hohes Risiko, der Ansiedlung ehemaliger Guantanamo-Häftlinge zuzustimmen. Es scheint ja so einfach für die Amerikaner, Kriege anzuzetteln, Terroristen einzufangen und dann anderen Ländern das Problem zu übertragen. Die USA haben genügend Platz und Ressourcen, um sich um ihre eigenen Häftlinge bzw. Opfer zu kümmern. Reicht es denn nicht aus, dass die USA Deutschland in den sinnlosen Afghanistan-Krieg reingezerrt haben? Was muss sonst noch passieren, bevor die deutsche Regierung aufwacht?"

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.