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Politik direkt Forum vom 22. 04. 2010

29. April 2010

„Hat Atomkraft noch eine Zukunft?"

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Umstritten: die Atomanlage GorlebenBild: picture-alliance/ dpa

Informationen zum Thema:

Gorleben - der endlose Streit um das atomare Endlager

Wohin mit dem Atommüll? Diese Frage stellt sich weltweit, denn bislang gibt es kein einziges Endlager aber täglich mehr Atommüll. In Deutschland wird seit mehr als 30 Jahren erforscht, ob man in Gorleben Atommüll lagern kann. Wissenschaftler hatten von Anfang an Zweifel daran, dass der Standort geeignet ist. Und nun belegen Dokumente, dass nicht die geologische Eignung ausschlaggebend für Gorleben war, sondern politische Gründe.

Unsere Frage lautet:

„Hat Atomkraft noch eine Zukunft?"

Antworten unserer Zuschauer:

Manfred Johannes, Südafrika:

"Für die absehbare Zukunft geht es nicht ohne Atomkraft, da die Energiedichte aller alternativen Energieversorgungstechnologien nicht ausreicht. Weiter liegen die Kosten der Solar- und Windenergie derzeit noch so hoch, dass nur sehr reiche Länder wie Deutschland sich den Luxus leisten können, diese Technologien einzuschalten. Derzeit, wo die Windenergie in Deutschland den Vorrang hat, werden die 'klassischen Kraftwerke' nicht dem Entwurf entsprechend betrieben - 'Load following' statt 'base load' - und somit wird die Lebensdauer beeinträchtigt. Die Kraftwerke in Deutschland altern schneller als geplant wegen den Regelungen, wie sie derzeit sind. Wenn der Wind nicht weht - dann ist der Atomstrom gut genug! Randanmerkung: Das Unglück in 1979 in den USA - Three Mile Island - war im Ausmaß größer als Tschernobyl. Jedoch hat keine Kontamination stattgefunden. Tschernobyl war nur in der UdSSR möglich, wo alle Sicherheitsmaßnahmen mit Füßen getreten worden sind, um Kosten einzusparen."

Joachim Pätzoldt, Deutschland:

"Atomkraft hat nur eine Zukunft, wenn geklärt ist, dass sie für Menschen, Tiere und Pflanzen ungefährlich, sinnvoll und ökonomisch vertretbar ist. Insbesondere bei der Energieerzeugung sind die Reaktorsicherheit, die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Umgebung und die Atommülllagerung zu klären."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Man muss Realist bleiben, auch wenn es schwer fällt. Die Atomlobby, d. h. die Wirtschaft, hat da sicherlich ein großes Wort mitzusprechen und deren Auffassung kann sich keine Politik widersetzen, das ist Fakt. Sicherlich kann man jeden einzelnen protestierenden Bürger gut verstehen mit der Forderung „Weg von der Atomkraft“ und mit der endlos großen Frage, wohin mit dem Atommüll. Aber die wirtschaftliche Abhängigkeit und alles, was damit zusammenhängt, zeigt deutlich, dass wir alle im Grunde Überlebenssklaven geworden sind. Es werden noch Jahrzehnte vergehen bis man die o. g. Frage deutlicher beantworten kann."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Durch Kernkraft mehr Licht.

Wer möchte das nicht?

Trotz Abfall, der droht?

Geht's schief, bist du tot."

Waltraud Maassen, Neuseeland:

"Die Wähler sagen nein, die Politiker haben ihre Löffel im Fleischpott der Atomlobby. Neuseeland ist seit 1987 atomkraftfrei. Ohne die Sorge um die Entsorgung lebt es sich besser. (das hat, d. Red.) aber auch einen Preis, die USA hat jedes freie Handelsabkommen mit Neuseeland gestoppt - bis heute. Die Amis sind Bullies. Unser Strom kommt von Wind, Wellen, Erdwärme und Solarpanels."

Adalbert Goertz, USA:

"Die Kohle ist keine dauerhafte Energiequelle. Wir müssen lernen, die Atomenergie sicher zu nutzen. Wind und Sonne geben nicht genug Energie her."

Oswald Biribauer, Südafrika:

"Ihre heutige Reportage macht sehr nachdenklich und die Frage taucht auf: Diese offensichtlich bedenkenlose und langjährige Verschwendung von Milliarden Steuergeldern an sogenannte Experten und Beraterfirmen (die den Ball immer schön im Rollen halten) sollten besser in die Forschung nach Wiederverarbeitung von Atommüll geleitet werden. Hier ist eine offensichtlich riesige und profitable Marktlücke, wo Deutschland durch Resultate einen enormen wirtschaftlichen Gewinn erarbeiten könnte! Fehlt das Interesse?"

Helge Weyland, Argentinien:

"Es wird nichts anderes übrig bleiben als die Atomkraft - zumindest in einer langjährigen Übergangszeit - zur Verfügung zu stellen, da es bisher nicht möglich ist, die von Windkraft oder Sonnenenergie gewonnene Elektrizität in großer Menge zu speichern, und die vorhandenen Kohlekraftwerke stinken und treiben die Erderwärmung weiter voran (…). Außerdem sollte man in Betracht ziehen, dass in einigen Jahren z.B. das Auto elektrisch angetrieben werden soll, dieses aber nur durch zusätzliche Energieerzeuger möglich ist. Also: Neue Atomkraftwerke für die nächsten 50 Jahre in Betrieb setzen!"

Rene Junghans, Brasilien:

"Atomkraft hat keine Zukunft, sie ist ganz einfach viel zu gefährlich. Seit Tschernobyl hat die Menschheit gelernt, dass Atommeiler wie ein russisches Roulette sind, man weiß nie, wann der nächste Atommeiler ausläuft und tausende, vielleicht auch mal hunderttausende Menschen dabei umkommen. Krebserkrankungen und auf Atomverseuchung zurückzuführende Todesfälle gab es in Tschernobyl bekanntlich noch nach Jahrzehnten. Zahlreiche andere Beinah-Unfälle sind weltweit passiert. Man sollte unbedingt auf alternative Energiequellen pochen."

Charles Smyth, Großbritannien:

„Atomkraft ist eine von vielen Möglichkeiten, mithilfe von Wasserdampf in Turbinen Strom zu erzeugen. Das bedeutet letztlich, dass wir damit immer noch im Dampfmaschinenzeitalter sind. Vor dem Hintergrund der Kosten für Bau und Abfallbeseitigung und den Sicherheitsrisiken der momentanen Nukleartechnologie wäre es besser, auf diese Energieform ganz zu verzichten. Allerdings sind alternative Energien noch nicht soweit, dass sie zu jeder Zeit den gewünschten Strombedarf decken können. Von daher wird uns Atomkraft künftig wohl noch erhalten bleiben.“

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Aus Sicht der Atom-Müll Endlagerung scheint es schlecht um die Zukunft der Atomkraft zu stehen. Die Frage ist, ob das die Betreiber und Befürworter stört, schließlich hatten sie auch keine Hemmungen, Unterlagen über die Sicherheit anderer Lagerstätten zu fälschen. Klaus-Jürgen Roehling, seines Zeichens Professor für atomare Endlager-Systeme, antwortete auf die Frage in der 'ZEIT' ob es überhaupt eine sichere Endlagerlösung geben könnte mit: ‚Ein ganz klares Ja’. Leider fügte er kurz darauf hinzu, dass es an Sicherheitsberichten fehle. Wie soll ein Laie das verstehen? Eigentlich nur so, dass das ‚Klare Ja’ wohl doch nicht so klar ist. Und der sehr verehrte Herr Professor ist z. Zt. Sicherheitsberater des Umweltministers. Man hat sich zu schnell auf die Atomkraft eingelassen. Kaum lief der erste Test-Reaktor, verbreiteten Fachleute stark übertrieben, dass wir ohne Atomkraft nicht mehr auskämen. Gewiss von denen, die die Werke betreiben und daran Geld machen wollten. Die Erforschung anderer Möglichkeiten unterblieb lange Zeit fast ganz. Es wurde schon früh gewarnt, dass neben reichlich anderen Gefahren der Atommüll bald ein großes Problem würde. Aber das waren doch so versponnene Typen wie die Grünen. Wenn es ums große Geld geht, haben richtige Unternehmer und ‚Real-Politiker’ keine Bedenken. Vielleicht kommen ihnen jetzt Bedenken, aber das ist leider nur eine optimistische Annahme (…)."

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.