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Politik direkt Forum vom 19. 06. 2008

26. Juni 2008

"Wie lassen sich gewalttätige Jugendliche stoppen?"

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Schnellere Strafen für jugendliche Täter (AP Photo/Daniel Maurer)Bild: AP

Informationen zum Thema:

Entschlossen gegen Gewalt - Schnelle Strafen für jugendliche Serientäter

Ob Schulen, Freibäder oder Behörden in Berlin. Immer mehr Orte in der Hauptstadt müssen durch private Sicherheitsdienste geschützt werden. Der Grund: gewalttätige Auseinandersetzungen. Häufig sind diese Gewalttäter Jugendliche aus sozial schwachen Familien oder Emigranten mit geringen Perspektiven. Wenn Jugendliche klauen, prügeln, Drogen dealen, dauert es oft Monate, bis sie vor einem Richter stehen. Experten, Richter und Pädagogen sind sich einig: Es muss schneller gehandelt werden, wenn Strafe wirklich wirken soll. In Berlin wollen die Richter nun handeln: drastische, schnelle Strafen für kriminelle Jugendliche. Ein Ansatz, der in der Politik, aber auch bei der immer häufiger überforderten Polizei gut ankommt.

Unsere Frage lautet:

"Wie lassen sich gewalttätige Jugendliche stoppen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Hannelore Krause, Deutschland:

"Eine Bestrafung gewalttätiger Jugendlicher muss eiligst erfolgen, damit sie noch wissen, wofür. Das Strafmaß sollte auch nicht ins Lächerliche gehen, denn unsere Richter werden ja schon von den Tätern verhöhnt wegen der milden Urteile. Ein Hamburger Bürgerschaftsabgeordneter brachte es in einem anderen Zusammenhang auf den Punkt: 'Viele Deutsche haben eine Nazi-Macke. Sie trauen sich nicht, gewalttätige Migranten zu kritisieren, weil sie Angst haben, sofort als rechtsradikal betitelt zu werden.'Ich kann den Richtern nur raten: Trauen Sie sich! Ob härtere Strafen allerdings die Jugendkriminalität stoppen, wage ich zu bezweifeln. Die Weichen dafür werden schon im Kindesalter gestellt. Und eigentlich sollte sich die Politik Gedanken machen, inwieweit sie diese Menschen beizeiten auf die richtige Bahn lenken kann. Sie brauchen eine feste Hand."

Stephan Pabel, Brasilien:

"Wenn wir Strafen für ein geeignetes Mittel halten, der Gewalt von Jugendlichen zu begegnen, sind schnelle Verfahren und Verurteilungen sicher nicht schlecht. Besser wäre es, den Jugendlichen insgesamt eine allgemein bessere Zukunftsperspektive zu geben. Das heißt, den psychischen Motiven und Ursachen der Gewaltbereitschaft den Nährboden zu entziehen. In Jugendhilfe-Projekte und Integrationsprogramme muss man investieren, Sozialarbeiter, Pädagogen, Lehrer müssen entsprechend aus- und weitergebildet und eingesetzt werden. Wer Gelder in diesem Sozialbereich einspart, muss sie dreifach beim Strafvollzug wieder ausgeben."

René Junghans, Brasilien:

"Es ist an erster Stelle ein Erziehungsproblem. Wenn Kinder aus lieblosen und/oder gewalttätigem Elternhaus kommen, übermitteln sie auf ihre Umwelt, was sie zu Hause gelernt haben. Wenn diese Kinder dann auch noch auf der Schule schlecht ausgebildet werden und von Klein auf in finanzieller Armut aufwachsen, dann suchen sie Schutz bei ebenfalls problematischen Jugendlichen ihres Milieus. Es ist also nicht eine Frage, wie man solche Problemkinder stoppt oder bestraft, sondern wie man ihnen helfen kann. Wer Liebe sät erntet Liebe, wer Hass sät erntet eben Hass. Wenn Kinder sich gewalttätig verhalten, dann ist das oft nur ein Hilfeschrei, ein Versuch, Aufmerksamkeit zu gewinnen und genau dieses wird ihnen verwehrt. Es ist typisch deutsch, wenn man Gewalt mit noch mehr Gewalt entgegenzuwirken versucht, nur um zu zeigen, wer das Sagen hat. Will man wirklich helfen, muss man das Problem von der Wurzel an berichtigen. Das bedeutet, Elternliebe, gute Schulausbildung, psychologische Betreuung, den Kindern einen Weg aufzeigen, damit sie erst mal wissen, wo es lang geht. Es sind nicht härtere Gesetze, die Problemkinder stoppen, sondern bessere Chancen, die wir Erwachsenen unserem Nachwuchs bieten müssen, sonst werden die Gefängnisse immer voller, und die Herzen immer leerer. Wenn ich Berichte über Jugendgewalt und Jugendkriminalität lese, kommt mir immer erneut die Frage auf: Warum setzen Menschen Kinder in die Welt, wenn sie nicht bereit sind, diese mit Liebe aufzuziehen?"

Ursula Fischer, Kanada:

"Jugendliche Serientäter sind wohl ein weltweites Problem. Auch bei uns in Kanada geht man nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße. Aber es geschieht auch am helllichten Tage. Am dreistesten sind in letzter Zeit die Mädchen von 12 an Jahren aufwärts. Die 'Hand' der Gerechtigkeit ist wohl bei uns noch langsamer als bei Ihnen."

Oliver Rentzow, Singapur:

"Als Jurist weiß ich, was deutsche Jugendgerichte so anrichten können. Es mag bezweifelt werden, dass die Jugendrichter über das nötige pädagogische Hintergrundwissen verfügen, um angemessen reagieren zu können. Letztlich wird ihnen relativ schnell ihre eigene (und die systembedingte) Unzulänglichkeit in Form von Wiederholungstätern vor Augen geführt. Die Gerichte müssen daher endlich erkennen, dass sie die Rolle der Eltern nicht übernehmen können und damit beginnen, so hart wie möglich zu verurteilen. Jugendliche Straftäter müssen so zeitig wie möglich und so vehement wie möglich in Schranken verwiesen werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sie das Rechtssystem als schwach und als unfähig verkennen. Die Folgen sind ja bekannt. Ich schlage vor, dass die deutsche Regierung mal einen Blick nach Singapur wirft. Drakonische Strafen haben hier dazu geführt, dass Singapur eines der sichersten Länder der Welt ist. Die Polizei trägt hier keine Samthandschuhe. Gefängnisaufenthalte sind sehr unangenehm. Es mag europäische Demokratiegefühle verletzen, aber es wirkt Wunder."

Gudrun Uhlenbrock, Peru:

"Wer hat dich so schwer verletzt, dass du heute so zuschlagen musst?' So oder ähnlich hat mal Jemand gesagt, der von einem Jugendlichen angegriffen wurde. - Die Lösung des Problems muss also viel früher beginnen, in der Gesellschaft, bei den Eltern, die ihren Frust - Arbeitslosigkeit, Kontaktmangel, Suchtleiden u.a. - an den Kindern auslassen. Ist ein Jugendlicher einmal gewalttätig geworden, helfen eigentlich nur lange Therapien, kein traditionelles Erziehungsheim und schon gar kein Knast."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Viele verlassen sich auf die Langsamkeit der Justiz und dass sie ihrer Jugend wegen leicht davonkommen. Zwar soll psychologische Hilfe beibehalten werden, aber damit sie Begreifen, dass Jugendlichkeit kein Freibrief sein kann, muss schnell gehandelt werden, und sie Ihren (Un)taten entsprechend bestraft werden. Für die Opfer macht es schließlich keinen Unterschied, dass das, was ihnen angetan wurde, durch Jugendliche geschah."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Verprügeln Ganoven, die selbes getan,

harte Arbeit sowie 'rechte Worte',

und ihre Jugend ist nicht komplett vertan.

A u c h ein Ansatz für Leut' dieser Sorte."

Graham McCormick, USA:

"Ganz einfach: Geburtenkontrolle!"

Vladyslav Hlukhovskiy, Ukraine:

"Es gibt keine Verbindung zwischen Kriminalität, Armut und Arbeitslosigkeit. Manche sehr arme Länder sind ziemlich sicher. Warum sind Ägypten, Äthiopien, Syrien, Bhutan, Nepal viel sicherer als Europa? Ich denke, dass die Ursache für Kriminalität zu große Toleranz ist."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Ich bin nicht für alles, was aus Amerika kommt. Aber eine Waffe zu tragen, finden ich o.k. Hätte der ältere Mann in München in der U-Bahn eine 9 mm-Pistole getragen, wäre ein Sicherheitsdienst überflüssig gewesen, der sowieso nicht da ist, wenn Not am Manne ist. Bei solch' einem gemeinen Überfall auf eine friedliche Person, die unbarmherzig fast tot
geschlagen wurde, bin ich der festen Meinung, dass Amerika, bzw. Texas, wo man die Waffe offen trägt, um Lichtjahre voraus ist. Ich muss lachen, wenn Gerichte sich dann herumstreiten, warum das alles so kommen konnte. Sicherlich, der Staat kann nicht immer da sein, wenn es brennt. Und deshalb bin ich voll und ganz dafür, dass jeder Gewalttäter im voraus wissen
sollte, dass ihm das Licht ausgeblasen werden könnte, wenn er angreift."

Rafael, Mexiko:

"Ich glaube, eine militärische Schulung für jugendliche Serientäter ist die
Lösung. Wie die sogenannten 'Boot Camps' in den USA."

Erich Prinz, Thailand:

"Ich denke schon, dass man ab dem 14. Lebensjahr eigentlich wissen müsste, was srafbar ist und was nicht. Es kann nicht sein, dass ein 15-jähriger Mensch nach einer brutalen Straftat nicht verurteilt werden kann, weil er noch minderjährig ist. Ich denke schon, dass sich auch die Politik einmal den Kopf darüber
zerbrechen sollte, wie man auch 15-Jährige härter bestrafen kann."

Die Redaktion 'Politik direkt' behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.