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Politik direkt Forum vom 22.05.2008

29. Mai 2008

"Sind Kindergärtnerinnen die besseren Mütter?"

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Kindergarten in Frankfurt (AP Photo/Michael Probst)Bild: AP

Informationen zum Thema:

Kindergärten - warum immer noch zu wenig für den Nachwuchs getan wird

Die Wissenschaft hat es immer wieder gepredigt: Kindergärten sind wichtig, vor allem für solche Kids, die aus nicht so chancenreichen Familien kommen. Doch immer noch gibt Deutschland viel zu wenig für die Betreuung der Kleinsten aus. Nur ein halbes Prozent des Brutto-Inlandsproduktes geht in die frühkindliche Bildung und Erziehung. Die internationale Empfehlung der OECD liegt doppelt so hoch. Hinzu kommt, dass Kindergärtnerinnen oft schlecht ausgebildet sind und wenig verdienen. Die Politik ist alarmiert und hat einen ersten Schritt getan: Demnächst soll in Deutschland zumindest für jedes dritte Kind ein Krippenplatz zur Verfügung stehen.

Unsere Frage lautet:

"Sind Kindergärtnerinnen die besseren Mütter?"

Antworten unserer Zuschauer:

Sabina Vollrath, Chile:

"Ich bin Dipl. Pädagogin und Leiterin eines kleinen deutschen Kindergartens in Santiago de Chile. Schlüssel: 22 Kinder, 3 Erzieherinnen. 'Bessere' Mütter wollen wir gar nicht sein, aber den uns anvertrauten Kindern den Zugang zu Gruppenerfahrung, aggressionsloser Kommunikation untereinander, Erlernen von gesellschaftlichen Regeln und einer fremden Sprache vermitteln. Unsere Vorbildfunktion ist wichtig: Die Kinder saugen alles auf wie ein Schwamm, lernen mit so viel Eifer, Freude und Begeisterung! Wir dürfen nie vergessen, dass Kinder unsere Zukunft sind, und Erzieher der wichtigste Beruf auf Erden ist. Egal, ob die Erziehung in der Familie oder in einer Institution stattfindet! Leider wird das immer noch viel zu gering geschätzt und gefördert."

Jürgen Dehning, Brasilien:

"Es geht aus meiner Sicht nicht darum, ob Kindergärtnerinnen die besseren Mütter sind. Der Sozialstaat Deutschland wäre jedoch ein besserer Staat, wenn er endlich einsehen würde, wie wichtig eine frühzeitige Kinderbetreuung ist, denn dann könnten viele Mütter schneller in den Beruf zurück. In Brasilien arbeiten die Mütter nach fünf Monaten wieder. Sie bringen die Kleinsten in einen Kinderhort (in der Regel auf eigene Kosten!) und sind gewiss keine schlechteren Mütter."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Die biologische Mutter kann niemand ersetzen! Kindergärtnerinnen, besonders wenn sie mit ganzem Herzen zu ihrem Beruf stehen, können die Entwicklung der Kinder sehr beeinflussen und zusammen mit den Eltern den Kindern eine gute Grundlage für die Zukunft geben."

Olga Godlevska, Ukraine:

"Das Oxytozinniveau im Blut bestimmt über die weibliche Begabung für Fürsorge, Toleranz und Selbsthingabe bei der Kindererziehung. Für manche Frauen bestimmt das Niveau dieses Hormons sogar die Berufsauswahl. Die Frauen, die Oxytozin in kleineren Mengen haben, betrachten ihre Kinder mehr als eine unbedingte Pflicht. Und obwohl sie alles mögliche für ihr Wohlsein tun, haben sie selbst nicht zu viele positive Emotionen dabei und werden sogar oft irritiert. Daraus kann man die Schlussfolgerung ziehen, dass nur die Frauen mit hohem Oxytozinniveau zu Kindergärtnerinnen taugen und wohl aber auch die besten Mütter abgeben."

Paul Albert Stadelmann, Venezuela:

"Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, darf ich mit Dank an die vielen Stunden denken, welche unsere Mutter ihren 5 Söhnen täglich gewidmet hat und auf diese Weise unsere Zukunft frühzeitig in die richtigen Bahnen lenkte. Diese Liebe und Zuwendung war für uns sehr wichtig in den ersten 5 Jahren unseres Daseins. Wie kann man darauf kommen, dass eine Kindergärtnerin die Mutter ersetzen könnte? Das kann nur das Resultat einer falschen Lohn- und Sozialpolitik sein, wonach beide Elterteile einer bezahlten Arbeit nachgehen müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen."

Ricky Wetzel, Peru:

"Hallo, zunächst einmal finde ich die Frage sehr unglücklich formuliert. Die Frage ist doch nicht, wer besser ist. Es geht um das Zusammenspiel beider. Eine Kindergärtnerin soll und kann nicht die Mutter ersetzen und umgekehrt ebenso. Es ist NICHT die Aufgabe von Kindergartenpersonal oder Schulpersonal, die Kinder zu erziehen. Manche Eltern machen es sich leicht. Die Aufgabe von Kindererziehung muss Förderung sein und da ansetzen, wo die Erziehung der Eltern ihr natürliches Ende hat. Eltern und Erzieher sollten zusammen arbeiten, damit nicht im Elternhaus gegen die Arbeit im Kindergarten gearbeitet wird. Leider müssen Erzieher in Kindergärten und Schulen viel Zeit dafür aufwenden, grundlegende Verhaltensweisen wie Disziplin und Respekt zu lehren, was eigentlich Aufgabe der Eltern wäre. Grundsätzlich sollte man nicht nur nach Qualifizierten Erziehern schreien, sondern viele (nicht alle) Eltern sollten auch mal ihre Aufgaben ernst nehmen und sich nicht auf Erzieher und den Staat verlassen."

Olga Tkachenko, Ukraine:

"Wenn die Mutter trinkt und das Kind zu Hause keine echte Pflege bekommt, ist eine gute Kindergärtnerin ein Segen."

Uta Nicolaisen, Deutschland:

"Frisch zurück nach 6 Jahren Kindergartenlehrerin (6 Wochen bis 10 Jahre) in den USA und selber Mutter von 3 kleinen Mädchen, komme ich zu der Erkenntnis: Der Kindergarten ist keine Erziehungsanstalt und kein Abschiebeplatz für die, die lieber ein größeres Auto finanzieren wollen. Eltern sollten erst mal selbst ihre Kinder lieben, kennen lernen und erziehen. Das erfordert natürlich ein wenig Arbeit. Aber das ist nicht 'in' in den USA. Trotz guter Ausbildung werden Erzieher schlecht bezahlt und das System wird nicht subventioniert. Die Gruppen sind zu groß, das Essen nicht wirklich gesund, Bewegung viel zu wenig. Die Lehrer sind ständig gestresst und müssen immer mehr leisten. Klar ist: Auch die beste Kindergärtnerin kann Mama, Papa oder Oma nicht ersetzen. Kindergarten kann und sollte eine Bereicherung sein. Für einige Stunden in der Woche. Für alle Eltern, die sich über Kindergärten beschweren, habe ich einen guten Rat: Macht‘s selber! Das sollten euch eure Kinder schon wert sein. Das tolle Haus oder den coolen Job könnt ihr später immer noch kriegen!"

Erich Prinz, Thailand:

"Ja, ich finde es sehr richtig, wenn Kleinkinder in einem Kindergarten aufwachsen! Hier in Thailand ist es sogar Pflicht ab dem dritten Lebensjahr, dass man die Kleinkinder in den Kindergarten gibt. Und Thailand ist sicher kein reiches Land. Aber dafür wird hier das nötige Geld aufgebracht."

Herbert Fuchs, Finnland

"Eine Mutter ist und bleibt doch die Mutter, auch wenn sie in ihrer Mutterrolle versagt. Das weiß jedes Kind und spürt das Herz der eigenen Mutter, liebt sie innig. Leider gibt es heutzutage immer mehr Mütter, die irgendwie nicht das Zeug haben für eine gut erziehende Mutter. Da kommt es dann vor, dass sich ein Kind im Kindergarten sehr wohl fühlt und gerne dort ist. Besonders, wenn eine Mutter überfordert ist, zum Beispiel wegen Geldsorgen, der Haussegen steht schief oder anderen unerfreulichen Streitereien. Dann fühlt sich ein Kind meist besser und sicherer bei ihrer Kindergärtnerin aufgehoben. Man kann die Frage gar nicht 100% beantworten. Eine Kindergärtnerin kann auch ein gutes Herz haben wie eine Mutter, auch wenn man das ihr nicht zutraut."

Maria Fernanda, Venezuela:

"Ich frage mich nur, wie man auf die Idee kommen kann, Kindergärtnerinnen als die besseren Mütter zu bezeichnen. Mein Vorschlag für Deutschland: Das Erziehungsrecht in die Hand der Kindergärtnerinnen und das Wahlrecht den Politikern, da die ja auch die besseren Wähler sind. Da die deutsche Politik durch ihre Gesetzes- und Vorschriftenwut das Selbstbestimmungsrecht so beschneidet, ist Deutschland für mich schon eine Diktatur. Ich wundere mich gar nicht mehr darüber, dass immer mehr Deutsche auswandern."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Natürlich ist die eigene Mutter das Beste für die Kinder. Aber viele gute Mütter sind auf das Mitverdienen angewiesen und brauchen daher Kindergärtnerinnen, die gut ausgebildet und motiviert sind. Zur Motivation gehört, wie zur guten Leistung auch, eine anständige Bezahlung."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Bei Muttern fühlt normalerweis‘

ein Kind sich wohl, beginnt die Reis'.

Krippen und dergleichen Orte

unterstützen, doch die Worte

einer Mama wiegen schwerer.

Kurz, sie ist der bess're Lehrer.

Politikern im 'Pflichtenrausch':

Leben fängt an im Elternhaus."

Aeron Paul Soriano, Philippinen:

"Die deutschen Kinder sollten auf jeden Fall einen Kindergarten besuchen. Für die Früherziehung ist das unerlässlich, denn gerade in dieser Phase formen die Kinder ihre Talente und Fähigkeiten aus. Das sind ja dann die Grundlagen für die weitere Entwicklung. Kindergärten und Ausbildung überhaupt sind ganz grundsätzlich für die ganze Menschheit sehr wichtig, denn nur so erfährt der Nachwuchs etwas über unsere Welt, und wie sie funktioniert."

Die Redaktion "Politik direkt" behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.