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Politik direkt Forum vom 25. 02. 2008

3. März 2008

"Haben die Reichen jedes Maß verloren?"

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Bild: picture-alliance/ dpa

Informationen zum Thema:

Razzien bei der Prominenz - Manager im Kreuzfeuer

Die im Fernsehen übertragene Festnahme des Postchefs Zumwinkel war das Fanal. Offenbar haben hunderte deutsche Wirtschaftsführer und Prominente in Liechtenstein Steuern hinterzogen. Das belegen Informationen, die die deutsche Regierung für einen Millionenbetrag angekauft hat. Die Republik steht Kopf. Seit Jahren steigen die Managergehälter und gleichzeitig sinken die Einkommen der Durchschnittsverdiener. Deutsche Traditionsunternehmer wundert diese Entwicklung nicht. Auch die Politik reagiert; fordert drastische Strafen. Die Bundeskanzlerin appelliert an die Moral der Wirtschaftseliten, macht sich aber auch Sorgen über einen internationalen Vertrauens- und Ansehensverlust in die deutsche Wirtschaft.

Unsere Frage lautet:

"Haben die Reichen jedes Maß verloren?"

Antworten unserer Zuschauer:

Herbert Fuchs, Finnland:

"Die Megareichen sagen sich insgeheim: 'Wir nehmen ja nur das was uns gehört'. Die haben kein schlechtes Gewissen gegenüber dem Gesetz. (...) Wie schon das uralte Sprichwort sagt: 'Wenn die Kuh Milch gibt, dann muss man sie melken!' So einfach ist das heutzutage. Den Reichen ist völlig egal, was die Leute von der Holzklasse sagen und denken. 'Wir tragen die Verantwortung und wir können auch das Geld tragen.' Im Grunde ist jeder Mensch gleich: Wenn die Möglichkeit besteht, wird eingepackt! Die Großen können das noch weitaus besser. Leider ist jetzt, am Anfang des 21. Jahrhunderts, die Fratze des Kapitalismus noch deutlicher als im letzten Jahrhundert. Das ist wirklich jammerschade für unsere gemeinsame Zukunft und den Frieden auf der Welt."

Helge Wulf, Argentinien:

"In Argentinien werden von Exporteuren zwei Rechnungen ausgestellt: Eine niedrige, zahlbar nach Argentinien und eine zweite, zahlbar auf ein Konto ins Ausland. Da die Regierungen seit Jahren das Klauen vormachen, ist die Moral 'im Eimer' und wird, (nur) angeprangert, wenn es von Gegnern der Regierung geschieht (...)."

John Fengler, Kanada:

"Neben der Dekadenz der Charaktere, macht Gelegenheit auch noch Diebe. Gute Vorbilder und Durchgreifen könnten diese Welle eindämmen. Moralischer Verfall scheint an der Tagesordnung zu sein. Das ist hier nicht anders. Bin seit 1956 in Kanada."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Man soll nicht alle über einen Kamm scheren. Aber es sieht wirklich weltweit so aus, dass sich einige Reiche immer mehr bedienen ohne Rücksicht auf die (Allgemeinheit, d.Red.). Jedoch: Würden die Reichen weniger verdienen, würden die Armen dadurch auch nicht wesentlich reicher."

Martin Henzen, Kolumbien:

"Natürlich, das ist aber nur menschlich. Fast jeder möchte doch mehr haben als er hat - nicht nur die Reichen."

Wolfgang Hoebler, Mexiko:

"Wenn große Teile der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland während der letzten Jahre einen Kaufkraftschwund hinnehmen mussten, wenn die Bezüge der Manager in Deutschland während dieses Zeitraums nahezu astronomisch stiegen, wenn zahlreiche Manager obendrein noch Steuern im großen Stil hinterziehen, ist das damit hervorgerufene Misstrauen groß. Shakespeare: "There is something rotten in the state of Germany" (im Original heißt es ‚Dänemark‘) . Aber wir gehen mit der Zeit, und 'erste Plätze' haben eine magische Anziehungskraft auf die Deutschen."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Die Reichen wollten schon immer noch mehr. Dank Medien wird‘s heute auch öffentlich. (...) Auch wenn sie Steuern zahlen, sie versuchen (trotzdem) zu hinterziehen. Gier kann süchtig machen. Ohnehin verlieren sie immer mehr an Maß und Anstand. Auf den Philippinen halten sich die Reichen bedeckt. Viele leben in ummauerten, privat bewachten Vierteln, haben Dollarkonten und lassen durch "ihre" Politiker den Armen dreist verkünden, viel zu beten, das würde helfen. Amen!"

Walter Autschbach, Kanada:

"Ja. In den Familien, Schulen, Unis werden die 10 Gebote und ethische Grundwerte wenig gelehrt, geschweige denn vorgelebt. Lug und Betrug sind 'in' - siehe Doping im Sport, Wortbrüche der Politiker, Egoismus wo man hinschaut. Nur eine 180-Grad-Wandlung hin zu Offenheit, Ehrlichkeit, Klarheit und Wahrheit schafft neues Vertrauen. (...)"

Claus Stauffenberg, Australien:

"Man kann nicht sagen, dass nur die Reichen maßlos sind. Unsere ganze Gesellschaft hat sich verändert von einer Solidargemeinschaft zu einer, in der es nur um die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse geht. Schuld daran ist unter anderem die amerikanische Wettbewerbskultur. Wirtschaftsunternehmen und Regierungen sollten sich an Werten wie Transparenz, Moral und gesellschaftlicher Verantwortung orientieren. Das ist das Einzige, das wir als Vermächtnis hinterlassen, das wirklich zählt."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Milliarden in den Klauen

lenken ab vom Gradausschauen.

Ob Politik-, ob Wirtschaftsheld:

Sie ferkeln als wär's Klimpergeld."

Gerti Czernin-Olifiers, Brasilien:

"Es gibt Reiche und Reiche. Der Verlust jeglichen Maßes unterscheidet die einen von den anderen. Steuerhinterziehung ist gleichzusetzen mit Diebstahl. Daher sollte sie als solcher bestraft werden, wobei es keine Rolle spielen darf, wie berühmt oder reich der Steuerhinterzieher ist."

Die Redaktion ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.