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Politik direkt Forum vom 20. 05. 2010

27. Mai 2010

„Wie kann die Kirche Vertrauen wiederherstellen?"

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Bild: picture-alliance / akg-images / Michael Zapf

Informationen zum Thema:

Katholische Kirche in der Krise - Gemeinden fürchten den Zerfall

Die Diskussionen um sexuellen Missbrauch und der Fall des Bischofs Mixa haben bei der katholischen Kirche zu einem massiven Vertrauensverlust geführt. Umfragen zufolge haben gerade mal 17 Prozent der Deutschen Vertrauen in die katholische Kirche. Kirchaustritte haben massiv zugenommen, sind in manchen Bistümern um das Dreifache gestiegen. Welche Auswirkungen hat das auf katholische Gemeinden? Eine Reportage aus dem bayrischen Uttenreuth.

Unsere Frage lautet:

„Wie kann die Kirche Vertrauen wiederherstellen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Leandro Azevedo, Brasilien:

„Als Katholik glaube ich, dass es in der Kirche soviel Sünde gibt wie in jeder anderen Institution. Papst Benedikt müsste jetzt das Fundament legen für einen erneuerten, stärkeren Glauben, in dessen Zentrum ein neues Menschenbild steht: Priester sind Menschen und Vergebung ist menschlich. Die katholische Kirche braucht jetzt einen radikalen Wandel.“

René Junghans, Brasilien:

"Das Vertrauen in die Kirche wiederherstellen scheint mir fast unmöglich. Es gab einfach viel zu viele Skandale. Welcher Vater würde guten Gewissens seine Söhne einem katholischen Pater anvertrauen? Das scheint mir reiner Wahnsinn! Ich kann nur empfehlen, den Zölibat abzuschaffen (…), denn nur so kann man sexuellen Missbrauch in der Kirche vorbeugen. Solange es den Zölibat gibt, wird es immer wieder (…) Pater geben, die sich an unseren Kindern vergehen. Ich selbst mache einen großen Bogen um alles, was nach katholischer Kirche aussieht."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Was mich betrifft braucht die Kirche kein Vertrauen wiederherzustellen. Ich war Messdiener, mein Vertrauen in die Kirche bröckelte schon mit zwölf bis 13 Jahren. Ich hörte zu viel mit, wenn ich im Pfarrhaus helfen „durfte“, einige Arbeiten zu verrichten, wenn Pfarrer, Kaplan und Nonnen mit den Reichen des Ortes sprachen, sie waren gegen alles Soziale. Um diese Zeit fing ich an, kritische Geschichte, auch kritische Kirchengeschichte zu lesen – das war ja inoffiziell verboten. Ist die Kirche eine moralische Instanz, die wir brauchen? Nun, wir haben gerade so einige Skandale erlebt. Alle Religionen sind von Menschen gemacht, die dreiste Behauptung, sie sei von Gott gegeben (…), ist Lüge. Die Kirche segnete die Sklaverei ab, war gegen Beendigung der Leibeigenschaft, hatte sogar selbst Leibeigne, war gegen die Einführung der Menschenrechte, gegen Gleichberechtigung der Frauen. All diese angeführten Zustände zu beenden, und Menschenrechte einzuführen, wurde von Menschen gemacht, die nichts mit der Kirche im Sinn hatten. Aber der Trittbrettfahrer Kirche brachte es fertig, so zu tun, als sei sie schon immer dafür gewesen und es sei ihr Verdienst. Und sie kommt damit durch; sehr viel glauben diese Geschichtsverdrehung. Die Kirche hat mehr Leid, Elend und Krieg über die Menschen gebracht als Gutes getan. (Einige taten Gutes, die müssen als Alibi herhalten.) Man denke nur an die Hexenjagd. War die angebliche Hexe vermögend, steckte die Kirche es ein. Ist so etwas Vertrauen? Nein, danke. Menschengemachtes vergeht, es sind schon andere Religionen wieder verschwunden; es wird Zeit, dass auch diese ginge. Aber sie hat so viel Macht, und es finden sich immer noch zu viele, die zu ihr halten. Zum Schluss ein Zitat von Otto von Corvin, Autor des Pfaffenspiegels: „Die Kirche wird uns noch lange erhalten bleiben, denn sie steht auf einem der stärksten Fundamente, der Dummheit.'"

Herbert Fuchs, Finnland:

„Durch Objektivität, Offenheit und vor allem Unvoreingenommenheit sollte (…) die katholische Kirche die Mitarbeiter, die sich schändlich daneben benommen haben, von ihren Dienst (…) sofort entlassen. Der Heiligenschein der (…) kirchlichen Heinzelmännchen sollte in den kirchlichen Zeitungen veröffentlicht werden zur Abschreckung - u.a. im katholischen Heinrichsblatt des Bistums Bamberg. Das wäre Glasnost auf katholisch. (…)“

Erwin Scholz, Costa Rica

„Nur ein Gott, der existiert

und oft durch seinen Zoo marschiert,

stoppt den Bonobo im Garten

der Schöpfung vorm Entarten.“

Amine Bendrif, Marokko:

„Die Kirche kann nur durch mehr Transparenz und Offenheit und eine grundlegende Reform Vertrauen wiedergewinnen. Die Kirche sieht sich selbst immer noch als eine „besondere“ Institution, und dadurch läuft sie Gefahr, sich in der modernen, säkularen Welt von ihren eigenen Anhängern zu entfremden.“

Felicia Hoffmann, Deutschland:

„Endlich spricht es mal jemand aus. Pfarrer Josef Dobeneck weist auf das sexuelle Problem hin. Sexualität gehört zum Menschen dazu. Verbietet man es ihm, kommt es sehr wahrscheinlich auf andere Weise wieder zum Vorschein, denn der Trieb lässt sich nicht so einfach wegdenken.“

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.