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Politik direkt Forum vom 24. 06. 2010

1. Juli 2010

„Ist die Wehrpflicht überflüssig?"

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Soldaten bei der GrundausbildungBild: picture-alliance/dpa

Informationen zum Thema:

Kalkulierter Vorstoß - Verteidigungsminister Guttenberg und die Wehrpflicht

Bei einer hochprofessionellen, bestens ausgerüsteten und flexiblen Einsatzarmee gebe es kaum noch Kapazitäten, Wehrpflichtige auszubilden. Mit diesen Worten hat Verteidigungsminister zu Guttenberg einen Streit entfacht, der quer durch alle Fraktionen geht. Angesichts eines harten Sparkurses sieht der Verteidigungsminister darin eine Möglichkeit, die Bundeswehr grundlegend zu reformieren. Verteidigungsexperten geben ihm recht.

Unsere Frage lautet:

„Ist die Wehrpflicht überflüssig?"

Antworten unserer Zuschauer:

Waltraud Maaßen, Neuseeland:

„Vor 20 Jahren hätte ich noch Ja zur Abschaffung der Wehrpflicht gesagt. Heutzutage bin ich mir ziemlich sicher, (dass sie einen Wert hat, d. Red.). Ohne Wehrpflicht, kein Zivildienst. Kein Zivildienst bedeutet: keine Hilfe in sozialen Einrichtungen, die, aus meiner Erfahrung ohne den 'Zivi' nicht funktionsfähig ist. Auch bei Naturkatastrophen werden Wehrpflichtige eingesetzt. Ohne die Soldaten, mehr Chaos. Mein Vorschlag wäre: Militärausgaben bei diesen hochtechnischen Maschinen z. B. Panzern, Kampfflugzeugen etc. zu reduzieren, so ganz nebenbei wäre ein das großer Beitrag zum Umweltschutz. Natürlich sollte auch der Wasserkopf der Verwaltung unter die Lupe genommen werden, Stellenabbau beim Stubenhocker! Und geht endlich raus aus Kriegen, die gegen unser Grundgesetz verstoßen.“

Wolfgang Sachsenroeder, Singapur:

"Die Wehrpflicht ist nicht nur überflüssig, sie ist kontraproduktiv! Wer in sechs Monaten gerade mal lernt, sich selbst in den Fuß zu schießen, wird kaum für internationale Kampfeinsätze geeignet sein. Wenn Deutschland international mitmischen muss, was fraglich genug ist, kommt nur eine gut bezahlte Profitruppe in Frage. Ohne die ohnehin ungerechte Wehrpflicht wird unser Militär schlagkräftiger und preiswerter."

Helge Weyland, Argentinien:

"Eine Wehrpflicht muss beibehalten werden, damit kein Staat im Staate aus dem Heer wird, wie es bereits in den vielen Staaten geschehen ist, in welchen die Wehrpflicht abgeschafft wurde."

Victor Chan, USA:

„Ich glaube nicht, dass die Bundeswehr mit Wehrpflichtigen den heutigen Aufgaben gerecht wird. Die Idee vom Staatsbürger in Uniform ist nicht neu; die gab es schon im 19. Jahrhundert in Preußen. Da gab es Offiziere in allen Bereichen der Gesellschaft. (…) Im heutigen Deutschland funktioniert das nicht mehr. In sechs Monaten können junge Wehrpflichtige nicht mehr lernen, was es heißt, ein Soldat zu sein. Ihr Leben jedenfalls ändert sich dadurch nicht. Nur die wenigsten werden sich in ihrer Wehrpflichtzeit für eine Berufssoldatenkarriere entscheiden. Die Bundeswehr sollte sich stattdessen darauf konzentrieren, den jungen Leuten, die sich wirklich interessieren, Berufsperspektiven zu bieten.

Herbert Fuchs, Finnland:

„Nein, auf keinen Fall ist die Wehrpflicht überflüssig. Das heißt absolut nicht, dass wir trotzdem keine Berufsarmee im Lande bräuchten. Es fällt keinem jungen Mann oder einer jungen Frau ein Stein aus ihrer Krone, wenn sie ein paar Monaten für ihr Land gedient haben. Außerdem finde ich, dass die jungen Menschen lernen, was es heißt, in Frieden und Verantwortung zu leben. Auch bei Katastrophen etc. sind gerade diese jungen Wehrpflichtige ein wichtiger Bestandteil zur ersten Hilfe, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, dass muss nicht immer gleich Kriegseinsatz bedeuten. An das muss man auch denken. Deshalb ist nach meiner Ansicht dringend notwendig bei jungen Menschen die Wehrpflicht beizubehalten."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Schön wär's, wenn alle Armeen, ob Wehrpflichtige oder freiwillige Berufsarmeen, überflüssig wären. Zu dieser Überlegung kam es ohnehin nur aus Kostengründen, eine kleinere Berufsarmee ist gewiss billiger. Aber solange die Vernunft in unserer Welt in einem unterentwickelten Zustand verharrt, werden wenigstens zur Verteidigung Armeen gebraucht. Aber bei der Verteidigung sollte es bleiben, in die inneren Angelegenheiten anderer Länder sollte man sich nicht militärisch einmischen."

Rolf Bockmühl, Philippinen:

"In dieser Zeit ist für Deutschland die Wehrpflicht ein längst überflüssiger Kropf. Weil wir von 'Freunden umzingelt' sind, benötigt Deutschland eine voll professionelle Armee. Mehr nicht und nicht weniger. Wozu benötigen wir denn diese riesigen Panzer? Wozu sind Raketen vorhanden, die unsere Nachbarn nur bedrohen könnten? Und so weiter. Im 21. Jahrhundert muss unsere Bundeswehr für internationale Einsätze profiliert sein. Denn, unsere Grenzen sind sicher. Also benötigen wir eine moderne, motivierte und funktionell für neue Aufgaben ausgerüstete und ausgebildete Bundeswehr. Wenngleich ich diesem amerikanischen Abenteuer in Afghanistan mehr als skeptisch gegenüber stehe (wo sichern wir am Hindukusch unsere Grenzen, wo unsere Interessen?) erkenne ich, dass dieser Krieg dort die Soldaten überfordert, deren Ausrüstung schlichtweg für einen Krieg gegen frühere Ostmächte aufgestellt ist. Was soll also die unsinnige Diskussion über Wehrpflicht? Hinweg mit dem alten Zopf. Verkleinert die Bundeswehr und macht aus ihr eine modern konzipierte Armee. Wozu die zahllosen Generäle? Schickt sie zurück in die Wirtschaft und überlasst modernen Soldaten eine angepasste und demokratische Armee. Die alten Militärköpfe, die sich nach Orden sehnen und die das längs abzuschaffende Ambiente früherer (deutscher Streitkräfte, d.Red.) immer noch pflegt (Kreuze als Orden, Namen alter Militärs an Kasernen usw.) müssen ausgemustert werden. Eine moderne Bundeswehr benötigt entsprechende Computer mit angepasster Software und Mobilität, die diesen Namen verdient. Terroristen fängt man nicht mit Panzern und Raketen. Andere Feinde hat die Bundesrepublik wohl kaum in Europa. Und schon gar nicht in der Welt."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Fern jedem Stil

dies Narrenspiel,

dass 'Pflicht zur Wehr'

zwangsläufig wär."

Michael Schreiber, Taiwan:

„Die Wehrpflicht ist ein Ding der Vergangenheit in Zeiten modernen Kriegsführung und Waffensysteme; in sechs Monaten kann man ohnehin nicht viel machen. Wir brauchen eine hochprofessionelle Armee von Berufssoldaten.“

René Junghans, Brasilien:

"Die Wehrpflicht ist nicht nur überflüssig, sondern auch absolut unsinnig. Es gibt kein Risiko eines innereuropäischen Krieges und warum sollen weiterhin Deutsche sinnlos in exotischen Ländern wie Afghanistan sterben? Jedes Land soll sich um ihre eigenen Probleme sorgen, dann wird die Welt friedlicher. Schluss mit Gewalt und Einmischen in fremde Angelegenheiten! Das durch die Abschaffung der Wehrpflicht eingesparte Geld, sollte man lieber in die Schul- und Berufsausbildung unserer Jugend investieren. Man hat ja jetzt schon nicht mehr genügend Jugendliche mit der notwendigen Schulausbildung, um offene Lehrplätze zu besetzen, weil es an Geld zur ordentlichen Schulausbildung fehlt, aber um Krieg in Afghanistan zu machen, dazu fehlt es nie an Geld. Also: Schluss mit Wehrpflicht und sofortiges Umdenken!"

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.